Trotzreaktion nach CL-Blamage Dortmund antwortet meisterlich
23.10.2011, 13:23 Uhr
Das fünfte Tor erzielte BVB-Kapitän Sebastian Kehl, nach einem Traumanspiel von Jakub B?aszczykowski.
(Foto: dpa)
Für die Champions League ist Meister Borussia Dortmund zu gün, national läuft es rund: Gegen den 1. FC Köln, der als perfekter Aufbaugegner nach sieben Minuten jede Gegenwehr einstellt, feiert der BVB den dritten Zu-Null-Sieg in Serie. Köln verliert nicht nur Punkte, sondern auch Adel Chihi.
Im Europacup ein Wackelkandidat, in der Liga-Spitze eine feste Größe: Drei Tage nach der Champions-League-Pleite in Piräus zeigte Borussia Dortmund eine beeindruckende Trotzreaktion, die einige Experten überraschte, aber Trainer Jürgen Klopp bestätigte. "Wer den Charakter der Mannschaft jemals infrage gestellt hat, der hat nicht alle Latten auf dem Zaun", sagte der Coach des deutschen Meisters nach der 5:0 (3:0)-Gala im traditionsreichen Westduell gegen den völlig überforderten 1. FC Köln.
Die Fähigkeit zur Selbstkritik seiner Mannschaft sei zudem außergewöhnlich. "Ich mag es nicht, wenn eine Niederlage das nächste Spiel beeinflusst", sagte der 43-Jährige im Rückblick auf die 1:3-Blamage am vergangenen Mittwoch in der Champions League in Griechenland, der teilweise vernichtende Kritiken folgten. Klopp stellt sich weiterhin demonstrativ vor sein Team und wurde belohnt: "Eine solche Niederlage wie in Piräus macht die Jungs nicht zu schlechteren Menschen oder Fußballern."
Kombinationen wie im Meisterjahr
Und das zeigte der BVB in einer Vorstellung, die ihn nach dem vierten Sieg in Folge auf den zweiten Tabellenplatz hievte. Die Borussen zeigten die angekündigte Wiedergutmachung und folgten der Vorgabe ihres Trainers: "Wir wollten dem Gegner von Beginn an zeigen, dass es hier nichts zu holen gibt und dass Müdigkeit kein Thema ist."
Gesagt, getan: Die Westfalen kombinierten wie in besten Tagen der glorreichen vergangenen Saison und stellten durch Tore von Shinji Kagawa (7.), den ersten Treffer von Marcel Schmelzer in seinem 79. Bundesliga-Spiel (25.) und Robert Lewandowski (44.) schon vor der Halbzeit die Weichen auf Sieg. Mit Saisontor Nummer sieben von Lewandowski (50.) und dem finalen Treffer von Sebastian Kehl (66.) belohnte sich der BVB und bestrafte den wehr- und leblosen Aufbaugegner aus Köln für eine unterirdische Vorstellung.
Wie auf der Playstation
Eine so einseitige Partie habe er allenfalls auf seiner Playstation erlebt, sagte Neven Subotic. "Wir haben uns den Mist am Mittwoch selbst eingebrockt und wollten eine Reaktion zeigen", bestätigte Kehl, dessen fünfjähriger Sohn schon vor dem Spiel endlich mal wieder ein Tor von seinem Vater gefordert hatte. Die zwei Gesichter der Borussia im Europacup und in der Bundesliga kann sich auch der Kapitän nicht erklären.
"Wir haben bewiesen, dass wir keine Versager sind, sondern Menschen, die auch mal einen schlechten Tag haben können", sagte Schmelzer, der mit seinem ersten Liga-Tor - mit dem schwächeren rechten Fuß in den Torwinkel - seinen gesamten Frust aus Niederlagen und verletzungsbedingten Rückschlägen "herausgeschossen" hatte.
Seine Mannschaft sei auf dem Weg, sich zu finden, müsse sich aber in dieser Saison mit der neuen Wahrnehmung als deutscher Meister auseinandersetzen - und mit dem Drei-Tage-Rhythmus. Denn schon am Dienstag steht das Zweitrundenspiel im DFB-Pokal gegen Dynamo Dresden auf dem Programm.
"Wir haben kollektiv versagt"

"Wir haben so schlecht gespielt." Kölns Trainer Stale Solbakken sah nichts Gutes in Dortmund.
(Foto: AP)
Die Ruhe, mit der er in Dortmund arbeiten könne, wünschte Klopp auch seinem Kölner Kollegen Stale Solbakken. Der Norweger schaute nach dem Spiel auf die Statistik. "Wir haben 55 Prozent Zweikämpfe gewonnen? Ich glaube, das ist ein Fehler. Wir haben so schlecht gespielt. Nach dem zweiten Gegentreffer haben wir den Glauben verloren, noch ein gutes Ergebnis erzielen zu können", resümierte Solbakken, und Lukas Podolski wetterte: "Wir haben kollektiv versagt, von vorn bis hinten. Das waren heute fünf Klassen Unterschied."
Dass der erste Torschuss für einen FC ohne Einstellung und Führungsspieler erst in der 86. Minute durch Podolski registriert wurde, passte zu einer Leistung, die nicht erstligatauglich war. Die Note eins verdienten sich allenfalls die FC-Fans, die das Debakel mit Galgenhumor ertrugen und bis zum Schluss lautstark einen "Auswärtssieg" forderten.
Quelle: ntv.de, Günter Bork, sid