Redelings Nachspielzeit

Assauer, Spanferkel, Titelheld Kultstürmer Klaus "Boxer" Täuber ist tot

Klaus Täuber wurde nur 65 Jahre alt.

Klaus Täuber wurde nur 65 Jahre alt.

Auf Schalke hat sich der "Boxer" Klaus Täuber in den 80er Jahren einen Legendenstatus als Fußballer erspielt. Er war einer dieser echten Typen, die man heute so häufig auf dem grünen Rasen vermisst. Und als Stürmer schoss er sich einst fast in die deutsche Nationalmannschaft. Nun ist er mit 65 Jahren gestorben.

"Mein persönliches Saisonziel sind 15 Tore. Wenn ich die erziele, muss Assauer ein Spanferkelessen für die Mannschaft zahlen." Klaus Täuber war nach seinem fünften Treffer im fünften Spiel in der Saison 1984/85 richtig gut drauf. Die Wette mit dem jungen Nachwuchs-Manager Rudi Assauer hatte den Mann aus Erlangen offenbar noch zusätzlich angeheizt - wenn das bei einem Klaus Täuber überhaupt möglich war. Am Ende der Spielzeit hatte der "Boxer", wie ihn alle nur riefen, tatsächlich sogar 18 Treffer erzielt und sich zur Krönung seiner persönlich erfolgreichsten Saison in den Fokus von DFB-Teamchef Franz Beckenbauer gespielt.

Am heutigen Samstag ist Klaus Täuber im Alter von 65 Jahren gestorben. Von 1983 bis 1987 hatte er in insgesamt 138 Partien für den FC Schalke 04 gespielt - und sich in dieser Zeit den Status eines echten Publikumslieblings und einer königsblauen Legende erarbeitet. Wenn es nach Klaus Täuber gegangen wäre, hätte er den FC Schalke 04 nie verlassen. Doch auch diesen Liebesdienst verweigerte er seinem Herzensverein 1987 nicht, als der Klub ihn aus Geldsorgen nach Leverkusen ziehen lassen musste.

Trotz Muskelfaserriss zum UEFA-Cup-Titel

Den Spitznamen "Boxer" hatten sie Täuber verpasst, weil er erstens am gleichen Tag wie Muhammad Ali Geburtstag hatte und zweitens, weil er auch als Stürmer stets "körperbetont" (Täuber über Täuber) spielte. Aber wie konnte ein Mann, der seine Hunde Rocky und Rambo nannte, auf dem Platz auch handzahm agieren? Fritz Walter junior vom VfB Stuttgart klagte einst einmal über seinen härtesten Gegenspieler in der Bundesliga: "Gegen den Täuber war mein Stammplatz auf der Aschenbahn!" Den bekanntesten Spruch sagte der Mann aus Erlangen im Sommer 1988. Da hatte er gerade den entscheidenden Elfmeter zum UEFA-Cup-Gewinn von Bayer Leverkusen geschossen: "Heute sauf' ich, bis mir das Bier zu den Ohren rauskommt."

Dass Klaus Täuber damals überhaupt noch eingewechselt werden konnte, verdankte er seinem großen Ehrgeiz. Denn eigentlich hätte er mit seinem Muskelfaserriss an diesem Tag ausfallen müssen. Doch er wollte unbedingt dabei sein: "Trainer, auch wenn mein Bein gebrochen wäre, würde ich spielen!" Und so drehte er zusammen mit seinem ebenfalls eingewechselten Mitspieler Herbert Waas maßgeblich das Spiel gegen Espanyol Barcelona. Die Feier hinterher war unvergesslich!

Orientierungslos beim Waldlauf mit dem Trainer

Eine andere legendäre Anekdote erzählte Klaus Täuber ebenfalls immer wieder gerne. Unter Trainer Diethelm Ferner ("Täuber kann ein Spiel allein entscheiden!") dümpelte Schalke zum Beginn der Spielzeit 1983/84 gerade mal wieder in den Niederungen der 2. Liga herum. Ferner war maßlos enttäuscht und setzte zur Strafe im Trainingslager drei knüppelharte Einheiten pro Tag an. Vor allem der morgendliche Waldlauf um Punkt sieben kam bei den Spielern riesig an. Um Routine zu vermeiden, entschloss man sich wenigstens, jeden Tag aufs Neue eine andere Route für die schweißtreibenden Einheiten zu wählen. Und so trabte man gemächlich und geschlossen los. Und trabte und trabte und trabte, der eine etwas schneller, der andere etwas langsamer, und schon bald hatten sich drei, vier Grüppchen gebildet, die sich aus den Augen verloren.

