"FedExpress" entgleist in Wimbledon Tsonga schockt starken Federer
29.06.2011, 20:15 Uhr
Mit 2:0-Sätzen geführt und doch verloren - ein Gefühl, das Roger Federer aus seinen 178 Grand-Slam-Spielen zuvor nicht kannte.
(Foto: AP)
Zwei Sätze lang sieht es aus, als würde Roger Federer gegen den Franzosen Jo-Wilfried Tsonga problemlos ins Wimbledon-Halbfinale einziehen. Drei Sätze später ist der Traum des Schweizers vom siebten Triumph sensationell geplatzt. Keine Blöße geben sich die anderen Favoriten.
Roger Federer muss bei der Jagd nach dem siebten Wimbledon-Titel im kommenden Jahr einen neuen Anlauf nehmen. Trotz einer 2:0-Satzführung scheiterte der Grand-Slam-Rekordsieger im Viertelfinale durch das 6:3, 7:6 (7:3), 4:6, 4:6, 4:6 am Franzosen Jo-Wilfried Tsonga. "Ich hatte meine Chancen. Deshalb ist die Niederlage hart", sagte der Schweizer. Noch nie zuvor hatte Federer in 178 Grand-Slam-Matches nach einer 2:0-Satzführung verloren. "Das ist ein komisches Gefühl", räumte er ein.
Überraschungsmann Tsonga trifft am Freitag in der Vorschlussrunde auf den serbischen Weltranglisten-Zweiten Novak Djokovic, der den australischen Qualifikanten Bernard Tomic mit 6:2, 3:6, 6:3, 7:5 niederrang und damit nur noch einen Sieg von Platz 1 in der Weltrangliste entfernt ist.
Die momentane Nr. 1 der Welt, Rafael Nadal, trifft im zweiten Semifinale auf die britische Hoffnung Andy Murray, der den Spanier Feliciano Lopez mit 6:3, 6:4, 6:4 bezwang. Titelverteidiger Nadal setzte sich gegen den Amerikaner Mardy Fish mit 6:3, 6:3, 5:7, 6:4 durch.
Tsonga erst gut, dann großartig
Federer verpasste dagegen die Chance, den Rekord von Pete Sampras einzustellen. Der Amerikaner hatte in der Profi-Ära insgesamt siebenmal im All England Club triumphiert. Dies sei aber ohnehin "nicht die treibende Kraft" seiner Motivation, meinte der Weltranglisten-Dritte. Zugleich betonte der sympathische Sportsmann, dass dies noch nicht das Ende seiner Wimbledon-Ära bedeute: "Ich glaube, dass ich definitiv noch Grand Slams gewinnen kann."
Selbst im Moment einer seiner bittersten Niederlagen an der Church Road präsentierte sich der 29-Jährige als fairer Verlierer. "Jo hat ein tolles Match gespielt. Er war fantastisch", sagte der 16-fache Grand-Slam-Sieger, ohne Ausreden zu suchen. Er selbst habe ebenfalls stark gespielt und den 3:08 Stunden dauernden Kampf auf dem Centre Court genossen. "Tsongas Spiel war erst gut, dann großartig", kommentierte der dreimalige Wimbledon-Sieger Boris Becker.
Kämpferherz schlägt Spielwitz

Wenn Jo-Wilfried Tsonga nicht ein begnadeter Tennisprofi wäre, würde er als Doppelgänger von Muhamed Ali arbeiten.
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Tsonga hielt sein unbändiges Kämpferherz und seine beeindruckende Physis Federers Spielwitz entgegen - am Ende durfte der Franzose ein launiges Jubeltänzchen auf dem Centre Court vollführen. "Das ist verrückt. Roger ist der größte Champion meines Sports", sagte der 26-Jährige. In gut einer Woche werden sich Florian Mayer und Co. von Tsongas Topform überzeugen können. Dann reist der Australian-Open-Finalist von 2008 mit dem französischen Davis-Cup-Team zum Viertelfinale nach Stuttgart.
Zuerst will Tsonga aber auch noch Djokovic aus dem Weg räumen, der ihn 2008 im Endspiel von Australien bezwungen hatte. Der Serbe hat aber einen ganz besonderen Motivationsanreiz: Sollte Djokovic ins Endspiel vorstoßen oder der Spanier Nadal seinen Vorjahrestitel nicht verteidigen, wird Djokovic die neue Nummer 1.
Quelle: ntv.de, dpa