Formel1

Schumacher böse abgewatscht Die unglaubliche Runde des Kevin Magnussen

Magnussen lässt Haas jubeln.

Magnussen lässt Haas jubeln.

(Foto: IMAGO/Motorsport Images)

Nach diesem denkwürdigen Sprint-Qualifying geht in der Haas-Garage eine wilde Party los. Kevin Magnussen fährt völlig unerwartet auf die Pole-Position. Es läuft alles zugunsten des Dänen. Teamkollege Mick Schumacher dagegen muss mal wieder frustriert zuschauen.

Das Autodromo Jose Carlos Pace in Interlagos, São Paulo ist ein Ort für besondere Formel-1-Momente. 2010 war so einer, als Nico Hülkenberg auf schmieriger Piste im unterlegenen Williams völlig überraschend auf Pole Position raste. 2022 ist wieder so einer: Diesmal ist es Haas-Underdog Kevin Magnussen, der im Schlussdurchgang der Qualifikation für das Sprintrennen beim Großen Preis von Brasilien die hochdekorierte Konkurrenz um Dominator Max Verstappen und Rekordchampion Lewis Hamilton stehen lässt.

Dass Magnussen und jener Hülkenberg wahrscheinlich nächste Saison bei Haas das Fahrerduo bilden werden, ist eine nette Randnotiz an diesem Tag, an dem die Rennsport-Welt kopf steht. An dem endlich etwas völlig Unerwartetes geschieht. An dem mal kein Red Bull-, kein Mercedes-, kein Ferrari-Pilot jubelt. Sondern einer der "Kleinen".

"Was soll ich sagen? Das Team hat mich exakt im richtigen Moment auf die Strecke gebracht", rekapitulierte Magnussen: "Ich war der Erste draußen, bin eine vernünftige Runde gefahren, und jetzt stehe ich auf der Pole - unglaublich!"

"Du kannst mehr schaffen"

Bitter, dass auch der letzte Platz im Qualifying an einen Haas-Piloten geht - eben an Mick Schumacher. Der 23-Jährige, dessen Zeit als Stammfahrer in der Königsklasse wahrscheinlich abläuft, hätte einen Magnussen-Moment gebraucht. Doch statt die wechselnden Bedingungen zu nutzen, stürzte Schumacher schon in Runde eins der Qualifikation ans Ende des Feldes. Freud und Leid - in der Formel 1 manchmal nur eine Garage voneinander entfernt.

"Er war in seiner ersten Runde vielleicht zu zögerlich, wir hatten ja gerade erst auf Trockenreifen gewechselt", analysierte Teamchef Günther Steiner Schumachers Leistung und verteilte eine Südtiroler-Watschn: "Wenn man sieht, was heute ging, sollte man ihm sagen: Du kannst mehr schaffen."

Für Magnussen dagegen dürfte dieser 11. November eine Genugtuung sein. Ende 2020 hatte ihn das Haas-Team aussortiert, der Däne musste Platz machen, weil der Russe Nikita Mazepin dank der Sponsoren-Millionen von Papa Dmitri bei Haas einstieg und weil der von Ferrari protegierte Formel-2-Meister Schumacher in die F1 drängte. Magnussen ging im Guten, ohne böses Blut. Seine Formel-1-Karriere aber, die 2014 gleich mal mit einem Podestplatz für McLaren in Melbourne begonnen hatte, schien unwiderruflich vorbei, der Königsklassen-Traum ausgeträumt. Bis Haas Anfang des Jahres als Reaktion auf den russischen Krieg gegen die Ukraine die Mazepins vom Hof jagte. Als der US-Rennstall plötzlich dringend einen Fahrer brauchte, wusste Steiner, wen er anrufen konnte - und Magnussen war wieder da.

Plötzlich läuft alles für Magnussen

Der Routinier spielte vor allem zu Saisonbeginn seine Erfahrung aus. Als die neuen Ground-Effect-Boliden über die Kurse dieser Erde hoppelten, fand Magnussen im Haas VF-22 die nötige Balance, "Danish Dynamite" zündete. In den ersten vier Rennen fuhr "KMag" dreimal in die Punkte und seinem jungen Stallrivalen Schumacher regelmäßig davon. Erst gegen Mitte der Saison wurde der Deutsche stärker, ist seither vor allem im Renntrimm ebenbürtig mit Magnussen.

Als es jetzt in São Paulo darauf ankam, als die Motorsport-Götter gönnerhaft eine (womöglich) einmalige Chance auswarfen. Da biss freilich Magnussen eiskalt zu - und nicht Schumacher. Gewiss, in der entscheidenden Phase des Qualifyings lief alles für Magnussen. Verstappens Verbremser in Kurve acht, George Russells Abflug in Kurve vier, die Rote Flagge, der einsetzende Regen. Die Zeit des Dänen war auf einmal wie in Stein gemeißelt.

Mehr zum Thema

Bloßes Glück ist die erste Pole-Position für Magnussen und Haas aber nicht. Das betonte auch Steiner. "Das Team arbeitet hart, seit sieben Jahren. Es war nicht nur Glück, sondern gute Arbeit vom Team: Der richtige Reifen, der richtige Zeitpunkt und Kevin hat die Runde abgeliefert", lobte der 57-Jährige.

Magnussen wird das Sprintrennen (20.30 Uhr im ntv.de-Liveticker) trotz Pole Position aller Voraussicht nach nicht gewinnen. Der Gewinner dieses Wochenendes ist er trotzdem schon - auch dann, wenn Verstappen am Sonntag (ab 17.45 Uhr bei RTL und im ntv.de-Liveticker) routiniert Saisonsieg Nummer 15 bejubelt, während das Team von Haas schon zusammenpackt.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen