"Angst, dass er sich wundliegt" Gomez trifft, aber Klose lauert
10.06.2012, 14:25 Uhr
Auch wenn Gomez der Torschütze des Abends war, dem Mittelstürmer-Ideal von Löw entspricht er nicht.
(Foto: REUTERS)
Mario Gomez macht beim EM-Auftakt der deutschen Fußballer gegen Portugal das, was ein Mittelstürmer machen muss: Er schießt ein Tor, das einzige des Spiels zumal. Dennoch kann er nicht sicher sein, dass er auch am Mittwoch gegen die Niederlande in der Startelf steht. Denn Konkurrent Miroslav Klose hat einen Vorteil: Er spielt mit.
Der Bundestrainer übertrieb zwar ein wenig, aber im Grunde hat er ja Recht. "Eine Chance, ein Tor!", sagte er, als er nach der Leistung von Mario Gomez gefragt wurde. Und wirkte durchaus angetan. Wohl auch davon, dass er sich vor diesem Auftaktspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft entschieden hatte, auf den Stürmer des FC Bayern zu setzen und den Wahl-Römer Miroslav Klose an dessen 34. Geburtstag auf der Bank zu lassen. Und dann erzielt dieser Mario Gomez gegen Portugal das Tor, das dem DFB-Team einen guten Start bescherte. Sein 23. im 53. Länderspiel. Und sein erstes bei einem Turnier. Da können zwei von sich behaupten, alles richtig gemacht zu haben.
Auch wenn Mario Gomez in Wirklichkeit drei Gelegenheiten hatte. Gleich nach zwei Minuten, als er nach einer Flanke des rechten Außenverteidigers Jérome Boateng aufs Tor köpfte, Portugals Keeper Rui Patricio aber parierte. Oder in der 24. Minute, als Mario Gomez nach einem Pass von Sami Khedira den Ball zum ersten Mal an diesem schwülen Abend im westukrainischen Lemberg im Tor des Gegners unterbrachte, der französische Schiedsrichter Stéphane Lannoy aber den Vorteil abpfiff und Freistoß für das DFB-Team gab.
Was Joachim Löw aber mit seiner Zuspitzung sagen wollte: Dieser Mario Gomez ist einfach unheimlich effektiv. Wenn auch sonst das Spiel an ihm vorbeiläuft, er ist ein Torjäger, bei dem es gerade besser läuft als jemals zuvor in seiner Karriere. Der Treffer gegen Portugal war sein 45. im 58. Pflichtspiel dieser Saison. Was sein Vereinskollegen und Kapitän Philipp Lahm so kommentierte: "Mario ist in solchen Momenten im Sechzehner unglaublich. Das war auch für ihn persönlich ein wichtiges Tor." Der hat sich hinterher artig bedankt. "Das war ein weiter Weg bis hierhin. Ich bin froh, dass der Trainer mir das Vertrauen geschenkt hat."
Klassischer und mithin altmodischer Prägung
Der Bundestrainer hat ihm vertraut. Obwohl Mario Gomez, der als Mittelstürmer klassischer und mithin altmodischer Prägung vor dem Tor wartet, bis jemand ihm den Ball zuspielt, nicht Joachim Löws Idealvorstellung eines Angreifers entspricht. Auch wenn er das nie so ausdrücken würde wie Mehmet Scholl. Aber der eine ist eben Bundestrainer, der ehemalige Nationalspieler halt gebührenfinanzierter Fernsehexperte. So lange Mario Gomez treffe, sei ja alles gut. "Aber dass ein Stürmer nicht nach hinten arbeitet, dass gibt's eigentlich im modernen Fußball nicht mehr. Dass einer auf die eine Flanke, die freie Straße wartet. Das ist zu wenig." Mario Gomez, sagte Mehmet Scholl, mache zu wenig für die Mannschaft. "Ich hatte zwischendurch Angst, dass er sich wund liegt und mal gewendet werden muss."
Aber er hat, wie Joachim Löw sagte, "das ganze Jahr gespielt und viele Tore gemacht". Im Gegensatz zu Miroslav Klose, der bei Lazio zuletzt verletzt lange fehlte. Und dem Bundestrainer signalisiert hatte, dass er noch nicht hundertprozentig fit sei. Da war Mario Gomez einfach die sicherere, ja logische Wahl. Effizienz schlägt Spielkunst, zumindest in diesem Auftaktspiel ist die Rechnung aufgegangen. Als Miroslav Klose dann doch noch auf den Rasen durfte, reichten ihm zehn Minuten, um zu zeigen, was Mehmet Scholl meinte. Mehrmals sprintete er zurück zur Mittellinie, sicherte sich den Ball und kombinierte gut mit den Außenspielern Thomas Müller und Lukas Podolski. Kurz: Er spielte mit. Anschließend sagte er: "Mario ist in hervorragender Form. Ich muss dranbleiben und auf meine Chance warten - und die wird kommen." Vielleicht schon am Mittwoch gegen die Niederlande.
Quelle: ntv.de