Angst vorm EM-Horrortrip im Hexenkessel DHB-Team fürchtet Mazedonien
17.01.2012, 15:01 Uhr
Konsterniert: die deutschen Handballer nach dem ersten EM-Spiel gegen Tschechien.
(Foto: dpa)
Viel Ratlosigkeit, noch mehr Druck: Die deutschen Handballer müssen Mazedonien im zweiten EM-Spiel schlagen, sonst droht der K.o. Während der Außenseiter zum Auftakt überraschte, präsentierte sich das DHB-Team desolat. Klar ist: Im vorgezogenen Gruppenendspiel muss eine Leistungssteigerung her. Unklar ist nur, wie die gelingen soll.
Vor dem EM-Auftakt gegen Tschechien war es so: Die deutschen Handballer gaben sich optimistisch, das Wort vom "Schlüsselspiel" machte die Runde. Man glaubte schließlich kollektiv an einen Sieg und daran, sich im Kampf um die Olympiaqualifikation eine gute Ausgangsposition verschaffen zu können. Dann wurde das Spiel angepfiffen - und Deutschlands beste Handballer verkrampften. Kollektiv.
Am Ende einer phasenweise blamablen Leistung stand eine 24:27-Niederlage gegen Tschechien. Und die Frage: Warum nur? Erschöpfende Antworten gibt es auch nach dem spielfreien Tag nicht, auch keine Lösungen. Das Team von Martin Heuberger wird die allgemeine deutsche Verunsicherung mit ins zweite Turnierspiel gegen Mazedonien (18.15 Uhr/ARD) nehmen, das zum Turnierstart für eine Überraschung gesorgt hatte. Dem WM-Vierten Schweden rang das vermeintlich schwächste Team der deutschen Gruppe ein 26:26 ab.
Matchplan? Fehlanzeige
Von der Papierform ist es so, dass Deutschland die Mazedonier fürchten muss, obwohl es andersrum sein müsste. Nicht nur dem gegen Tschechien enttäuschenden DHB-Kapitän Pascal Hens ist klar: "Wir müssen uns deutlich steigern, ansonsten kann nach dem Mazedonien-Spiel schon alles vorbei sein." Einen belastbaren Matchplan, wie das gelingen soll, gibt es nicht. Es kann ja keiner belastbar erklären, warum gegen die Tschechen vor allem in der ersten Halbzeit fast nichts funktioniert hatte. Selbst das Minimalziel Hauptrunde ist nach den ersten Eindrücken ernsthaft gefährdet.

Vor allem die schlechte Chancenverwertung brachte DHB-Coach Martin Heuberger zur Verzweiflung.
(Foto: dpa)
Als Konsequenz aus den schlampigen Würfen, schwachen Abspielen und einer katastrophalen Chancenverwertung beim EM-Start hat Bundestrainer Heuberger seinem Team zunächst Geradlinigkeit verordnet. Kunststücke möchte der DHB-Coach, der im Sommer 2011 die handballerische deutsche Mangelwirtschaft vom ewigen Heiner Brand übernommen hatte, gegen die Mazedonier um WM-Torschützenkönig Kiril Lazarov nicht sehen.
Er verlangt: "Wir dürfen keine Heber und Dreher mehr machen. Das geht in unserer Situation nicht." Wie es geht, hätten die Tschechen vorgemacht: "Die sind mit dem Ball ins Tor gesprungen." Zur Not, schloss Heuberger, müssten seine Spieler dem "Torhüter auch mal den Scheitel ziehen". Er glaubt: "Das ist Kopfsache."
Immer noch alles offen
Für Ex-Bundestrainer Brand, nach zwei enttäuschenden Großturnieren zum DHB-Manager befördert, ist das der richtige Ansatz. Auch er sah die entscheidenden Fehler gegen Tschechien im Angriff, wo "klarste Chancen halbherzig vergeben" wurden. Aufgegeben hat er das Team noch nicht, sagte Brand bei Sky Sport News - und gab Durchhalteparolen aus: "Wenn man mit vollstem Einsatz spielt, hat man im Normalfall Erfolg. Dann kommt auch das Selbstvertrauen dazu. Die Mannschaft hat noch immer die Chance, dem Turnierverlauf eine andere Richtung zu geben."
Gegen Mazedonien muss das deutsche Team nicht nur die eigenen Nerven in den Griff kriegen, sondern auch gegen eine frenetische Fanwand bestehen. Hens erwartet einen "Hexenkessel vor über 4000 mazedonischen Fans". Und hofft, dass das Team daraus Motivation ziehen und einen erneuten Horrortrip vermeiden kann. Bei einer Niederlage droht das EM-Aus in der Vorrunde. Es wäre ein historisches Fiasko und würde das erstmalige Verpassen der Olympischen Spiele besiegeln.
"Gegen Mazedonien geht es um alles", sagt der Bundestrainer: "Ich glaube an die Stärke der Mannschaft." Der Haken an der Sache ist, weiß Heuberger: "Auch die Mannschaft muss daran glauben."
Quelle: ntv.de