Medaillen-König von Sotschi Victor An wird Putins Goldjunge
23.02.2014, 18:04 Uhr
An nahm im Dezember 2011 die russische Staatsbürgerschaft an.
(Foto: picture alliance / dpa)
Das hat vor ihm noch keiner geschafft. Bei Olympia 2006 in Turin startete er für Südkorea und war der erfolgreichste Athlet der Spiele. In Sotschi wiederholte Victor An dieses Kunststück - nur diesmal startet der Shorttracker für Russland.
Victor An konnte seine Tränen nur mühsam unterdrücken. Die Russen feierten ihren Shorttrack-Import aus Südkorea lautstark mit "Molodez"-Rufen, was übersetzt so viel wie Prachtkerl bedeutet, und Kremlchef Wladimir Putin gratulierte stolz. "Sie haben mit Ihrer
Geschwindigkeit und Ihrer Technik alle Rivalen übertroffen und Siege in schwierigsten Rennen erkämpft", erklärte Putin.
Mit olympischem Doppel-Gold über 500 Meter und in der Staffel innerhalb von nur einer Stunde wurde der 28 Jahre alte An bei den Sotschi-Spielen dementsprechend auch in seiner neuen Heimat zum Helden. "Das war die beste Erfahrung meiner Karriere. Ich werde Dich nie vergessen, Sotschi", sagte der Sprinter mit dem gefärbten roten Haarschopf nach seinem Super-Coup.
Platz 5 der besten Winter-Olympioniken
Bei Olympia 2006 in Turin startete der wendige, fintenreiche Shorttracker für Südkorea - und war mit dreimal Gold und einmal Bronze der Star der Winterspiele. Acht Jahre später wiederholte er dieses bemerkenswerte Kunststück - nur diesmal für Russland. Mit jetzt sechs Olympiasiegen und zwei Bronzemedaillen rückt An damit in der ewigen Bestenliste der erfolgreichsten Winterolympioniken auf Platz fünf vor. "Es ist für mich eine Riesen-Ehre, in einer Reihe mit den größten Athleten zu stehen", sagte der Sportler brav. "Ich hätte das nie erwartet." Zudem zog er dank seiner achten Medaille mit dem bei Olympia meistdekorierten Shorttracker Apolo Anton Ohno aus den USA gleich.
Für jeden einzelnen Olympiasieg kassiert An 89.000 Euro, so dass er Sotschi mit fast 300.000 Euro Staatsprämie verlässt. Russlands neuer Importschlager reibt sich die Hände - er gilt als einer der begehrtesten Partner für Sponsoren. Die Tageszeitung "Sowjetski Sport" brachte die Euphorie im Lande auf den Punkt: "Man möchte auf die Straße laufen und vor Glück schreien! Victor An - der König von Olympia in Sotschi!" An versteckte seine Gefühle hinter einer bläulich schimmernden Sonnenbrille. "Auf diese Momente habe ich lange hingearbeitet und viele Schwierigkeiten überwunden", sagte er nicht ohne Genugtuung.
In Turin war er im Alter von 20 als Ahn Hyun-Soo erfolgreich, wurde in Südkorea auf Händen getragen und kassierte Millionen aus der Werbebranche. Doch 2008 begann nach einer schweren Knieverletzung seine Leidenszeit. An verpasste die Qualifikation für Vancouver und zerstritt sich mit dem Verband.
Verletzung stellt Karriere in Frage
Im Sommer 2011 wechselte er nach Russland. Noch immer ist nicht gänzlich geklärt, wie ihn sein Weg dorthin führte. Der russische Eislauf-Verband dementiert jedenfalls, An mit viel Geld angelockt und dabei auch die USA ausgestochen zu haben. "Das sind Anschuldigungen. Es hat keinen Kampf zwischen Russland und den USA gegeben", sagte Verbandspräsident Alexej Krawzow. "Angefangen hat alles mit einem Brief seines Onkels, der auch sein Agent ist, im März 2011. Ich lud ihn zu Gesprächen nach Moskau", meinte er. Allerdings seien die Ärzte damals sehr skeptisch gewesen wegen Ans Fitness. "Sie sagten, Victors Verletzungen seien zu ernst, um nochmals das Olympia-Ziel ins Auge zu fassen", enthüllte Krawzow in Sotschi. Dennoch erhielt An im Dezember 2011 die russische Staatsbürgerschaft.
Seinen neuen Namen nahm er in Würdigung des sowjetischen Rockmusikers Viktor Zoi an, der ebenfalls koreanische Wurzeln hat. "Und außerdem, weil das Victory im Namen steckt", verriet An. Mit seinen koreanischen Gegnern pflege er inzwischen einen entspannten Umgang, behauptete er. "Es gibt weder Kränkungen noch Hass." Interessant wird sein, ob und für welches Land An in vier Jahren bei den Spielen im südkoreanischen Pyeongchang an den Start gehen wird. Sein Vertrag in Russland läuft nach der Saison aus, im Moment hält er sich alle Optionen offen.
Quelle: ntv.de, Frank Thomas und Wolfgang Jung, dpa