"Es ist schwer, richtig zu reagieren" DFB liefert keine Antwort auf Rassismus
20.08.2013, 12:45 Uhr
Die "Löwen" haben sich immer wieder deutlich gegen rechtes Gedankengut positioniert. Im Fall de Costa strebt der Verein ein Stadionverbot gegen einen der rassistischen Pöbler an.
(Foto: imago sportfotodienst)
In München beschimpfen einige Fans den dunkelhäutigen Fußballer Danny da Costa als "schwarzes Schwein". Der Referee unterbricht das Spiel, der Verein entschuldigt sich. Aber der Fall da Costa zeigt: Wenn es um Rassismus im Stadion geht, herrscht Unsicherheit auf allen Seiten. Die Opfer stehen meist einsam da.
Kurz vor dem Ende des Zweitliga-Spiels Ingolstadt gegen 1860 München hatte Danny da Costa genug gehört. "Nigger" hatten einige Fans von 1860 ihm zugerufen, "Schwarzes Schwein", Affenlaute ertönten. Da Costa ging zu Schiedsrichter Florian Meyer, machte ihn auf die Beschimpfungen aufmerksam. Meyer unterbrach das Spiel in der 89. Minute, veranlasste eine Durchsage. Bei 1860 habe Rechtsradikalismus keinen Platz, sagte der Stadionsprecher. Das Spiel ging weiter, kurz darauf war Schluss. Aber die Diskussionen gingen erst richtig los.
Da Costa selbst sagte zunächst nichts, sein Ingolstädter Mitspieler Ralph Gunesch machte den Vorfall öffentlich. Auf seinem Facebook-Account bescheinigte er den Fans den "IQ eines Toastbrotes". "Ich bin ihm dankbar", sagte da Costa zu dieser Aktion. "Aber ob ich es selbst gemacht hätte? Ich weiß es nicht." Die Unentschlossenheit da Costas zeigt das große Dilemma: Letztlich ist es für den betroffenen Spieler oft eine einsame Entscheidung, wie er mit den Beleidigungen umgeht. Nach dem Spiel, aber auch schon auf dem Spielfeld.
"Schwer, die richtige Reaktion zu finden"

Richard Sukuta-Pasu spielt in dieser Saison für den VfL Bochum in der 2. Fußball-Bundesliga.
(Foto: dpa)
Einer der weiß, wie sich so eine Situation anfühlt, ist Richard Sukuta-Pasu vom Vfl Bochum. Wie Danny da Costa ist er in Deutschland geboren, spielte für Deutschland in Nachwuchs-Nationalmannschaften - und er ist dunkelhäutig. In der vergangenen Saison spielte er für Sturm Graz in Ried. "Schon während des Spiels musste ich mir rassistische Sprüche anhören", erzählt er n-tv.de. Kurz vor Schluss erzielte der Stürmer das entscheidende 2:1 für Graz. "Dann ist es komplett eskaliert, einige Fans haben Affenleute gemacht und mich rassistisch beleidigt." Sukuta-Pasu war sauer, beschwerte sich beim Schiedsrichter – und bekam Gelb. "Er meinte, er könne den Fans keine Gelbe Karte geben, also gibt er lieber mir eine." Sukuta-Pasu ging wütend Richtung Spielfeldrand, doch Mitspieler und Trainer sagten, er solle auf dem Platz bleiben.
Man kann sich vorstellen, welcher Druck auf den betroffenen Spielern lastet. Eine hart erkämpfte Führung kurz vor Schluss, wer will da schon einen Spielabbruch provozieren - mit ungewissem Ausgang für die eigene Mannschaft? Sukuta-Pasu weiß immer noch nicht, was in so einer Situation zu tun ist: "Jedem, der sowas abbekommt, tut es weh. Damit umzugehen, ist schwer, deswegen ist es auch schwer, die passende Reaktion zu finden."
Kein automatischer Spielabbruch
Der Deutsche Fußball-Bund verweist auf Anfrage auf "denkbare Maßnahmen": Der Schiedsrichter kann – wie Florian Meyer es getan hat – eine Durchsage veranlassen. Danach könne er die Mannschaften auffordern, das Spielfeld zu verlassen, und einen Spielabbruch androhen. Hören die rassistischen Rufe nicht auf, sei der Spielabbruch "in Erwägung zu ziehen" – allerdings erst nach Rücksprache mit den Sicherheitsverantwortlichen des Heimvereins. Diese DFB-Weisung macht wieder einen Menschen zum einsamen Entscheider: den Schiedsrichter.
Auch der Druck auf den Referee ist groß, er müsste seinen Schritt rechtfertigen: vor den Zuschauern, von denen sich nur ein paar wenige danebenbenommen haben, vor den Verantwortlichen der Teams, vor den Spielern. Florian Meyer hat in München das Richtige getan, als er die Stadiondurchsage veranlasst hat. Allerdings sagte Danny da Costa, es danach sei "besser geworden". Also hat es nicht aufgehört. Erst der Schlusspfiff erlöste alle Beteiligten.
Einfach nur Fußball spielen
Der Kontrollausschuss des DFB ermittelt nun gegen 1860 München. Der Anti-Diskriminierungsbeauftragte des DFB, Gunter A. Pilz, lobt, das "vieles vorbildlich" gelaufen sei. Allerdings reiche es nicht, wenn der angegriffene Spieler selbst reagiert. Werde ein Spieler diskriminiert, "dürfen wir ihn nie alleine stehen lassen". Danny da Costa bekam die Unterstützung seiner Mitspieler. 1860 München hat sich bei ihm entschuldigt, der Verein hat bereits ein Stadionverbot gegen einen Fan eingeleitet.
Da Costa will auch keine große Sache daraus machen: "Wir haben das Problem in Deutschland im Griff. Wenn einige Vollidioten aus der Reihe tanzen, kann man nichts dagegen machen." Auch Sukuta-Pasu glaubt nicht, dass die Vereine noch mehr tun können: "Man kann nicht alle Menschen kontrollieren, die ins Stadion gehen. Zumal oft Alkohol im Spiel ist." Die Fußballer wollen also einfach spielen – ohne sich unwohl zu fühlen. Der DFB überlässt es aber den Spielern und den Schiedsrichtern, wann es zu viel wird.
Quelle: ntv.de, mit dpa/sid