
Hanning und Potsdam - eine erfolgreiche Liaison.
(Foto: IMAGO/Jan Huebner)
Die Handball-Bundesliga begrüßt in der kommenden Saison einen Neuling: Der 1. VfL Potsdam wird erstmals in der 1. Liga spielen. Der Aufstieg ist bereits vor Saisonende perfekt. Für Handball-Trainer Bob Hanning hat das aber auch ganz persönliche Konsequenzen.
Auf der einen Seite Party - auf der anderen Seite große Herausforderungen. Der 1. VfL Potsdam steigt in die Handball-Bundesliga auf. Für das Brandenburger Team ein großer Erfolg, erst vor zwei Jahren waren sie aus der 3. Liga hochgerückt. Entsprechend ausgelassen hüpfen die Spieler nach dem 43:28-Kantersieg gegen den TV Großwallstadt in der heimischen Arena über die Platte, bilden eine Jubeltraube, lassen die Champagnerkorken knallen. Drei Spieltage sind noch zu absolvieren, die sind für das jüngste Team der Liga - zwölf Spieler wurden nach 2000 geboren - nur noch Zugabe.
Und wer hat das vorher gewusst? Der Trainer des Teams. Das ist kein Geringerer als Bob Hanning. Handball-Stratege, selbstbewusster Machtmensch, der mit revolutionären Ideen des Öfteren aneckt. Die Whatsapp-Gruppe des Teams heißt schon vor dem Saisonbeginn "Aufstieg 2024".
Doch als der Aufstieg vollbracht ist, bleibt Hanning ganz ruhig. "Haben wir gut gemacht", sagt er zu seinem Co-Trainer am Seitenrand, er hüpft nicht mit, er genießt das Jubel-Spektakel mit Abstand. Ein Spektakel, das ihn gleichzeitig vor ein Problem stellt. Denn Bob Hanning ist bekanntlich auch Geschäftsführer des Bundesligisten Füchse Berlin. Damit werden sich "seine" beiden Klubs in der kommenden Saison auf der Platte begegnen. Und damit ist ein gewaltiger Vorteil dahin.
Potsdamer mit Zweitspielrecht für Füchse
Denn schon seit 2013 besteht eine Kooperation der beiden Teams. Junge Talente werden mit Verträgen und Zweitspielrechten ausgestattet, um mit Potsdam Erfahrung zu sammeln. Wenn es zu viele Ausfälle bei den Berlinern gibt oder einige Spieler bei dem eng getakteten Spielplan mit Bundesliga, DHB-Pokal und European League geschont werden sollen, werden die Jungen reingeworfen und können sich im Füchse-Trikot beweisen.
Das ist künftig nicht mehr möglich, obwohl die Kooperation fortgeführt wird. Aber mehrere Potsdamer Spieler werden fest zu den Füchsen wechseln. Den Weg gehen, den unter anderem schon Nils Lichtlein gegangen ist, der inzwischen für die deutsche Nationalmannschaft spielt. Zur neuen Saison rückt etwa der überragende Spieler der Saison, Max Benecke, auf. Der U21-Weltmeister erzielte in dieser Saison bei 31 Einsätzen bereits 68 Tore. Und auch Torhüter Lasse Ludwig, der mit ihm Weltmeister wurde, zieht in die Hauptstadt. Er bildet mit dem besten Torhüter der Bundesliga, Dejan Milosavljev, künftig das Gespann.
"Es gibt neue Herausforderungen, die wir anders lösen müssen", sagte Hanning. Das trifft auch auf ihn selbst zu, schließlich kann er nicht mit "seinem" Potsdamer Team gegen "sein" Berliner Team antreten. Daher macht er frühzeitig klar, dass er seinen Trainerposten abtritt. "Ich will meine Jungs in gute Hände geben. Es fehlt nur noch die Vertragsunterschrift, dann werden wir den Neuen in ein paar Tagen verkünden", sagt er nach dem Erfolg der "Bild".
Die Zeitung spekuliert, dass ein Handball-Promi sein Erbe übernehmen könnte: Torsten Jansen. Der Weltmeister von 2007 trainiert den HSV, der aber keine Lizenz für den Ligaverbleib bekommt. Hanning entdeckte Jansen einst, trainierte ihn bereits in der A-Jugend in Essen, später stiegen sie gemeinsam mit Solingen aus der 3. bis in die 1. Liga auf.
Team Deutschland in Potsdam?
Ganz raushalten wird sich Hanning aber wohl nicht, zu viele Ideen hat der umtriebige 56-Jährige. Im Januar hatte er den Plan von einem "Team Deutschland" vorgestellt. Potsdam könnte - ähnlich wie beim Volleyball der VC Olympia Berlin, der allerdings nicht absteigen kann - eine Mannschaft mit Deutschlands größten Talenten werden, die dann gegen die Topstars spielen können. Weil die Bundesliga die stärkste Liga der Welt ist, die Topstars in Deutschland spielen, kommt der Nachwuchs für Hannings Geschmack nicht genug zum Zug. "Das ist eine Riesenchance für den Handball", sagte er auch mit Blick auf die Heim-WM 2027, bei der ein starkes deutsches Team am Start sein soll.
Der "Bild" erzählt er, dass sich bislang niemand für das Projekt gemeldet hat. Es bleibe aber beim "Angebot an die Liga, ich bin auch nicht böse oder eingeschnappt, wenn sich keiner meldet, keiner mitmachen will. Dann schaffen wir es auch allein." Ob Potsdam in der Bundesliga bestehen kann, da will sich Hanning nicht festlegen. "Eines ist sicher, Potsdam wird in der ersten Liga den geringsten Etat aller Teams haben, aber dafür mit viel Talent, Herz und Leidenschaft spielen."
Stolz ist er so oder so auf "seine" Jungs. "Es ist schön, wie sie sich dabei auch als Menschen entwickelt haben. Ich habe sie durch die Pubertät geführt und begleitet, jetzt sind sie erwachsene, großartige Männer geworden, mit denen ich mich inzwischen über viele Themen außerhalb des Sports sehr gut unterhalten kann." Und wer weiß, womöglich werden die Potsdamer ihren Noch-Trainer in der kommenden Saison ein wenig ärgern. Trotz der Kooperation soll es "keine Stallorder geben, wir sind ja nicht bei der Formel 1", so Hanning. "Die Jungs durften aufsteigen, dann dürfen sie auch die Füchse schlagen, wenn sie das können."
Das wird allerdings hart, denn die Berliner sind Tabellenzweiter hinter dem überragenden SC Magdeburg und werden sich aller Voraussicht nach für die Champions League qualifizieren. Mit Mathias Gidsel haben sie zudem den Welthandballer in ihren Reihen. Dass der Däne auch erst 25 Jahre alt ist, dürfte jedoch ein großer Ansporn zum Nacheifern sein.
Quelle: ntv.de