Will die Formel 1 Red Bull stoppen? "Heulsuse" Vettel ist knatschig
23.07.2012, 15:53 Uhr
Gut gelaunt sieht anders aus: Sebastian Vettel.
(Foto: dpa)
Nach dem verpatzen Formel-1-Rennen in Hockenheim ist Weltmeister Sebastian Vettel gleich doppelt und dreifach sauer. Während britische Medien den Deutschen verspotten, keilt der gegen die Kollegen. Mit Verschwörungstheorien hält er sich dieses Mal allerdings zurück.
Denn Schaden hatte er sich selbst zugefügt, für den Spott sorgten dann die anderen. Während sich Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel nach dem verkorksten Rennen auf dem Hockenheimring am Sonntag sauer wie selten zuvor zeigte, legten britische Medien und sein englischer Konkurrent Lewis Hamilton genüsslich nach. Mit "Heulsuse" überschrieb das Boulevardblatt "Mirror" einen Artikel über den Red-Bull-Piloten. "Vettel verlässt den Hockenheimring mit gebrochenem Herzen", höhnte die "Sun". Und Hamilton erklärte: "Es ist mir egal, was er sagt. Aber ich denke, das sagt alles über seine Reife."
1. | Fernando Alonso(Ferrari) | 154 |
2. | Mark Webber(Red Bull Racing) | 120 |
3. | Sebastian Vettel(Red Bull Racing) | 110 |
4. | Kimi Räikkönen(Lotus) | 98 |
5. | Lewis Hamilton(McLaren) | 92 |
6. | Nico Rosberg(Mercedes) | 76 |
7. | Jenson Button(McLaren) | 68 |
8. | Romain Grosjean(Lotus) | 61 |
9. | Sergio Perez(Sauber) | 47 |
10. | Kamui Kobayashi(Sauber) | 33 |
Vettel hatte sich über ein Manöver Hamiltons beschwert. "Es ist ein bisschen dumm, sich mit den Führenden anzulegen", schimpfte der Deutsche, nachdem ihn der wegen eines Reifenschadens bereits überrundete Hamilton in Durchgang 36 überholt und somit blockiert hatte. "Das war nicht nett von ihm." Vettel verlor so fast drei Sekunden auf den späteren Sieger, WM-Spitzenreiter Fernando Alonso im Ferrari. Hamilton erklärte hinterher allerdings, er habe "nichts Dummes getan. Ich hatte nichts zu verschenken und gebe nie auf". McLarens Sportdirektor Sam Michael ergänzte: "Lewis war schneller, überholte und zog davon. Ich kann in diesem Verhalten keine Dummheit erkennen."
Dass Vettel aber so schlecht gelaunt war, hatte noch einen anderen, gewichtigeren Grund. Schon mit Platz zwei war er alles andere als zufrieden gewesen. "Ich hab gekämpft wie ein Löwe", entschuldigte er sich mit belegter Stimme über den Boxenfunk für den scheinbar knapp verpassten Sieg. Doch als die Rennaufsicht ihm wegen eines Überholmanövers gegen Jenson Button abseits der Strecke anschließend eine Zeitstrafe von 20 Sekunden aufbrummte und er deswegen auf Rang fünf zurückfiel, war für den amtierenden Weltmeister das Maß voll. Der 25-Jährige schnappte sich einen Teller Nudeln und verschwand arg angeknatscht in seiner Kabine.
Strafe als Retourkutsche?
Wer daraufhin zu ihm wollte, wurde aufgehalten. Dies sei keine gute Idee, versicherten Vertraute, Vettel sei unglaublich geladen. Ausgerechnet 45 Kilometer von seinem Elternhaus entfernt und vor heimischem Publikum erlebte der Hesse einen Tag zum Vergessen - und einen vielleicht entscheidenden Rückschlag im Titelrennen gegen den schon 44 Punkte enteilten Alonso. Nach dem Urteil des Automobilweltverbandes Fia schwieg Vettel lieber. Verschwörungstheorien wie zuletzt in Valencia wollte er nicht äußern. Das Gefühl, dass der Verband den Weltmeister der vergangenen beiden Jahre und sein finanzstarkes Team mit allen Mitteln stoppen will, hatte sich allerdings schon am Morgen verstärkt. Für das als illegal eingestufte Auto bekam die Fia den Rennstall Red Bull aber nicht zu greifen.
Viele sahen in der persönlichen Strafe für Vettel nach dem Manöver gegen Button eine Retourkutsche. Fakt ist aber auch: Vettel trägt die Schuld. Im Regelwerk sei dies ein eindeutiger Fall, betonte der ehemalige Rennfahrer Alexander Wurz, der selbst gelegentlich als Rennkommissar im Einsatz ist: "Vettel hätte sich nach dem Überholen einfach zurückfallen lassen müssen. Das hat er aber nicht gemacht." Auch Ex-Weltmeister Damon Hill betonte: "Das Einfachste wäre gewesen, er hätte seinen Platz direkt wieder an Jenson abgetreten."
Vettel wäre auf Rang drei zurückgefallen - und hätte alle Chancen gehabt, sich den zweiten Platz wieder zu erobern. "Meine Hinterreifen waren am Ende, er hätte mich sicher nochmal überholen können", sagte Button. Zumindest vom Kommandostand hätte der Weltmeister zurückgepfiffen werden können, doch der Funk blieb stumm. Schon als vermeintlicher Zweiter nach Rennende auf dem Podium hatte Vettel eher missmutig dreingeschaut. Die Wunde, auch im fünften Anlauf den Heimsieg verpasst zu haben, schmerzte schon zu diesem Zeitpunkt, zwei Stunden vor dem finalen Rückschlag.
"Dieser Sieg ist Frau Merkel gewidmet"
Von einem "Heimfluch" zu rden, halten Experten aber für übertrieben. Sagt zumindest RTL-Experte Christian Danner. "Davon kann man sprechen, wenn man immer selben Rennen ausscheidet", sagte er. "Außerdem gibt es in der Formel 1 nicht so etwas wie Angstgegner im Fußball. Zum Nachdenken hast du unter dem Helm gar keine Zeit." Für Danner, der bisher stets auf Vettel getippt hatte, ist nun aber Alonso der WM-Favorit. "Bei Red Bull wird es Zeit, dass sie mal ein paar Bricketts nachlegen."
Zumindest hat Vettel vor der Sommerpause noch eine Chance, seinen Frust abzubauen. Am Sonntag in Budapest Alonso an dessen 31. Geburtstag zu schlagen, wäre eine Genugtuung. Die verspürte diesmal nur der Asturier. "Ich bin kein politischer Mensch. Aber dass ein Spanier in einem italienischen Auto, das ein Grieche designt hat, in Deutschland gewinnt - das hat schon was. "Politische Spitzen verteilten auch die Medien." Alonso siegt im Vettel-Merkel-Territorium", schrieb die spanische "AS". Und auch der italienische "Corriere dello Sport" schickte einen Gruß an die Kanzlerin: "Dieser Sieg ist Frau Merkel gewidmet."
Quelle: ntv.de, sgi/sid/dpa