Fußball

Günter Eichberg zum Gedenken Der Sonnenkönig der Bundesliga ist tot

Er thronte im Gelsenkirchener Parkstadion: "Sonnenkönig" Günter Eichberg.

Er thronte im Gelsenkirchener Parkstadion: "Sonnenkönig" Günter Eichberg.

(Foto: imago/Rust)

Am Wochenende ist Günter Eichberg gestorben. Der Ex-Präsident von Schalke 04 zählt zu den schillerndsten Figuren, die es in Fußball-Deutschland je gegeben hat. Seine legendären Geschichten haben ihm auf Schalke nicht nur Freunde gebracht.

Ich hatte niemals mit so etwas gerechnet. Die Worte von Günter Eichberg hallten nach unserem gemeinsam Abend noch lange Zeit in meinen Ohren nach. Und erst einige Wochen später verstand ich seinen Satz überhaupt erst richtig. Es war im Frühjahr 2009. Über einen Freund hatte ich schon länger den Wunsch geäußert, einen Abend mit Günter Eichberg ausrichten zu wollen. Der Schalker "Sonnenkönig" ist eine der schillerndsten Figuren, die es im Fußball-Deutschland je gegeben hat. Der Freund kannte Eichbergs Sohn und übermittelte die Idee. Keine zwei Monate später saßen wir vor ausverkauftem Haus gemeinsam auf der Bühne - und Eichberg brillierte. Es war ein Abend voller Nostalgie mit ganz vielen Anekdoten und Erinnerungen.

Unmittelbar vor der Veranstaltung hatte mir Günter Eichberg noch ins Ohr geflüstert, dass er schon ein wenig nervös sei. Das wäre ungewöhnlich für ihn, meinte er, aber er wisse immer noch nicht genau, ob die Sache von damals endgültig vorbei sei. Die "Sache von damals" sprach er an diesem Abend noch konkret an. Es war die Nacht, als der FC Schalke 04 in Mailand den Europapokal holte. Am Nachmittag des 21. Mai 1997 musste Günter Eichberg noch vor Anhängern der Königsblauen flüchten. Sie hatten ihn bereits mit ersten Schlägen erwischt, als TV-Kommentator Reinhold Beckmann die Szenerie richtig einschätzte und beherzt dazwischen ging. Eichberg hat diese schlimmen Minuten von Mailand nie vergessen.

Es war still im Raum, als er über die Ereignisse von damals erzählte. Seitdem habe er größere Ansammlungen von Schalkern gemieden, berichtete er, und jeder im Saal spürte die seelischen Verletzungen, die Eichberg seit diesem Tag mit sich herumgetragen haben musste.

Ein Günter Eichberg kommt noch an

Der Abend verging wie im Flug. Hinterher, beim Getränk danach, sagte Günter Eichberg dann diesen einen Satz, der mich damals zuerst verwirrte und zwei Monate später erstaunen ließ. Der frühere Präsident des FC Schalke 04 meinte, von sich in der dritten Person sprechend: "Ein Günter Eichberg wollte schauen, ob er bei seinem Publikum noch ankomme." Was für eine Aussage!

Zwei Monate danach las ich dann in der Zeitung, Günter Eichberg wolle sich um das Amt des Präsidenten bei Arminia Bielefeld bewerben. Mit im Boot habe er auch noch einen gewissen Rudi Assauer. Der wolle zwar kein offizielles Amt bekleiden, stünde aber stets mit Rat und Tat zur Seite. Ich musste wieder an den Satz denken, den er nur wenige Wochen zuvor zu mir gesagt hatte. Das Fazit unseres gemeinsamen Abends war offensichtlich gewesen: Ein Günter Eichberg kommt sehr wohl noch bei seinem Publikum an. Und mit dieser Feststellung lag er komplett richtig.

Vom 16. Januar 1989 bis zum 17. Oktober 1993 war Eichberg Präsident auf Schalke.

