Dank teurer "Penisverlängerung" Verbot verschafft Norwegen eklatante Biathlon-Vorteile
24.11.2023, 10:32 Uhr
Johannes Thingnes Bö gewann in der Vorsaison zum vierten Mal den Gesamtweltcup, das norwegische Team neun der vergangenen zehn Nationenwertungen.
(Foto: IMAGO/NTB)
Bei Testrennen vor dem Start des Biathlon-Weltcups ist Norwegen eine Klasse für sich. Die Skandinavier scheinen eine optimale Lösung dafür gefunden zu haben, dass Fluorwachs auf den Skiern nicht mehr erlaubt ist. Sie entschuldigen sich deshalb sogar schon bei der Konkurrenz.
Durch das Fluorwachs-Verbot ab diesem Biathlon-Winter sieht Erik Lesser die Gefahr einer "Zwei- oder Drei-Klassengesellschaft". "Früher hatten kleinere Nationen zwar teils keinen Zugriff auf bestimmte Produkte. Aber jetzt haben wir das Problem, dass etwas komplett Neues erarbeitet werden muss", sagte der Ex-Weltmeister vor dem Saisonstart an diesem Samstag (ab 12.30 Uhr/ARD und Eurosport) mit den Mixed-Staffeln in Schweden. Er rechne aber mit stärkeren Ausschlägen nach oben und unten und - im Fall von abbauenden Ski - auch mit plötzlichen Leistungseinbrüchen während der Rennen.
Wie der Ski-Weltverband FIS setzt auch der Biathlon-Weltverband IBU eine EU-Richtlinie zum Verbot bestimmter Fluorverbindungen als Komplettbann um. Sie gelten als umwelt- und gesundheitsschädlich, machen aber die Ski schnell.
Der norwegische Monstertruck
Einen ersten Vorgeschmack auf einen möglichen Klassenunterschied gab es bei den Testrennen im norwegischen Sjusjöen, wo nicht nur die deutschen Biathleten hinterherliefen. Im Anschluss entschuldigten sich die dominierenden Norweger sogar ob ihrer eklatanten Materialvorteile. "Ich hoffe stark, dass das eine Ausnahme war", sagte der deutsche Cheftechniker Sebastian Hopf im Podcast "Extrarunde". Obwohl Deutschland als Biathlon-Nation neben den Schweden das meiste Geld zur Verfügung hat, sprengen die Norweger noch mal die finanziellen Möglichkeiten.
Neben einem neuen Wachstruck für 700.000 Euro, laut Dominator Johannes Thingnes Bö sei er wie eine "Penisverlängerung", waren die Norweger laut Hopf in den vergangenen zwei Jahren bereits immer mit zwei zusätzlichen Technikern unterwegs, "die schon die fluorfreien Produkte getestet haben". Sein Team habe auch schon vieles gemacht, aber aus "finanziellen Gründen nicht in dem Umfang, wie es für die Norweger möglich war".
Sportdirektor Felix Bitterling sieht in dem Fluorverbot eine "große Herausforderung. Einerseits fluorfreie Ski zu liefern, welche die Kontrollen dann auch problemlos passieren und andererseits konkurrenzfähiges, schnelles Skimaterial an den Start zu bringen. Wir müssen uns eine komplett neue Datenbank erarbeiten." Angst vor falschen Testergebnissen bei den Ski vor dem Start hat Cheftechniker Hopf indes nicht. "Ich denke, der Ablauf und das Messverfahren haben sich mittlerweile etabliert."
Quelle: ntv.de, tsi/dpa