Königsblaue Krise Schalke hat den Blues
02.03.2008, 18:39 UhrAusgerechnet vor dem Spiel des Jahres muss das Führungsduo Mirko Slomka/Andreas Müller beim FC Schalke 04 die größte sportliche Krise der gemeinsamen Amtszeit bewältigen. Der Manager hatte nach der dritten Bundesliga-Niederlage in Serie viel Mühe und wenig Argumente, sich weiter schützend vor den angezählten Coach zu stellen.
Er versuchte es dennoch. "Wir diskutieren nicht über den Trainer, sondern wir reden wie immer mit allen Beteiligten", wiegelte Müller nach dem 0:1 am Samstag gegen Spitzenreiter Bayern München ab.
Der 45 Jahre alte Manager weiß: Was der Club und die verunsicherte Elf vor dem Achtelfinal-Rückspiel in der Champions League beim FC Porto am wenigsten gebrauchen kann, ist eine eskalierende Trainer-Diskussion. Nicht zuletzt deshalb sprach der Aufsichtsratschef Clemens Tönnies deutliche Worte: "Wir stärken Slomka den Rücken. Auch bei einem Aus in der Champions League am Mittwoch wird er weiter unser Trainer bleiben", sagte er der "Welt". Aber eine Garantie für Slomka bis zum Saisonende wollte Tönnies nicht geben: "Wenn uns der Himmel auf den Kopf fällt, müssen wir natürlich umdenken."
Aussprache statt Ultimatum
Die Vereinsbosse sind uneinig. Kein Geheimnis ist: Präsident Josef Schnusenberg, der Slomka - bewusst oder unbedacht - mit seinen Aussagen in der Vorwoche schwächte, ist offenbar kein großer Freund des Trainers. Gleichwohl haben sich die beiden in einem Vier-Augen-Gespräch ausgesprochen und ihre Meinungsverschiedenheiten aufgearbeitet.
"Zwischen Mirko und mir gab es eine sehr offene, sehr deutliche und sehr ehrliche Unterredung. Diese war nötig, um die Atmosphäre zu bereinigen", betonte der Clubchef anschließend. "Wir können unsere gesteckten Ziele nur erreichen, wenn sich Vorstand und Trainer völlig im Klaren darüber sind, was wir gemeinsam tun müssen, um in der Bundesliga wieder erfolgreich zu sein." Zudem betonte Schnusenberg: "Es gab und gibt kein Ultimatum für den Trainer."
"Holperfußball" und Führungschaos
Die zum Teil widersprüchlichen Aussagen aus der Chefetage nach der durch Miroslav Kloses Siegtor (14. Minute) besiegelten Niederlage sorgen auch bei Rudi Assauer für Befremden. "Es ist nicht schlüssig, was derzeit passiert. Ich weiß auch nicht, wer momentan das Sagen hat", kritisierte der ehemals starke Mann "auf Schalke" in der DSF-Sendung "Doppelpass". Er warf der Mannschaft "Holperfußball" vor und stichelte gegen Slomka: "Es ist immer schwierig, wenn ein ehemaliger Co-Trainer zum Chef befördert wird und von den Spielern geduzt wird. Das sind die Geschichten, die meistens nicht gut ausgehen."
Dass es Schnusenberg bei der rasanten Talfahrt allmählich schwindelig wird, kann ihm niemand verübeln. Nicht einmal der schleichend demontierte Coach selbst, der eigene Fehler offen eingestanden hatte. Nach der Aussprache hat Slomka nun wohl ein wenig mehr Ruhe und Rückendeckung: "Dass nach den Niederlagen und den jüngsten Leistungen Kritik am Trainer aufkommt, ist nachvollziehbar. Natürlich bin ich auch nicht zufrieden mit der Art und Weise, wie wir uns in den Spielen präsentieren. Ich habe nach dem heutigen Tag aber ein gutes Gefühl, dass wir nun zusammen nach vorn blicken und die kommenden sportlichen Aufgaben anpacken."
Mutmachen für Porto
Mehr Zuspruch als im eigenen Lager hatte es für Slomka vom Gegner gegeben. Der nett gemeinte Aufbauversuch von Ottmar Hitzfeld war aber wohl mit dem auf 12 Punkte gewachsenen Abstand auf den einstigen Titelrivalen, sowie der guten Kinderstube des Bayern-Trainers zu erklären. Ehrenwert, dass er sich auf die Seite des Kollegen schlug.
"Es ist nicht richtig, wenn ein Präsident den Trainer in der Öffentlichkeit kritisiert. Das sollte man intern tun." Sein als Analyse getarntes Lob für den klar unterlegenen Gegner war selbst Marcelo Bordon zu viel. "Das war nicht das Schalke, das ich kenne. Man kann wenigstens kämpfen. Wenn wir wollen, dass Slomka nicht geht, müssen wir mehr auf dem Platz machen."
Der Kapitän beschwor den Kampfgeist: "Wir brauchen nun echte Männer. Die Partie in Porto wird das Spiel des Jahres. Wer Angst hat, sollte besser zu Hause bleiben." Slomka ist sicher, dass es "eine ganz andere Partie" wird. Ob es sein persönliches Endspiel wird, weiß er nicht. Aber: "Ich stelle mich auch diesen Mechanismen."
von Ulli Brünger, dpa
Quelle: ntv.de