Sport

Handball-WM nur im Internet Sponsoren-TV sorgt für Unmut

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Na, wer zeigt's? Die DKB.

(Foto: dpa)

Noch nie ist in Deutschland eine Sport-Großveranstaltung einzig und allein über die Internetseite eines Sponsors gezeigt worden. Nun ist das bei der Handball-WM der Fall. Dieses Novum sorgt für Kritik und wirft Fragen auf. Der Verband der Sportjournalisten beschwert sich.

Für die Freunde des Handballs ist das Sponsoren-Fernsehen von der Weltmeisterschaft in Frankreich eine gute Lösung. Die exklusiven Live-Übertragungen über die Internetseite des Sponsors DKB sind ungewöhnlich. So etwas gab es in Deutschland noch nie. Der Verband Deutscher Sportjournalisten aber sieht das kritisch: "Wehret den Anfängen. Wenn nicht Journalisten das Geschehen filtern, sondern PR-Leute, dann hat das nichts mit objektiver Berichterstattung zu tun", sagte VDS-Präsident Erich Laaser. "Das ist ein Präzedenzfall."

Viele Details der Übertragungen sind fünf Tage vor Beginn der Handball-WM am 11. Januar allerdings noch gar nicht geklärt. Wer kommentiert? Reicht die Bandbreite deutschlandweit für den Empfang? Können die Zuschauer ihren Stream auf einem klassischen Fernseher abspielen? Die DKB will "in den nächsten Tagen weitere Details bekanntgeben".

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Not amused: Der deutsche Handball-Präsident Andreas Michelmann (r.) ist über die Sendesituation nicht erfreut.

(Foto: imago/Camera 4)

Erstmals werden also bewegte Bilder von einer Sport-Großveranstaltung nur auf der Homepage eines Sponsoren zu sehen sein. Der Deutsche Handballbund ist der DKB dankbar, hätte sich aber am liebsten eine Übertragung im öffentlich-rechtlichen TV gewünscht.

"Wir haben die Situation, dass wir als Europameister nach Frankreich fahren und wir haben keine Bilder in ARD und ZDF", sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann. Er frage sich, wie die Politik reagiert hätte, wenn es etwa von der Fußball-EM im vergangenen Sommer absehbar keine TV-Bilder im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gegeben hätte. Trotzdem sei er sehr froh, dass die DKB eingesprungen sei. Michelmann sagte, dass der DHB dabei sei, professionelle Sport-Kommentatoren für die Übertragung der Spiele zu gewinnen. "Gerade in der heutigen Zeit braucht man Journalisten zum Einordnen", sagte Laaser. Man müsse die WM-Berichterstattung durch die Bank "genau beobachten, ob sie tendenziös ist". Der VDS-Präsident sieht die "schreibenden Journalisten" in Frankreich als "Korrektiv".

Verband bezahlte Journalisten

Allerdings ist es so, dass sich bei der WM 2015 in Katar etwa 20 Medienvertreter aus Deutschland ein Angebot des Handball-Weltverbandes annahmen - und sich die Reise bezahlen ließen. Die "Tageszeitung" hatte als erste darüber berichtet und Laaser mit den Worten zitiert: "Ich kann nachvollziehen, dass der ein oder andere das Angebot aus Kostengründen annimmt. Akzeptieren kann ich es nicht." Grundsätzlich lehne er es ab, dass sich Journalisten von einem Veranstalter bezahlen lassen. Dadurch gerate die unabhängige Berichterstattung in Gefahr.

Im Fall des Spornsoren-Fernsehens der DKB weist Stefan Felsing von der Agentur Lagardère den Vorwurf mangelnder Neutralität bei den Übertragungen zurück. "Da fehlt mir die Fantasie", sagte der Vize-Präsident des Sportvermarkters, der den Deal eingefädelt hat. "Wer auch immer die Spiele kommentieren wird, wird ja nicht sagen, dass der Siebenmeter deshalb verwandelt wurde, weil der Spieler einen Kreditvertrag bei der DKB hatte."

"Ein neues Kapitel Sportgeschichte"?

Der katarische Rechteinhaber beIN Media hatte die Angebote mehrerer Medien-Unternehmen abgelehnt und der DKB über Lagardère Sports den Zuschlag erteilt. "Ein neues Kapitel Sportgeschichte", lautete der Kommentar von Jung-von-Matt-Geschäftsführer Robert Zitzmann, dessen Agentur beratend tätig war. Klassische Medien-Unternehmen kamen nicht zum Zug, lange drohte ein kompletter Blackout. Dass es überhaupt bewegte Bilder gebe, sei für die Fans erfreulich, sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky. Doch die Berichterstattung durch ein werbetreibendes Unternehmen werfe viele Fragen auf.

Als "sehr missliche Situation" bezeichnete das ZDF die ausschließliche TV-Berichterstattung über die DKB-Homepage. "Interessant ist, dass hier ein Sponsor mit klaren Sponsoringinteressen offenbar als Rundfunkveranstalter mit einer Sendelizenz auftreten möchte." Balkausky hält Sponsoren-TV für "keine Alternative zum frei empfangbaren Fernsehen mit dessen journalistisch-qualitativer Herangehensweise, mit dessen Reichweite und dessen Zuschauerakzeptanz".

Die Gesellschaft in Deutschland müsse "entscheiden, welche Sportereignisse auch in Zukunft in frei empfangbaren, linearen Angeboten zu sehen und geschützt sein sollen", sagte Balkausky. Die Erfahrung beim Thema Handball-WM zeige sehr deutlich. "Hier wurden konsequent alle deutschen Free-TV-Sender von der Teilnahme an Rechteverhandlungen ausgeschlossen, zum Schutz von Pay-Angeboten in anderen europäischen oder nordafrikanischen Ländern."

Quelle: ntv.de, sgi/dpa

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