Möglicher Olympia-Boykott Sarkozy rudert zurück
05.04.2008, 18:00 UhrVerwirrung um Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy: Zunächst hatte der in Frankreich für Menschenrechtsfragen zuständige Minister Rama Yade im Interview mit der Zeitung Le Monde erklärt, dass das Staatsoberhaupt nur unter der Bedingung an dem feierlichen Auftakt der Sommerspiele am 8. August in Peking teilnehmen werde, wenn es einen Dialog zwischen dem Dalai Lama und der chinesischen Führung gebe. Nun dementierte Yade jedoch, das Wort "Bedingungen" genutzt zu haben.
Nach Aussagen aus dem Interview hatte Sarkozy offen mit einem Boykott der Eröffnungsfeier drohen lassen, wenn China in der Tibet-Frage nicht das Gespräch mit dem im indischen Exil lebenden geistlichen Oberhaupt der Tibeter suche. Außerdem müssten politische Gefangene freigelassen und die Gewalt gegen Tibeter gestoppt werden, sagte Yade. Alle drei Forderungen seien unabdingbar, wenn Sarkozy teilnehmen solle.
Peking kontert
Wenn jemand nicht teilnehmen wolle, sei dies seine "persönliche Angelegenheit", konterte Sun Weide, Sprecher des Pekinger Olympia-Organisationskomitees BOCOG dazu in Chinas Hauptstadt.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundespräsident Horst Köhler hatten bereits in der vergangenen Woche erklärt, nicht nach Peking zur Eröffnungsfeier zu reisen. Dies sei allerdings auch zu keinem Zeitpunkt geplant gewesen.
Von Richthofen kritisiert DOSB
Ehrenpr äsident Manfred von Richthofen hat unterdessen die Haltung des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) und des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) zu Menschenrechtsverletzungen in China kritisiert. "Das Internationale Olympische Komitee muss endlich zu einer klaren Sprache finden. Die Einschränkungen der Religionsfreiheit und die menschenverachtenden Vorgänge in Tibet müssen deutlich verurteilt werden", sagte von Richthofen dem Tagesspiegel.
Zugleich bezeichnete er den frühen Ausschluss eines Boykottes der Peking-Spiele durch den DOSB als "unsensibeles Verhalten". Die Doppelfunktion des DOSB-Präsidenten Thomas Bach, der zugleich IOC-Vize ist, mache "eine deutliche Sprache nicht einfacher". Je früher man Garantien abgebe, umso sicherer fühlten sich diejenigen in China, die nichts verändern wollten.
Auch Ruprecht Polenz, Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, bezeichnete die DOSB-Entscheidung als verfrüht. "Die Botschaft an China lautet: Wir kommen, egal, was passiert", so Polenz. Die Frage sei daher, wie der Sport reagieren wolle, wenn beispielsweise erneut Demonstrationen in Peking niedergeschlagen würden. Er forderte Athleten auf, ihre Meinung auch während der Spiele kundzutun, allerdings außerhalb der Wettkämpfe.
Rogge rechtfertigt sich erneut
IOC-Präsident Jacques Rogge hat erneut betont, dass die Vergabe der Olympischen Spiele an China richtig gewesen sei und er derzeit keine Boykottbewegung sehe. Zugleich kündigte er an, am Donnerstag und Freitag beim Treffen der IOC-Exekutive in Peking einen Bericht von Amnesty International diskutieren zu wollen. Danach verschlechtert sich derzeit die Menschenrechtssituation in China. Rogge hält sich derzeit in Singapur auf, um den Ausrichtervertrag für die ersten Olympischen Jugend-Sommerspiele 2010 zu unterzeichnen.
Derweil sagte Mario Vazquez Rana, Präsident der ab Montag in Peking tagenden Generalversammlung der 205 Nationalen Olympischen Komitees (ANOC), ein Boykott der Spiele, ob teilweise oder ganz, sei "völlig ausgeschlossen". "Jeder der einen Boykott fordert, macht einen Fehler. Wir sagen ja zu den Spielen und nein zum Boykott", so der Mexikaner bei einer Pressekonferenz. Die Athleten seien "heiß" auf die Sommerspiele.
Man wolle den Sportlern bei den Spielen die "größtmöglichen Freiheiten" geben und die freie Meinungsäußerung zulassen, erklärte Rana. "Aber immer nur im Rahmen unserer Regeln." Die IOC-Charta verbietet politische Äußerungen und Demonstrationen an den olympischen Sportstätten. Deshalb warnte Rana: "Jeder Regelbruch wird Sanktionen nach sich ziehen."
Quelle: ntv.de