"Freu mich als Fan auf die Tour" Tony Martin vermisst die gefährliche Qual nicht
30.06.2022, 14:27 Uhr
Tony Martin fehlt bei der Tour de France 2022. Ihm fehlt die Tour jedoch nicht.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Wenn am Freitag in Kopenhagen die Tour de France startet, wird eine Legende im Feld fehlen: Tony Martin, fünffacher Etappensieger beim wichtigsten Radrennen der Welt, schaut nach seinem Karriereende aus der Ferne zu. Wehmütig ist er nicht.
Wenn am Freitag in Kopenhagen die Tour de France startet, wird eine große Persönlichkeit des Sports fehlen: Tony Martin, achtfacher Weltmeister, selbst 13 Mal bei der Frankreich-Rundfahrt dabei, hat im vergangenen Jahr seine große Laufbahn beendet. Er fehlt der Tour, die Tour ihm allerdings nicht: "Ich bin schon ganz froh, dass ich dieses Jahr nicht dabei sein werde", sagte der 37-Jährige bei sport.de: "Bei aller Euphorie, allem Prestige und Rummel, für uns Fahrer ist die Tour auch eine unheimliche Qual und eine große Gefahr. Ich bin auch extrem häufig und hart gestürzt."
Der viermalige Zeitfahr-Weltmeister, der die Frankreich-Rundfahrt 13-mal bestritten und siebenmal das Ziel in Paris erreicht hatte, werde das Rennen entspannt daheim am Fernseher verfolgen. "Nach 13 Jahren bei der Tour und im Sommer nicht zu Hause zu sein, genieße ich nun meinen Urlaub mit der Familie und freue mich als Fan auf die Tour", sagte Martin.
Topfavorit ist für ihn Titelverteidiger Tadej Pogacar, den Martins früherer Jumbo-Visma-Kapitän Primoz Roglic herausfordert. "Ich denke, es wird ein Zweikampf zwischen ihm und Roglic. Pogacar ist vom körperlichen her mega talentiert. Er ist ein Ausnahmesportler auf ähnlichem Niveau wie Roglic", sagte Martin.
Großer Glaube an deutsche Erfolge
Die Entscheidung könnte schon auf den Etappen 11 und 12 fallen, wenn die Planer der Frankreich-Rundfahrt das Feld über den Galibier schickt und dann nur einen Tag später hinauf auf 1850 Meter nach Alpe D'Huez jagt. Doch Martin warnt: "Man muss auch die nervösen Flachetappen in der ersten Woche überstehen. Stichwort: Kantenwind, Stürze und Kopfsteinpflaster. Vielleicht wird dabei auch der ein oder andere Klassement-Fahrer schon nach hinten geworfen. Wenn sich die Spitze danach herauskristallisiert hat, wird auf diesen Etappen die Entscheidung fallen."
Den neun deutschen Profis traut Martin durchaus einiges zu. "Wir haben keinen Fahrer am Start, bei dem man sagt: Der wird eine Etappe abschießen oder auf die Gesamtwertung fahren. So fair muss man sein. Aber wir haben Chancen", sagte er, der zwischen 2011 und 2015 selbst fünf Tour-de-France-Etappensiege gesammelt hatte: "Wenn Bora clever fährt, haben sie viele Fahrer aus der zweiten Reihe, die im Überraschungsmoment Etappen gewinnen können. Ich werde die Daumen drücken."
Der langjährige "Capitaine de Route", der in den nervösen Feldern der größten Rennen als Routinier größtes Ansehen genoss und mit ordnender Hand wirkte, stürzte bei seiner letzten Tour 2021 gleich zweimal: Direkt auf der ersten Etappe wurde er von einer Zuschauerin, die mit einem Pappschild auf der Straße stand, vom Rad geholt, dann kam er wenige Tage wieder zu Fall - diesmal konnte er nicht mehr aufs Rad steigen und beendete seine große Rundfahrtkarriere mit großflächigen Abschürfungen im Krankenhaus. Wenig später kündete er das Ende seiner Laufbahn an. Im Herbst 2021 verabschiedete sich Martin dann mit dem WM-Titel im Zeitfahren mit der deutschen Mixed-Staffel - es war der achte Weltmeistertitel des gebürtigen Brandenburgers.
Quelle: ntv.de, ter