"Entweder Europa oder sterben" Fitwi krönt "Rennen meines Lebens" mit deutschem Rekord
02.12.2024, 11:58 Uhr
Bei den Olympischen Spielen in Paris war Fitwi als 15. zweitbester Deutscher und viertbester Europäer.
(Foto: picture alliance/dpa)
Mit einem schnellen Endspurt knackt Samuel Fitwi den deutschen Rekord im Marathon. Ausdauer beweist der Leichtathlet allerdings auch abseits des Sports: Davon erzählt die Geschichte seiner lebensgefährlichen Flucht, die ihn nach Deutschland und in die Freiheit führt.
Irgendwann, als er es durch die Sahara geschafft hatte und schon über 3000 Kilometer auf der Flucht war, sah Samuel Fitwi das Mittelmeer vor sich. "Es war eine 50/50-Chance", sagte der neue deutsche Marathon-Rekordhalter einmal über seine Reise ins Ungewisse dem SWR: "Entweder lande ich in Europa oder ich sterbe."
Fitwi hatte Glück. Er starb nicht wie so viele andere auf dem Meer. Als Teenager gelang ihm die Flucht vor dem Militärregime in Eritrea, in Deutschland fand er schließlich eine neue Heimat und seine Freiheit. Nun, elf Jahre später rannte Fitwi am Sonntag in Valencia einen Marathon in 2:04:56 Stunden - nie war ein deutscher Läufer schneller über die klassischen 42,195 Kilometer.
Er blieb damit hauchdünn unter der bisherigen Marke von Amanal Petros, dieser war am 24. September 2023 in Berlin 2:04:58 Stunden gelaufen. Mit einem Endspurt gelang es Fitwi, Petros den Rekord abzunehmen.
Fitwi feuert Borussia Dortmund an und träumt vom Europarekord
"Ich bin total happy über den deutschen Rekord. Das war das Rennen meines Lebens", sagte Fitwi, der erst in Deutschland zum Sportler wurde. "Zum Laufen haben mich damals höchstens Hyänen bewegt", schreibt Fitwi, der 15. der Olympischen Spiele von Paris, über seine Kindheit auf seiner Website.
Über drei Monate dauerte damals Fitwis Flucht in ein neues, besseres Leben. Der Anfang war hart, sehr hart, keine Frage. Aber Fitwi beißt sich auch dank der Hilfe einer Gastfamilie durch, lernt Deutsch, macht eine Ausbildung zum Maler und Lackierer. "Ich bin stolz darauf, dass ich mich integriert und die Sprache gelernt habe und dass ich klarkomme", sagte Fitwi, der schon 2018 eingebürgert wurde.
Mittlerweile hat er in Gerolstein sein Glück gefunden, er läuft wie Hindernis-Ass Gesa Krause für den Verein Silvesterlauf Trier, ist Fan von Borussia Dortmund. Und hat noch viel vor. "Ich freue mich auf die Zukunft", sagte Fitwi: "Vielleicht schaffe ich ja auch irgendwann den europäischen Rekord." Dieser liegt seit 2021 bei 2:03:36 Stunden, aufgestellt vom Belgier Bashir Abdi in Rotterdam. Was ihn mit Fitwi verbindet: Auch er kam einst als Geflüchteter nach Europa und entwickelte sich dort zu einem Weltklasseläufer.
Quelle: ntv.de, tsi/sid