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Klaus Täuber war damals etwas lauffaul und hielt sich deshalb - und um Kräfte zu sparen - an seinen in die Jahre gekommenen, ebenfalls nicht sonderlich fitten Trainer. Und so trabten die beiden locker zu zweit einsam durch den Wald. Mittlerweile war man schon über 50 Minuten unterwegs, hatte manche Steigung und nicht wenige Weggabelungen passiert, als Diethelm Ferner regungslos ohne das kleinste Anzeichen von Ironie fragte: "Klaus, du kennst doch den Weg, oder?!" Völlig entsetzt blickte Täuber seinem Trainer ins Gesicht und stammelte mit hochrotem Kopf nur ein einziges Wort: "Nein!" Ferner lief weiter, als wäre nichts gewesen. Ein paar Hundert Meter später stoppte er plötzlich, stemmte die Arme in die Hüften, schaute auf den Boden und sagte atemlos: "Ich leider auch nicht, Klaus!"

Als beide nach einer dreißig Kilometer langen Schleife über die Landstraße 743 gegen 12.30 Uhr mit allerletzter Kraft am Hotel ankamen, wurden sie von der Mannschaft bereits voller Sorge empfangen. Denn noch war die Katze nicht im Sack. Eine dreiköpfige Ausreißergruppe um Volker Abramczik hatte sich tief in den Wäldern des Sauerlandes verirrt. Erst die Aussendung des Mannschaftsbusses und einiger Privatfahrzeuge ermöglichte schließlich die glückliche Rettung der drei Kameraden. Völlig ausgepumpt und ausgedörrt wie ein Kamel in der Wüstensteppe hingen die blassen Schalker über einer Leitplanke.

Ab Mittwoch das Rauchen eingeschränkt

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Warum Klaus "Boxer" Täuber damals konditionell ein wenig in den Seilen hing, erzählte er einmal in einem anderen Zusammenhang. Frei von der Leber weg berichtete er, dass für ihn früher die Vorbereitung auf ein Bundesligaspiel am Wochenende zumeist schon am Mittwoch angefangen habe. Denn da hätte er begonnen, ganz intensiv zu probieren, nur noch die Hälfte zu rauchen. Das Laster verfolgte den ehemaligen Profi schon seit den Anfängen seiner Karriere. Als junger Spieler beim 1. FC Nürnberg stand er einmal im Winter draußen auf dem Balkon des Spieltaghotels und rauchte. Als er seinen gestrengen Trainer Horst Buhtz im Augenwinkel aus dem Eingang kommen sah, schmiss er nicht etwa seine Zigarette auf den Boden, sondern schwang sich mit der Kippe im Mund über die Reling seines eigentlich ebenerdigen Balkons und landete ein Stockwerk tiefer in einem eiskalten und teilweise zugefrorenen Teich. Oberhalb des Grabens hörte Täuber seinen Trainer Horst Buhtz verzweifelt rufen: "Klaus, wo bist du denn?"

Klaus Täuber war eben kein Kind von Traurigkeit. Nach einem Spiel seines S04 gegen den 1. FC Nürnberg sollte am nächsten Morgen einmal eine Freundschaftsbegegnung in der fränkischen Umgebung stattfinden. Allerdings ohne die Stammspieler wie Klaus Täuber. Als der beinharte Schalker nach einer durchzechten Nacht jedoch direkt zum Frühstücksbuffet ins Hotel torkelte, platzte Rolf Schafstall der Kragen. Drei Stunden später stand Klaus Täuber auf staubiger Asche und musste mit ansehen, wie sein Körper willenlos vom unterklassigen Gegner durch die Gegend geschüttelt wurde. "Das waren die härtesten neunzig Minuten meines Lebens. Ich glaube, ich habe nicht einmal den Ball gesehen!"

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All diese Geschichten und Anekdoten erzählte Klaus Täuber gerne, wenn er zusammen mit Fußballfans Abende verbrachte. Seine Publikumsnähe war immer offen und ehrlich, nie gespielt. Deshalb liebten ihn die Anhänger des FC Schalke 04. Und er liebte Schalke! 2018 erzählte Täuber bei einem Abend auf Schalke, dass er 1983 als Zuschauer im Parkstadion gewesen sei. Danach stand für ihn fest, dass er eines Tages im Trikot der Königsblauen spielen wolle: "Da habe ich so viele Emotionen, so viele Menschen weinen gesehen. Das muss geil sein, mit solchen Fans im Rücken zu spielen, habe ich gedacht."

Heute ist Klaus Täuber im Alter von 65 Jahren gestorben. Danke für alles, Boxer, und Glück auf!

Quelle: ntv.de

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