Prozess um ISMM-Konkurs Verteidigung gibt FIFA die Schuld
03.04.2008, 22:23 UhrIm Prozess gegen ehemalige Manager des Sportrechte-Vermarktungskonzerns ISMM/ISL wird das Strafgericht im Schweizer Zug sein Urteil am 2. Juli bekanntgeben. Die sechs Angeklagten sprachen in ihren Schlussworten am sechsten und letzten Prozesstag von einem Alptraum, den das ihrer Ansicht nach unfaire Strafverfahren bedeutet habe.
Sie gaben dem Fußball-Weltverband FIFA als wichtigstem Geschäftspartner der 2001 Konkurs gegangenen ISMM die Schuld dafür, dass es ihnen nicht gelungen sei, die Firma und damit die Arbeitsplätze zu retten. Die FIFA hatte das Strafverfahren ausgelöst.
Untreue und Betrug
Die Angeklagten zeigten sich empört, dass ihnen Unrecht und Leid zugefügt worden sei. "Die Sanierung wäre uns gelungen, wenn wir die vorgesehenen Maßnahmen hätten umsetzen können", sagte einer der Ex-Manager. Nachdem "das Kartenhaus der Vorwürfe in sich zusammengefallen" sei, müsse er ja eigentlich froh sein, meinte ein weiterer Angeklagter. Er habe aber nach dem "Schauprozess" ein Gefühl von Bitterkeit.
Die Hauptvorwürfe an die ehemaligen Verwaltungsräte und Geschäftsführer der ISMM sind Veruntreuung und Betrug. Zur Last gelegt werden ihnen Delikte im Umfang von über 100 Millionen Franken (fast 64 Millionen Euro). Sie sollen Gelder für TV-Übertragungsrechte dazu genutzt haben, die Liquidität der Firma zu sichern. Der Staatsanwalt fordert Freiheitsstrafen zwischen drei und viereinhalb Jahren, die Verteidiger Freisprüche.
Massive Schmiergeldzahlungen
Im Verlauf des Prozesses hatten zwei der Angeklagten massive Schmiergeldzahlungen zugegeben. Diese seien über ein geheimes Bankkonto in Liechtenstein gegangen. Die liechtensteinische Stiftung zur Abwicklung der Geldflüsse wurde mit Blick auf den beabsichtigten Börsengang des Unternehmens gegründet. So gelang es, die Schmiergeldzahlungen aus der ISMM-Buchhaltung rauszuhalten.
Allein zwischen 1989 und 2001 sollen rund 138 Millionen Schweizer Franken (fast 88 Millionen Euro) an Sportfunktionäre und Tarnadressen gezahlt worden sein. Die zwei Ex-Manager hätten das von der Staatsanwaltschaft vorgelegte Material bestätigt, in dem das Strafgericht enorme Bestechungsgelder aufgedeckt und damit erstmals das Korruptionssystem im Weltsport belegt hatte.
Bestechung gängige Praxis
Der frühere Verwaltungspräsident der ISL, der Mitangeklagte Christoph Malms, räumte einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge ein, dass Bestechung zum gängigen Geschäftsgebaren der Agentur gehört hatte. "Diese Praxis war unerlässlich, sie gehörte zum Stil des Geschäfts. Sonst wäre der Bestand des Unternehmens nicht möglich gewesen", sagte Malms.
"Die Begünstigung von namhaften Persönlichkeiten im Sport zur Förderung von sportpolitischen und wirtschaftlichen Zielen stammt aus den 70er Jahren, als Sport zu einem Wirtschaftsfaktor wurde." Die Tochterfirma ISL war über 20 Jahre lang die Marketing-Agentur des Weltfußballverbandes FIFA. Zudem vermarktete sie unter anderem Rechte des IOC sowie der Weltverbände im Basketball (FIBA), Schwimmen (FINA) und der Leichtathletik (IAAF).
Als ständiger Überbringer der Bestechungsgelder soll der in Zug ebenfalls angeklagte Jean-Marie Weber fungiert haben. Er weigert sich jedoch beharrlich, die Namen jener Funktionäre zu nennen, denen er die Bestechungsgelder zukommen ließ.
Ultimative FIFA-Forderungen
In seinem Plädoyer erklärte Verteidiger Werner Würgler der "Berliner Zeitung" zufolge auch, dass FIFA-Präsident Joseph S. Blatter seinen Mandanten Malms Ende der 1990er Jahre aufgefordert habe, Weber in seinen Positionen zu belassen. Andernfalls "sei es um die ISL schlecht bestellt", soll Blatter gesagt haben. Blatters Vorgänger, der Brasilianer Joao Havelange, habe sich Würger zufolge 1998 gegenüber einem anderen ISL-Mitarbeiter ähnlich geäußert.
Diesen Forderungen zweier FIFA-Präsidenten hätten es der ISL-Gruppe Würgler zufolge "wirtschaftlich verunmöglicht, vom System der Provisionszahlungen" an maßgebliche Entscheidungsträger abzurücken". Sonst, hatte der ehemalige ISMM-Finanzchef Hans-Jürg Schmid bereits zuvor erklärt, "hätten sie nicht mehr gearbeitet".
Quelle: ntv.de