Vom 16. Januar 1989 bis zum 17. Oktober 1993 war Eichberg Präsident auf Schalke.

(Foto: imago/Passage)

An diesem Abend erzählte der ehemalige "Sonnenkönig" natürlich auch seine bekannteste Geschichte auf Schalke. Es ist die Story vom Tage der Kuzorra-Beerdigung. Günter Eichberg erzählte sie so emotional wie kein Zweiter - denn auch damals glaubte er noch, er müsse ein paar Dinge richtigstellen: "Ich gehe davon aus, dass das, was ich erzähle, nichts ändern wird an dem, was bis heute in der Welt steht und was Humbug ist - völlig verkehrt. Aber das muss es vielleicht auch nicht. Also, damals ist Folgendes passiert: Ich hatte mit Ernst als junger Präsident von Anfang an ein Vater-Sohn-Verhältnis, das von Charly Neumann, der ihm schon immer sehr nahe stand, sehr gefördert wurde. Er hat mir geholfen, zu Ernst Kuzorra ein persönliches Verhältnis aufzubauen, denn ich konnte damals schon ermessen, was er für Schalke bedeutete."

Ernst Kuzorra wurde zweimal beerdigt

"Und dann bin ich irgendwann in den Ferien gewesen, auf den Bahamas, glaube ich", erzählte Eichberg weiter. "Da kam meine Tochter, die damals gerade lesen konnte, mit der 'Bild'-Zeitung und sagte: 'Papa, Ernest is died.' Da musste ich jetzt sehen, dass ich in drei Tagen von meinem Urlaubsort, der ja nun am anderen Ende der Welt lag, nach Gelsenkirchen kam. Und da habe ich wegen eines Verkehrsstaus einen Flieger verpasst. Als ich dann schließlich in Gelsenkirchen ankam - nachdem ich einmal um die halbe Welt geflogen war -, saßen die alle schon im Rathaus, im Festsaal, bei Kaffee und Kuchen, und Ernst war bereits in der Kuhle."

"Da sind die von der Presse sofort über mich hergefallen und haben gemeint: Wenn Ernst Kuzorra stirbt, und der Präsident von Schalke ist nicht dabei, das kann nicht wahr sein. Die haben mir auch noch weisgemacht, das wäre für die Geschichtsfindung offenbar von sensationeller Bedeutung. Da habe ich gesagt, wenn ihr den Oberbürgermeister und meinen Vizepräsidenten überredet, dann gehen wir ans Grab und stellen uns nur davor - wir machen überhaupt nichts. Charly Neumann war übrigens auch noch mit dabei. Dann könnt ihr ein Foto machen und es demnächst - wegen dieser Geschichtsfindungssache natürlich - in irgendeinem Archiv aufbewahren. Das war alles, was passiert ist!"

Weiter schilderte Eichberg: "Die Jungs von der 'Bild'-Zeitung, die da eine halbe Stunde oder länger um mich herum geschwirrt waren und die mich zu diesem Blödsinn veranlassen wollten, die haben am anderen Tag natürlich nichts anderes zu tun gehabt, als zu schreiben: 'Ernst Kuzorra wurde zweimal beerdigt.' Dann haben die in dem Text, der darauf folgte, noch geschrieben: Wir hätten den ausgebuddelt, noch einmal hoch gehoben und runterfallen lassen. Ich schwöre: Wir haben uns nur dahingestellt, es wurde ein Foto gemacht, und das war es."

"Jetzt kann man darüber streiten, ob das pietätvoll war, dass man sich für die Zurschaustellung für eine Zeitung in dieser Form hergibt. Aber offenbar ist die Zeit ja darüber hinweggegangen, und die Leute sehen es heute eher lustig als unanständig. Denn an sich gehört sich das natürlich nicht, so etwas zu machen. Ich würde es auch nicht noch mal tun."

Am Wochenende ist Günter Eichberg im Alter von 72 Jahren gestorben. Mach's gut, Sonnenkönig, und: Glück auf!

Quelle: ntv.de

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