
Egon Coordes ließ sich zu manch fragwürdiger Eskapade verleiten.
(Foto: imago sportfotodienst)
In der Saison 1986/87 katapultiert sich Toni Schumacher mit seinem Skandalbuch aus dem Tor des 1. FC Köln und der Nationalmannschaft - und das kurz bevor ein Medienmogul ihn groß vermarkten kann. In Stuttgart lässt sich ein Trainer zu manch fragwürdiger Eskapade hinreißen.
Damit konnte ja nun wahrlich niemand rechnen: Bodo Illgner hatte kurz vor der folgenreichen Veröffentlichung des Skandalbuchs "Anpfiff" von Toni Schumacher bereits einen Vertrag in Nürnberg unterschrieben. Nun stand er nach dem Rausschmiss des alten Star-Keepers wie eine Eins im FC-Tor und war natürlich unverkäuflich. Doch der 1. FCN zeigte sich gesprächsbereit - wollte aber gerne eine Abstandssumme von 300.000 Mark haben. Viel Geld für die Kölner, schließlich war Illgner ja eigentlich ihr Spieler. Am Ende einigte man sich und Bodo Illgner stand schon drei Jahre später als Nationalkeeper eines Weltmeisters im Kasten der deutschen Nationalelf.
In Stuttgart sorgte der Trainer Egon Coordes in der Saison 1986/87 für einige Irritationen. So schmiss er am 32. Spieltag in Frankfurt die Nummerntafel für die Auswechselspieler auf den Fotografen Herbert Rudel. Seine Ausrede nach der Partie klang abenteuerlich: "Ich habe keinen Fotografen gesehen. Ich wollte nur probieren, wie der Wind steht!" Rätselhaft allerdings, warum er Rudel zuvor noch zugerufen hatte: "Nachher komm ich und hau dir auf die Fresse." Nach der Saison war dann Schluss für Coordes bei den Schwaben. Vor allem mit den Medien hatte der ehemalige Bayern-Co-Trainer so seine Probleme gehabt. Als ihn ein schwergewichtiger Journalist auf einer Pressekonferenz einmal gefragt hatte, ob es noch "was Sportliches" geben würde, hatte sich Coordes den Mann genauer angeschaut und dann mit einem hämischen Grinsen geantwortet: "Wenn ich Sie so sehe, nein!"
FC Bayern wird alleiniger Rekordmeister
Und der Gewinner der Saison war wieder einmal … der FC Bayern München! Zum dritten Mal in Folge und zum zehnten Mal insgesamt wurden die Münchner Deutscher Meister. Sie durften sich von nun an alleiniger Rekordmeister nennen.
Der FC Bayern München schwamm wahrhaft auf einer Erfolgswelle. Meisterschaft um Meisterschaft wurde eingefahren, und langsam drohte es ob der Dominanz der Münchner etwas öde in der Bundesliga zu werden. Nach dem 1:1 der Bayern in Bremen rief Werder-Trainer Otto Rehhagel deshalb der Liga verzweifelt zu: "Schlagt die Bayern, stoppt die Langeweile!" Das bedeutete im Grunde nichts anderes als: alle gegen die Lederhosen! Münchens Manager Uli Hoeneß sah das neue Motto der Liga allerdings sehr gelassen: "Wir haben dieses Feindbild nicht selbst gemacht. Das haben andere aufgebaut, ganz bewusst. Aber wir leben nicht schlecht mit diesem Image. Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre, wenn uns plötzlich alle lieben würden." Stolz fügte Hoeneß noch hinzu: "Es gibt wohl keinen Schalke-Fan in München-Großhadern, aber Hunderte von Bayern-Fans in Gelsenkirchen!"
Der BVB spielte eine Top-Saison - und das nach einer Relegation gegen Fortuna Köln, die spannender nicht hätte verlaufen können. Doch gerade dieses psychologische Moment schien für den Höhenflug verantwortlich zu sein, wie Michael Zorc erklärte: "Es war das Relegationsspiel des vergangenen Jahres, jenes 3:1 von Wegmann in der letzten Minute. Das haben wir immer noch in Erinnerung. Es ist ja auch nicht von ungefähr, dass wir auf das Tor vor der Südtribüne besser spielen und mehr Treffer erzielen. Dort fiel auch damals der Wegmann-Treffer. Dort stehen unsere treuesten Fans."
