Sport

Keine Namen, viele Andeutungen Rennarzt Schmidt schwer belastet

Der frühere Radprofi Bernhard Kohl bringt mit detaillierten Beschreibungen seiner Doping-Praktiken den Teamarzt seines früheren Rennstalls Gerolsteiner in Bedrängnis. "Wenn der Arzt eins und eins zusammenzählt, dann weiß er, dass meine Leistung ohne Doping nicht möglich ist", sagte der Österreicher in der ARD-Sendung "Beckmann".

Betreuender Arzt des Teams Gerolsteiner bei der Tour de France 2008, die Kohl auf Platz drei abschloss, war Mark Schmidt, der inzwischen für den einzig verbliebenen deutschen ProTour-Rennstall Milram tätig ist.

Die Equipe Gerolsteiner während der Tour de France 2008

Die Equipe Gerolsteiner während der Tour de France 2008

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Kohl gestand, auch während der Tour 2008 Eigenblutdoping betrieben zu haben: "Es standen zwei Liter Blut aufgeteilt auf vier Beutel für mich bereit. Dreimal wurde mir Blut zurückgeführt." Auf die Frage, ob denn ein Arzt bei den Transfusionen dabei war oder davon wusste, antwortete der Österreicher: "Dazu möchte ich hier nichts weiter sagen."

Doping bei Milram "kein Thema"

Der frühere Gerolsteiner-Chef Hans-Michael Holczer bestätigte, dass Schmidt bei der Tour 2008 für das Team verantwortlich war. "Ich hätte gerne mehr Details und Hintergründe von Kohl erfahren, denn die Andeutungen gegen unseren damaligen Teamarzt sind schwerwiegend", sagte Holczer. Der 55-Jährige kündigte an, über seinen Anwalt Kontakt mit Kohl und Schmidt aufnehmen und auch vor rechtlichen Schritten nicht zurückschrecken zu wollen: "Ich werde bei Dopingvergehen rechtlich gegen jeden vorgehen - ohne Ausnahme."

Schmidt, nach dem Ende des Teams Gerolsteiner gemeinsam mit acht Profis und Teamchef Christian Henn zu Milram gewechselt, war zunächst für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Milrams sportlicher Leiter Jochen Hahn erklärte jedoch: "Bei allem, was er bei uns bislang gemacht hat, war Doping kein Thema."

Holczer entlastet, aber enttäuscht

Kohls unmittelbarer Hintermann sei sein damaliger Manager Stefan Matschiner gewesen. "Er hat das Blut in Österreich aufgetaut, ist in den Flieger gestiegen und mit einem Mietwagen zu dem Hotel gefahren, wo wir abends angekommen sind. Zwischen Interviews und Massage wurde das Blut dann zurückgeführt", erklärte Kohl. Der ganze Prozess habe etwa 20 Minuten gedauert.

Seinen Ex-Teamchef Holczer, dem er noch Anfang April versichert hatte, bei der Tour keine Transfusionen vorgenommen zu haben, nahm Kohl in Schutz: "Er hat immer versucht vorzuleben, dass es auch ohne Doping geht. Doping war definitiv nicht im Team organisiert wie etwa bei T-Mobile."

Stefan Matschiner versorgte Bernhard Kohl mit Dopingpräparaten.

Stefan Matschiner versorgte Bernhard Kohl mit Dopingpräparaten.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Holczer zeigte sich jedoch enttäuscht vom TV-Auftritt seines einstigen Profis: "Die Tour ohne Doping als unfahrbar darzustellen, ist sehr populistisch." Auch hätte Kohl noch offener über Hintermänner und involvierte Kollegen reden müssen. Kohl allerdings betonte, dass er die Namen der "Soko Doping" genannt habe und er aus rechtlichen Gründen nun die Ermittlungen abwarten müsse. Auch stellte er die Tour keinesfalls als unfahrbar dar. Kohl sagte lediglich, dass man eine Distanz von 3560 Kilometern und 55.000 Höhenmeter ohne Doping nicht mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 40 km/h bewältigen kann.

"Sportler-Kollege" als CERA-Lieferant

Kohl selbst ist in seiner Karriere etwa 200 Mal kontrolliert worden. Nur einmal sei der Test jedoch positiv gewesen: "Das heißt: Eine negative Kontrolle bedeutet keinen negativen Sportler." Von CERA hatte er "erstmals Ende 2007 von einem Sportlerkollegen" gehört: "Es hieß, es gibt ein neues Epo. Da musste man dann schauen, wo man es kriegt", sagte Kohl.

Während der Tour teilten sich Kohl und Schumacher ein Zimmer.

Während der Tour teilten sich Kohl und Schumacher ein Zimmer.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Er habe das Blut-Doping-Mittel CERA schließlich von einem "Sport-Kollegen" erhalten. Kohl präzisierte jedoch nicht, ob es sich dabei um seinen Zimmer-Kollegen Stefan Schumacher gehandelt haben könnte, der wie Kohl in einer Tour-Nach-Kontrolle positiv auf CERA getestet worden war. Der gesperrte, zweifache Tour-Etappensieger Schumacher soll das verbotene Mittel auch bei den Olympischen Spielen in Peking verwendet haben. Im Gegensatz zu Kohl streitet er aber vehement ab, jemals gedopt zu haben.

Quelle: ntv.de, sid/dpa

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