Der ultimative n-tv.de EM-Wegweiser DFB-Elf sucht den Super-Angstgegner
27.06.2016, 13:02 Uhr
Wird seine Startelf auch dieses Mal wohl nicht umstellen: Spaniens Trainer Vicente del Bosque
(Foto: picture alliance / dpa)
Nur noch zwei Achtelfinals, aber die haben es in sich: Spanien und Italien machen den deutschen Viertelfinal-Gegner unter sich aus. Und England zittert vor den Wikingern.
Was liegt heute an?
Am 2. Juli um 21 Uhr bestreitet die DFB-Elf ihr Viertelfinale im Stade de Bordeaux - der Gegner wird heute ab 18 Uhr (ARD) in Paris ermittelt. Es wird auf jeden Fall ein Angstgegner, denn mit Spanien und Italien stehen sich zwei Teams gegenüber, gegen die Deutschland seit 2006 bei großen Turnieren in je zwei Spielen je zweimal ausschied. Im zweiten Duell des Tages bewerben sich England und Island (21 Uhr, ARD) um ein Treffen mit dem Gastgeber.
Wenn Sie nur Zeit für ein Spiel haben, dann …
… suchen Sie sich das Duell aus, das Karl-Heinz Rummenigge wahrscheinlich schon seit Tagen nicht schlafen lässt - und das nicht, weil er sich auf 90 oder 120 Minuten hochklassigen Fußball freut. Die Wiederauflage des Finales von 2012 schon im Achtelfinale, so etwas muss einem passionierten Setzlisten-Bastler wie dem FC-Bayern-Boss natürlich sauer aufstoßen. Aber: Die Spanier hatten es selbst in der Hand, ein Punkt gegen Kroatien, und sie wären in der linken Turnierhälfte gelandet und … genug hätte, wäre, wenn. Fakt ist: Es treten sich zwei Turnierfavoriten sehr früh gegenüber, die jeweils in den ersten beiden Auftritten ihre Stärke bewiesen haben, um das letzte Gruppenspiel zu verlieren. Die Spanier haben ihre Startelf noch nie umgestellt, Italiens Trainer Antonio Conte hat schon 22 Spieler eingesetzt. Verzichten muss er auf den bisher überzeugenden Antonio Candreva. Die gesamte Dreierkette, das Prunkstück der Squadra Azzura, spielt mit einer drohenden Sperre im Kopf – Giorgio Chiellini, Andrea Barzagli und Leonardo Bonucci haben alle schon eine gelbe Karte gesehen und wären im Falle einer Verwarnung für das Viertelfinale gesperrt.
THESE SKILLS!!! What a magician! ">
Was verursacht noch EM-Herzrasen?
Schon wieder sechs Änderungen? Der Ton wird schärfer in England, spätestens seit dem 0:0 gegen die Slowakei, das die "Three Lions" in die stärkere rechte Turnierhälfte schickte, steht Roy Hodgson in der Kritik und sein Job auf dem Spiel. "Eine Niederlage gegen Island, ein Land mit mehr Vulkanen als Vollzeit-Fußballprofis, würde die Ära von Hodgson hier und jetzt beenden", schrieb die "Times". Schon vor dem letzten Gruppenspiel hatte er sechs Spieler ausgetauscht, gegen Island wird er es laut Medienberichten wieder tun. Mit dabei soll dann auch wieder Raheem Sterling sein: Der Außenstürmer von Manchester City hat bisher enttäuscht, nach einem Telefongespräch mit seinem neuen Klubtrainer Josep Guardiola soll er aber im Training wieder überzeugt haben. Wohl dem, der einen solchen Telefonjoker hat. Der Gegner Island ruft aller Unruhe zum Trotz keine Panik hervor, Kapitän Wayne Rooney sagte zwar, die Überraschungs-Achtelfinalisten seien schwierig zu bezwingen, aber: "Wenn wir unser Spiel aufziehen, sind wir überzeugt, dass wir gewinnen." Eher nördlich-nüchtern begeben sich die Isländer in die Außenseiterrolle: "Selbst wenn wir das beste Spiel spielen, dass wir je hatten, kann das zu wenig sein", sagte Trainer Heimir Hallgrimsson pragmatisch.
Angeberwissen für das Public Viewing
Eidur Gudjohnsen gilt als bester isländischer Fußballer aller Zeiten. Der 37-Jährige, der unter anderem mit dem FC Chelsea und Barcelona Meister wurde, durfte mit nach Frankreich fahren, obwohl er schon länger nicht mehr zu den Stützen im Team gehört - bislang hat er nur einen Kurzeinsatz gegen Ungarn absolviert. Das ändert nichts an seinem Status als lebende Legende, der auch auf einem Novum basiert: Als bisher einziger Spieler weltweit wurde er am 24. April 1996 bei einem offiziellen Länderspiel gegen Estland für seinen eigenen Vater eingewechselt. Gudjohnsen könnte dieses Kuriosum übrigens wiederholen, sein Sohn Sveinn spielt für die U19 Islands.
