Phelps von Bush gefeiert Schwarzer Tag für DSV
10.08.2008, 15:39 UhrErst verpasste Schwimm-Star Britta Steffen mit der 4x100m-Freistilstaffel auf Platz fünf die erhoffte erste Medaille, dann schieden die beiden Europarekordler Helge Meeuw und Sarah Poewe innerhalb von wenigen Minuten im Vorlauf aus. An einem rabenschwarzen Sonntag hat sich die Krise beim Deutschen Schwimm-Verband (DSV) vier Jahre nach dem Fiasko von Athen bereits am zweiten Wettkampftag bei Olympia in Peking zugespitzt.
Während Michael Phelps nach seiner Weltrekord-Show vor den Augen von George W. Bush die Ovationen des US-Präsidenten genoss, herrscht beim Deutschen Schwimm-Verband (DSV) ein Gefühl der Ohnmacht. "Ich bin traurig und leer, natürlich haben wir uns mehr erhofft", gab Steffen nach dem Fehlstart mit der Staffel offen zu. "Ich war selbst nicht sonderlich schnell. Ich habe mehr gewollt als ich zurzeit kann", meinte die 24 Jahre alte Berlinerin und schlich mit hängendem Kopf davon.
Alarmglocken schrillen
Nach der Vorstellung mit der Staffel schrillen bei Steffen schon die Alarmglocken. In der aktuellen Verfassung muss sie auch um die eingeplante Einzel-Medaille über 100 m Freistil bangen - vom ersten Gold seit Dagmar Hase 1992 in Barcelona ganz zu schweigen. "Britta hat die nötige Lockerheit gefehlt", sagte DSV-Sportdirektor Örjan Madsen über Steffen, die sich in den letzten Tagen konsequent abgeschottet hatte.
Mit Steffen als Startschwimmerin sowie Meike Freitag (Frankfurt/Main), Daniela Götz (Erlangen) und Antje Buschschulte (Magdeburg) war die DSV-Staffel in 3:36,85 Minuten ohne Chance. Gold gewannen die Niederlande (3:33,76) vor den USA (3:34,33) und Australien (3:35,03). Aus der US-Staffel trug sich Dara Torres mit 41 Jahren als älteste Olympia-Medaillengewinnerin im Schwimmen in die Geschichtsbücher ein.
Blamage für Meeuw und Poewe
Noch schlimmer kam es für den DSV am Abend, als unter anderem Meeuw und Rupprath über 100 m Rücken, Poewe über 100 m Brust und auch die 4x100-m-Freistilstaffel im Vorlauf scheiterten. Routinier Rupprath zeigte sich zumindest selbstkritisch und fand deutliche Worte. "Das hat nichts mehr mit Leistungssport zu tun. Das war eine Katastrophe und fürchterlich", sagte Rupprath: "Wir müssen uns bei den Leuten entschuldigen, die zugeschaut haben."
Meeuw denkt nach Rang 19 sogar über einen Rücktritt nach. "Ich weiß noch nicht, was das für mich persönlich für Konsequenzen haben wird", sagte der Frankfurter. Poewe (1:08,69) verlor zudem ihren Europarekord. Zunächst unterbot die Österreicherin Mirna Jukic die Marke von Poewe in 1:07,06 um vier Hundertstel, ehe die Russin Julia Jefimowa im letzten Vorlauf in 1:06,08 nachlegte.
Die 4x100-m-Freistilstaffel der Männer landete beim Weltrekord des US-Quartetts (3:12,23), das dabei sogar Phelps schonte, in 3:17, 99 Minuten auf Rang 15. Zumindest Biedermann überstand über 200 m Freistil als Zehnter den Vorlauf.
Lebkuchen war keine Hilfe
Dem DSV halfen auch die Glücksbringer von Verbandspräsidentin Christa Thiel nicht, die der Mannschaft am Eröffnungstag Lebkuchenherzen mit der Aufschrift "Viele Grüße aus Wiesbaden" überreicht hatte. Thiel hatte das Unheil wohl schon kommen sehen und am Vormittag lieber die Wasserballer bei deren Auftaktpartie gegen Serbien (7:11) unterstützt. Biedermann und Christian Kubusch über 400 m Freistil, Daniela Samulski über 100 m Schmetterling sowie Katharina Schiller über 400 m Lagen waren erst gar nicht in den Finals vertreten.
Einen "großen und bewegenden Moment" genoss dagegen Michael Phelps. "Nach dem Rennen habe ich gesehen, wie der Präsident mit der Fahne geschwenkt und mir den Daumen nach oben gezeigt hat. Das war ein fantastischer Augenblick", erklärte der Superstar aus den USA, der seine goldene Rekordjagd furios startete.
Phelps von Bush gefeiert
Phelps verbesserte über 400 m Lagen seinen Weltrekord um 1,41 Sekunden auf 4:03,84 Minuten, fügte seiner Olympiasammlung das siebte Gold hinzu und wurde von den 17.000 Fans sowie Präsident Bush samt Familie begeistert gefeiert. Dass die amerikanische Nationalhymne bei der Siegerehrung nach einer Panne abrupt abbrach, nahm der 23-Jährige gelassen. Silber mit weitem Abstand hinter Phelps ging an den Ungarn Laszlo Cseh, der seinen Europarekord auf 4:06,16 verbesserte.
Für den zweiten Weltrekord in Peking sorgte Stephanie Rice über 400 m Lagen. Die Australierin blieb in 4:29,45 Minuten 1,67 Sekunden unter der Marke von Katie Hoff aus den USA, die hinter Kirsty Coventry (Simbabwe) nicht über Rang drei hinaus kam. Im Gegensatz zu Phelps wurde Hoff auf ihrem Weg zu sechsmal Gold gleich zum Auftakt gestoppt.
Über 400 m Freistil übernahm Weltmeister Park Taehwan aus Südkorea (3:41,86) die Nachfolge des zurückgetretenen Australiers Ian Thorpe. Dessen Landsmann Grant Hackett, der über 1500 m das dritte Olympia-Gold in Folge im Visier hat, musste sich mit Platz sechs begnügen. Zhang Lin bescherte China auf Platz zwei die erste Medaille eines männlichen Schwimmers bei Olympia.
Den zweiten Europarekord innerhalb von 14 Stunden stellte Alexander Dale Oen über 100 m Brust auf. Der Norweger verbesserte im Halbfinale in 59,16 Sekunden die Marke aus dem Vorlauf um 25 Hundertstel und blieb dabei nur drei Hundertstel über dem Weltrekord von Brendan Hansen aus den USA.
Quelle: ntv.de, Holger Luhmann und Jörg Soldwisch, sid