Sport

Ehre oder präsidialer Populismus Wie Trump-Besuche den US-Sport spalten

Dieses Trikot würde Donald Trump längst nicht von jedem Sportler bekommen.

Dieses Trikot würde Donald Trump längst nicht von jedem Sportler bekommen.

(Foto: imago images / UPI Photo)

Die Boston Red Sox sind gemeinsam Meister der Major League Baseball - gehen aber nun trotzdem getrennte Wege. Ein Teil reist zu Donald Trump, der Rest verzichtet auf ein Treffen mit dem US-Präsidenten. Absagen von Profis gibt es häufiger. Aber noch nie so viele wie für Trump.

Die Boston Red Sox kommen allmählich in Schwung. Nach einem schwachen Saisonstart mit einer zwischenzeitlichen Bilanz von 6:13-Siegen, hat der Meister der Major League Baseball durch einen 2:1-Erfolg bei den Baltimore Orioles nun mit 19:19 erstmals seine ausgeglichene Bilanz. Viel Zeit, sich darüber zu freuen, blieb jedoch nicht. Denn nach dem Sieg trennte sich die Mannschaft in zwei Gruppen. Mindestens 13 weiße Profis reisten mit Klubbesitzer John Henry und Manager Dave Dombrowski nach Washington.

Bostons Meistertrainer Alex Cora, 43 Jahre alt, verzichtet auf den Besuch im Weißen Haus.

Bostons Meistertrainer Alex Cora, 43 Jahre alt, verzichtet auf den Besuch im Weißen Haus.

(Foto: www.imago-images.de)

Dort werden sie an diesem Donnerstag von US-Präsident Donald Trump im Weißen Haus empfangen und für ihren Titelgewinn geehrt. Zehn andere Akteure verzichteten hingegen auf einen Besuch beim Staatsoberhaupt - und flogen zurück nach Boston. Sie sind Afro-Amerikaner oder haben einen Migrationshintergrund wie Meistertrainer Alex Cora aus Puerto Rico. Er begründete seine Entscheidung mit den Vorkommnissen in seiner Heimat. Puerto Rico war im September 2017 durch Hurrikan "Maria" schwer zerstört worden. Etwa 3000 Menschen starben. Trump wurde und wird immer noch für sein Krisenmanagement kritisiert. Der US-Präsident betonte zwar Anfang der Woche, dass "Puerto Rico Hilfe im Wert 91 Milliarden Dollar" bekommen habe.

Ein Faktencheck ergab jedoch, dass diese Summe künftige Zahlungen beinhaltet und bislang nur elf Milliarden Dollar geflossen sind. "Die US-Regierung hat viele großartige Dinge in Puerto Rico geleistet. Aber wir haben noch einen langen Weg vor uns. Das ist einfach die Realität", betonte Cora, der im Winter einige Zeit in seiner Heimat verbrachte und viel mit Freunden und Bekannten gesprochen hatte. Ihm sei angesichts der immer noch kritischen Lage in Puerto Rico nicht danach zu Mute, im Weißen Haus zu feiern.

Präsidiale Premiere von 1865

Der Empfang der Meister aus diversen Ligen beim US-Präsidenten geht weit zurück. Laut ESPN lud Andrew Johnson 1865 die Baseball-Amateur-Teams der Brooklyn Atlantics und Washington Nationals in seinen Amtssitz ein. Nachfolger Ulysses S. Grant hatte dann 1869 mit den Cincinnati Red Stockings erstmals ein Baseball-Profiteam zu Gast. John F. Kennedy öffnete 1963 mit den Boston Celtics einem NBA-Champion die Türen. Und die Premiere für einen Super-Bowl-Gewinner gab es 1980 mit den Pittsburgh Steelers unter Jimmy Carter.

Nowitzki hatte Spaß bei Obama.

Nowitzki hatte Spaß bei Obama.

(Foto: imago images / UPI Photo)

Jährliche Einladungen an Championship-Teams folgten mit der Amtszeit von Ronald Reagan in den Achtzigern. Doch es waren immer Optionen, nie Verpflichtungen. Und eben deshalb gab es auch prominente Profis, die dem Präsidenten einen Korb gaben. So ließ Basketballstar Larry Bird von den Boston Celtics 1984 wissen: "Wenn der Präsident mich sehen möchte, weiß er ja, wo er mich findet." Michael Jordan ging 1991 lieber Golfen als zu George Bush Senior und Quarterback-Star Tom Brady von den New England Patriots sagte 2015 Barack Obama und zwei Jahre später dann sogar seinem Kumpel Trump ab. Dirk Nowitzki hingegen genoss 2012 dem Empfang mit seinen Dallas Mavericks bei Obama. Es sei für alle ein unvergessliches Erlebnis gewesen, so der Würzburger.