Frank Mill erklärt seinen Kunsstoß
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Warum Blau-Weiß 90 Berlin absteigen musste, wusste Torwart Reinhard Mager schon zur Halbserie: "Bei uns sind einige Spieler, die haben den Professorentitel im Reden verdient. Im Spiel kommt dann aber nur ein solches Gekicke heraus."
Ein anderes Ding dieser Spielzeit ist immer noch legendär. Am ersten Spieltag der Saison trafen der FC Bayern München und Borussia Dortmund im Olympiastadion (2:2) aufeinander. Neu-Borusse Frank Mill machte ein großartiges Spiel an diesem Tag. Ihm gelang fast alles. Vielleicht war das auch der Grund, warum er in dieser Partie plötzlich etwas übermütig wurde. Alleine lief er auf das Bayern-Tor zu, hatte Pfaff schon ausgespielt und musste nur noch nach innen ziehen und das Leder im Kasten unterbringen. Doch dazu kam es nicht. Frank Mill erinnert sich: "Auf einmal lag der Ball genau zwischen meinen Beinen. Ich konnte ihn nicht mehr richtig kontrollieren. Pfaff kam wieder herangestürmt. Ich musste abschließen. Und so kam dieser Kunststoß zustande. Statt den Ball zu versenken, schoss ich ihn tatsächlich an den kurzen Pfosten. Unfassbar. Es war die Lachnummer schlechthin." Bis heute wurde die Szene unzählige Male im Fernsehen wiederholt. Die Reaktionen sind immer die gleichen. Weltweit. Der Dortmunder: "In der Winterpause war ich mit meiner Frau im Urlaub in San Francisco. Da lief eine Fernsehsendung mit sportlichen Kuriositäten, wie einer einen Basketballkorb abreißt und solche Sachen. Und plötzlich läuft da mein Klopper. Ich dachte, ich gucke nicht richtig!"
Zwischen Madonna und Maradona ist kein Unterschied
Medienmogul Hans R. Beierlein hatte seine Hände nach der Bundesliga ausgestreckt und schon genaue Pläne, was zu tun war: "Sehen Sie sich doch einmal diesen prachtvollen Toni Schumacher an! Der ist doch eine Figur, die regelrecht nach Entertainment schreit. Das ist nicht nur ein schlagfertiger Junge. Der hat auch Humor - und er ist ein Frauentyp. An den müsste einfach einer rangehen und etwas draus machen; nach dem Motto: Fußball ist Entertainment!" Der "Medien-Zar" wollte die Bundesliga zu einem angemessenen Preis verkaufen. Dazu musste er das Selbstverständnis der Liga allerdings erst einmal ändern: "Theater, Musik und Fußball - alles ist Show. Zwischen Madonna und Maradona ist kein Unterschied. Warum sollte man nicht aus einem Olaf Thon einen Ober-Thon oder einem Uwe Rahn einen Ober-Rahn machen. Die Jungs müssen professionell gemanagt werden, das fehlt dem Fußball."
Kuriosität der Saison: Vor der Bundesligapartie Borussia Dortmund gegen den Hamburger SV waren Unbekannte ins Westfalenstadion eingebrochen und hatten auf den Rasen den folgenden Satz geschrieben: "Boykottiert und sabotiert die Volkszählung". Unmöglich, den mit weißer Lackfarbe aufgetragenen Schriftzug bis zum Anpfiff noch zu entfernen. Man erwog eine Absage des Spiels. Bis Dortmundern Offiziellen ein genialer Einfall kam. Sofort engagierten sie einen Maler und machten sich an die Arbeit. Nach wenigen Stunden stand auf dem Rasen des Westfalenstadions der Satz: "Der Bundespräsident: Boykottiert und sabotiert die Volkszählung nicht."
Quelle: ntv.de