"Drei Tage nur auf die Fresse" Gomez sieht Orange
14.06.2012, 17:34 Uhr
Mario Gomez (r.), treffsicherer als sein holländischer Kollege Robin van Persie.
(Foto: dpa)
Nach seinen beiden Toren gegen die Niederlande räumt Mario Gomez ein, wie sehr ihn die teilweise hämische Kritik an seiner Art, Fußball zu spielen, getroffen hat. Auswirkungen auf seine Leistung hat die ganze Sache aber nicht. Er sorgt dafür, dass der deutschen Mannschaft nun im letzten Gruppenspiel ein Remis reicht, um ins Viertelfinale einzuziehen.
Dabei fing es gar nicht so gut an. Zehn Minuten waren im Metalist-Stadion zu Charkow gespielt, als Lukas Podolski mit ihm einen Doppelpass spielen wollte. Doch Mario Gomez versprang der Ball, und im Gegenzug hätte Robin van Persie beinahe die Führung erzielt. Doch im Fußball ist ein Konjunktiv bisweilen einer zu viel. Und so kam alles ganz anders, die deutsche Mannschaft schlägt in ihrem zweiten Vorrundenspiel in der Ukraine das Team aus den Niederlanden mit 2:1 (2:0), führt die Tabelle der Gruppe B mit sechs Punkten aus zwei Partien an und ist vor der Begegnung mit Dänemark am Sonntag in Lemberg auf sehr gutem Weg, das Viertelfinale zu erreichen. Schon ein Remis reicht. Dank Mario Gomez.
Der Angreifer des FC Bayern München hatte vor 37.750 Zuschauern, deren überwiegender Teil sichtbar orange den Niederländern die Daumen drückte, mit seinen beiden Toren nach 24 und 38 Minuten binnen einer Viertelstunde in Führung gebracht. Womit er, Überraschung, offenbar zufrieden war. Und vor allem beim ersten Treffer nichts von den Problemen im Umgang mit dem Ball ahnen ließ, die ihm so oft und bisweilen auch gerne nachgesagt werden.
Ein kleines Problem gab es nur mit dem Jubel. Warum er denn so verhalten gefeiert habe, wurde er hinterher gefragt. Lag doch die Vermutung nahe, Mario Gomez habe damit auf seine Weise auf die Kritik der vergangen Tage reagiert. Zwar hatte er im ersten Spiel gegen Portugal den Siegtreffer erzielt, doch erntete er dennoch nicht nur Lob. Im Fokus der Kritik: Er sei ein Retrostürmer, der in Zeiten des modernen Fußball seiner Mannschaft eher schade als helfe, weil er zu wenig am Spiel teilnehme und nur im Strafraum darauf warte, dass ihm ein Mitspieler den Ball verwertungsgerecht serviert.
"Aber es ist doch irgendwie da"
Mehmet Scholl, Ex-Nationalspieler, künftiger Trainer der Reserve des FC Bayern und Fernsehkritiker ätzte, er habe sich um Mario Gomez wegen dessen Bewegungsarmut gesorgt, Angst gehabt, "dass er sich wund liegt und mal gewendet werden muss." Aber Mario Gomez erklärte seinen gehemmten Jubel gegen die Niederlande ganz anders: "Ich habe mich sogar ganz extrem gefreut." Nach seinem ersten Tor sei er "losgelaufen Richtung Kurve, doch da war alles Orange. Da bin ich umgedreht und zu meinen Mitspielern gelaufen". Er sei eben keiner, der gerne unnötig provoziere.
Dennoch, das räumte Mario Gomez ein, die Kritik und wohl die vor allem damit verbundene Häme, sie hat ihm zugesetzt. "Ich mache gegen Portugal das einzige Tor und bekomme hinterher drei Tage nur auf die Fresse." Druck ohne Ende habe er verspürt. "Das ist nicht so einfach. Ich habe versucht, das abzuschütteln, aber es ist doch irgendwie da." Durchgesetzt hat er sich trotzdem, hat in seiner 54. Partie als Nationalspieler sein Torkonto auf 25 erhöht und damit das beste Argument gebracht, das er hat. Bastian Schweinsteiger hat ihn dabei am augenscheinlichsten unterstützt, sein Münchner Vereinskollege war es, der die Vorlagen gab und dabei die niederländische Abwehr aushebelte. "Bastian hat zwei fantastische Pässe in die Schnittstellen gespielt, das, worauf ich immer warte." Wenn Mario Gomez bekommt, was er will, zahlt er es zurück.
Auch Bundestrainer Joachim Löw lobte den Gescholtenen: "Der Mario war immer ein Kämpfertyp. Die Tore hat er klasse gemacht." Und betonte ansonsten erneut, dass er auf Kritik von außen nicht sonderlich viel gebe: "Ich habe meine eigenen Deutungsmöglichkeiten", der Rest sei ihm "egal". Um seinen Stürmer macht er sich keine Sorgen. "Er ist ein Spieler, den man nicht lange aufrichten muss. Der findet seinen Weg schon selbst." Zum Beispiel in jedem Spiel bei dieser EM seine Mannschaft zum Sieg zu schießen. Dann, diese Rechnung ist ganz einfach, hört das Ganze nicht nur für Mario Gomez sehr gut auf.
Quelle: ntv.de