Die Zahl des Tages: 6
Spanien und Italien treffen sich heute zum sechsten Mal bei einer Europameisterschaft und damit zu dem Klassiker schlechthin. Keine andere Paarung gab es so oft bei der EM. Das große Thema ist natürlich das 4:0 von Kiew, mit dem sich die Spanier vor vier Jahren den zweiten EM-Titel hintereinander sicherten. Es war der höchste Finalsieg aller Zeiten - eine Scharte, die Italien auswetzen will. "Ich würde es nicht Rache nennen", sagte Verteidiger Giorgio Chiellini. "Aber eine Revanche." Schon bei der EM 2008 flog die Squadra Azzura gegen Spanien aus dem Turnier, damals im Viertelfinale, für die Spanier war das der Beginn ihrer Goldenen Ära. Der "Corriere della Sera" befand vor einigen Tagen, es sei Zeit, diese Epoche zu beenden: "Wir haben sie erschaffen, jetzt müssen wir sie zerstören." Diese Angriffslust ist auch im Team spürbar. "Wir sind die einzigen, die ihnen in den letzten Jahren konstant das Leben schwer gemacht haben", sagte Torwart Gianluigi Buffon und meinte damit Auftritte wie im März, als Italien im Testspiel ein 1:1 holte. Doch beim letzten Sieg in einem Turnier war noch nicht einmal Methusalem Buffon volljährig - 1994 gewann Italien im Viertelfinale der WM in Brasilien mit 2:1. Doch genug der Historie, findet Antonio Conte: "Wir sind nicht das Opferlamm der Spanier", sagte der Trainer der Squadra Azzura. "Die Spanier müssen morgen auf dem Feld beweisen, dass sie besser und stärker sind."
Das EM-Histörchen des Tages: 27. Juni 1984
56 Minuten lang halten die Spanier im großen Finale der EM in Frankreich den Mann in Schach, der mit acht Treffern das gesamte Turnier dominiert hatte wie kein Spieler vor und nach ihm: Michel Platini. Auf dem 29-jährigen Spielmacher von Juventus Turin lasteten die Hoffnungen einer ganzen Nation auf den ersten großen Titel für "Les Bleus". Er sollte seine Landsleute nicht enttäuschen: Er erzielte das erlösende Tor des Tages im Eröffnungsspiel gegen Dänemark, drei Tore beim 5:0 über Belgien, drei Tore beim 3:2 gegen Jugoslawien, den Siegtreffer kurz vor Ende der Verlängerung im Halbfinale gegen Portugal. Doch an dem Tag, an dem Platinis Krönung im Prinzenpark erfolgen sollte, stellte Jose Antonio Camacho den Maestro kalt. Jedenfalls bis zur 57. Minute, als der Madrilene zum Zusehen verdammt ist, weil Platini beim Freistoß steht. Die Nummer Zehn zirkelt den Ball zwar um die Mauer, aber viel zu langsam und ungefährlich. Keeper Luis Arconada fängt den Ball locker – und legt ihn zum Entsetzen seiner Mitspieler selbst ins Tor. Eine "Boulette", wie "L’Equipe" am Tag danach schrieb, ein kapitaler Klops des erfahrenen Torwarts, der den Franzosen um Platini den Weg zum Titel ebnete. Die wütenden Angriffe der Spanier brachten nichts ein, Bruno Bellone erhöhte in der 90. Minute auf 2:0. Es war der Höhepunkt in Platinis Spielerkarriere. Das, was der Höhepunkt seiner zweiten Karriere sein sollte, wurde zum größten Fiasko seines Lebens. Platini holte als Uefa-Präsident die EM nach Frankreich, er wollte am 10. Juli den Siegerpokal überreichen – doch der Fifa-Skandal brachte einen der größten Spieler aller Zeiten zu Fall. Er muss sein Turnier am Fernseher verfolgen.
Das Bonmot zum Spieltag
"Elfmeter im Training und Elfmeter vor vielen Leute sind verschiedene Dinge, das wissen wir." Wir verstehen das Problem, Roy Hodgson. Falls es bei der Auswahl der Schützen hilft: Dieser Wayne Rooney ist so abgezockt, der kann sogar pinkeln, wenn alle Welt zuschaut.
Quelle: ntv.de