Brennender Wind und Sturz-Drama Philipsen fliegt vor Sprint-Dominator van Aert ins Ziel
17.07.2022, 18:00 Uhr
Die Hitze dauert an.
(Foto: picture alliance/dpa/BELGA)
Erst 500 Meter vor dem Ziel fliegt das Feld an Benjamin Thomas vorbei. Ganz vorne: Jasper Philipsen. Für Jonas Vingegaard, den Träger des Gelben Trikots, ist die 15. Etappe keine gute. Er verliert zwei Star-Helfer. Nils Politt ist der kämpferischste Fahrer. Simon Geschke bleibt im Bergtrikot.
Viel Quälerei und Herzblut, aber kein Ertrag: Die deutschen Radsport-Hoffnungen Nils Politt, Lennard Kämna und Co. müssen trotz eines aufopferungsvollen Kampfes bei der Hitzeschlacht im Zentralmassiv weiter auf den ersehnten ersten Etappensieg bei der 109. Tour de France warten. Einen Tag nach dem verpassten Tageserfolg von Kämna scheiterte auch der Fluchtversuch seines Teamkollegen Politt von Bora-hansgrohe bei Temperaturen um die 40 Grad.
"Es war brutal. Wenn man bei der Abfahrt einen brennenden Wind auf der Haut spürt, dann weiß man, dass es wirklich heiß ist", sagte Bora-Teamkollege Maximilian Schachmann in der ARD: "Wir haben das Bestmögliche unternommen, es hat leider nicht geklappt. Wir sind mit unserer Fahrweise schon zufrieden. Man kann uns nicht vorwerfen, dass wir uns im Feld versteckt haben."
Rückschlag für das Gelbe Trikot
Im Kampf um das Gelbe Trikot kassierten der Gesamtführende Jonas Vingegaard und sein bislang so dominantes Team Jumbo-Visma einen Rückschlag: Knapp 60 km vor dem Ziel stürzte der Däne, kam jedoch mit dem Schrecken davon und konnte weiterfahren. Zuvor war Vingegaards wichtiger Helfer Steven Kruijswijk nach einem Sturz mit in einem Krankenwagen abtransportiert worden. Der frühere Tour-Zweite Primoz Roglic war bereits vor der Etappe angeschlagen aus dem Rennen ausgestiegen. Jumbo-Visma stehen somit in der letzten Tour-Woche nur noch sechs Fahrer zur Verfügung.
Beim ersten Tour-Etappensieg des Belgiers Jasper Philipsen nach 202,5 km von Rodez nach Carcassonne fehlten Politt, der im vergangenen Jahr in Nimes auf ähnlichem Terrain seinen ersten Tour-Tageserfolg gefeiert hatte, knapp 50 Kilometer. Zuvor war der Kölner auf der 15. Etappe bei grenzwertigen Witterungsbedingungen über drei Stunden gemeinsam mit dem Norweger Mikkel Frölich Honore unterwegs gewesen. Politt wurde aufgrund seiner starken Leistung für zum kämpferischsten Fahrer des Tages gewählt. Vor dem Start hatte bereits festgestanden, dass der Berliner Simon Geschke sein am vergangenen Sonntag erobertes Bergtrikot bis in den letzten Ruhetag der Frankreich-Rundfahrt am Montag tragen wird.
Unbarmherzige Hitze
Aufgrund der extremen Hitze wurden am Sonntag während des Rennens verschiedenste Vorkehrungen zum Schutz der Fahrer getroffen. Mit Hilfe der örtlichen Feuerwehrkräfte wurden Wassersprinkler entlang der Strecke aufgestellt, um das Fahrerfeld und die Straßen abzukühlen. Zudem durften die Teamfahrzeuge auf den letzten zehn Kilometern vor dem Ziel Verpflegung reichen.
Völlig unbeeindruckt von den brutalen Bedingungen griff Politt kurz nach dem Start umgehend an. Dem Fluchtversuch des deutschen Meisters folgten der Allrounder Wout von Aert im Grünen Trikot und Frölich Honore. Bereits 160 km vor dem Ziel stellte van Aert, der die vierte und achte Etappe gewonnen hatte, seine Arbeit jedoch ein und ließ sich zurückfallen.
Das Peloton verschärfte das Tempo, Politt und sein Mitstreiter kämpften auf dem kochend heißen Asphalt verbissen - ohne Erfolg. In der Schlussphase hatte Philipsen im Massensprint den längeren Atem. Van Aert wurde Zweiter. Mads Pedersen, der am Freitag seinen ersten Etappensieg eingefahren hatte, folgte als Dritter.
Am Samstag hatte Kämna im dritten Versuch zum dritten Mal den Tagessieg verpasst - der 25-Jährige landete als Ausreißer auf dem achten Rang. Den Etappensieg krallte sich der Australier Michael Matthews, der seinen vierten Karriere-Erfolg bei der Frankreich-Rundfahrt feierte.
Nach dem Drama auf der siebten Etappe, als ihm nur wenige Meter zum Sieg auf der Super Planche des Belles Filles gefehlt hatten, musste Kämna diesmal bereits einige Kilometer vor dem Ziel die anderen Topfahrer ziehen lassen - deutlich früher endete Politts Traum.
Quelle: ntv.de, sue/sid