Stimmungswechsel unter Trump

Doch seitdem Trump im Weißen Haus sitzt, hat sich die Tonlage geändert. Komplette Teams sagten ab - aus Protest gegen seine Politik und einige Äußerungen. So bezeichnete Trump farbige NFL-Profis, die auf Polizeigewalt gegen Schwarze aufmerksam machen wollten als "Hurensöhne", weil sie während der Nationalhymne niederknieten. "Vorherige Präsidenten haben sich als einvernehmliche Lobpreiser gesehen, die das Land repräsentieren und den Empfang des Meisters nicht als politische Veranstaltung nutzen, sondern als ein Event, bei dem ein Titel gefeiert wird", sagt Matthew Dowd, Korrespondent des TV-Senders ABC.

Stephen Curry zögerte - und wurde ausgeladen.

Stephen Curry zögerte - und wurde ausgeladen.

(Foto: dpa)

Trump hingegen gibt sich dünnhäutig statt diplomatisch. Als Stephen Curry von NBA-Meister Golden State Warriors 2017 öffentlich abwartete, die Einladung anzunehmen, zog Trump sie beleidigt für das gesamte Team zurück. "Ins Weiße Haus zu gehen, wird für ein Meisterteam als große Ehre betrachtet. Stephen Curry zögert, deshalb: Einladung ist zurückgenommen!", tobte Trump auf Twitter.

"Keine gewöhnlichen Zeiten"

Im Juni 2018 wurde Super-Bowl-Champion Philadelphia Eagles kurzfristig wieder ausgeladen. Nur rund zehn Spieler hatten angekündigt, ins Weiße Haus zu kommen. Zur selben Zeit hatte LeBron James bereits vor der NBA-Finalserie seines damaligen Teams, Cleveland Cavaliers, gegen Golden State hervorgehoben, dass "egal, wer gewinnt, keiner von beiden in Weiße Haus" gehen werde. "In normalen Zeiten wäre es einfach für uns, unsere politischen Differenzen beiseite zu legen, ins Weiße Haus zu kommen und Spaß zu haben - aber dies sind keine gewöhnlichen Zeiten", sagt Warriors-Trainer Steve Kerr.

Er hatte als Spieler mit den Chicago Bulls dreimal und mit den San Antonio Spurs zweimal die Meisterschaft gewonnen. Als Trainer führte Kerr Golden State zu drei Titeln. Er habe "das Vergnügen gehabt, verschiedene Präsidenten im Weißen Haus zu besuchen", so Kerr. Und obwohl er nicht immer die gleichen Ansichten gehabt habe, sei es doch immer "eine unglaubliche Ehre" gewesen. Jetzt hingen sieht Kerr Amerika "so gespalten wie wahrscheinlich seit dem Vietnam-Krieg nicht mehr." Und weil es eben diese Gegensätze gebe, mache es der Präsident für einen Klub wie die Warriors schwer, eine Institution wie das Weiße Haus zu respektieren, so Kerr. Statt zu Trump zu gehen, nutzte Golden State vor wenigen Monaten sein Auswärtsspiel in Washington zu einem Treffen mit Obama - und somit für ein klares Statement.

Red Sox oder White Sox?

In Boston wurde in den vergangenen Tagen viel diskutiert. Zum Beispiel, wer da nun eigentlich im Weißen Haus erscheinen werde? Die Red Sox oder - in Anspielung auf die Hautfarbe - die White Sox? Die Tageszeitung "Boston Globe" schrieb von einer "no-win situation." Für diejenigen, die der Einladung folgen, sei es eine "einmalige Gelegenheit", hieß es. Und die Spieler, die daheim bleiben, hätten eben Gründe, die es zu akzeptieren gelte. "Das ist für jeden eine persönliche Entscheidung", sagt Catcher Christian Vazquez. Der Puerto Ricaner verzichtet auf die Washington-Reise, hegt aber keinen Groll gegen seine Kollegen, die die Einladung gerne annahmen. "Wir spielen zwar alle Baseball, dass heißt aber nicht, dass wir auch alle denselben Weg gehen."

Am Freitag treffen sich beide Bostoner Gruppen wieder. Dann wollen sie im Heimspiel gegen die Seattle Mariners wieder ein Team sein. Alle betonen, dass es keinerlei Probleme geben und die Teamchemie auch weiterhin sehr gut sein werde. Die Red Sox haben ihre Meistermannschaft aus der Vorsaison nahezu komplett behalten und zählen somit erneut zu den Titelfavoriten. Sie könnten als erster Champion seit den New York Yankees im Jahr 2000 ihre Meisterschaft verteidigen. Und würden somit erneut eine Einladung ins Weiße Haus bekommen. Doch das wäre dann eine Sache, die erst im kommenden Jahr geklärt werde müsste.

Quelle: ntv.de

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