Fußball

"Es gibt keine Entschuldigung" Erschütterndes Zeugnis für Englands Fußball

Barry Bennell ist eines der Gesichter des Missbrauchs im englischen Fußball.

Barry Bennell ist eines der Gesichter des Missbrauchs im englischen Fußball.

(Foto: AP)

Der englische Fußballverband FA wird 2016 von einem Kindesmissbrauchsskandal hart getroffen. Eine von der FA in Auftrag gegebene Untersuchung kommt zu dem Schluss: Der Verband hat selbst das Feld bereitet, dass es zu Misshandlungen junger Sportler kommen konnte.

Der englische Fußballverband hat zu wenig unternommen, um Kindesmissbrauch im englischen Fußball zu verhindern. Zu diesem Ergebnis kam eine unabhängige Untersuchung. Die FA habe den Schutz von Kindern lange nicht ernst genommen und viel zu langsam gehandelt, hieß es in dem mehr als 700 Seiten starken Bericht. "Dies sind erhebliche institutionelle Mängel, für die es keine Entschuldigung gibt." Nach der Verurteilung mehrerer Täter im Jahr 1995 habe der Verband erst mit fünfjähriger Verzögerung Maßnahmen eingeführt, um Kinder in Fußballvereinen zu schützen.

"Der Schutz von Kindern wurde in der FA nicht als dringende Priorität angesehen", schrieb Clive Sheldon, der Autor des Berichts. Obendrein habe der Verband Kinder in Gefahr gebracht, weil es versäumt wurde, bekannte Serientäter für immer aus dem Fußball zu verbannen. Beweise für eine angebliche Verschwörung oder Vertuschung durch die FA gab es laut Sheldon allerdings nicht.

Die Untersuchung hatte die FA 2016 selbst in Auftrag gegeben, nachdem zahlreiche ehemalige Missbrauchsopfer mit ihren Vorwürfen an die Öffentlichkeit gegangen waren. Die Ermittlungen gegen den vorbestraften ehemaligen Jugendtrainer Barry Bennell hatten Ende 2016 den Missbrauchsskandal im englischen Fußball ans Licht gebracht. Nachdem Ex-Profi Andy Woodward seinem früheren Jugendtrainer Bennell öffentlich vorgeworfen hatte, ihn missbraucht zu haben, brachen Dutzende weitere Opfer ihr zum Teil jahrzehntelanges Schweigen.

"Teufel in Menschengestalt"

Bennell wurde 2018 wegen Missbrauchs von schutzbefohlenen Jungen zu 30 Jahren Gefängnis verurteilt. Die Geschworenen hatten den 64-jährigen Angeklagten vorher in insgesamt 43 Fällen wegen Kindesmissbrauchs zwischen 1979 und 1991 schuldig gesprochen.

"Sie waren der Teufel in Menschengestalt. Sie haben ihnen die Jugend und ihre Unschuld geraubt, um ihre eigene Perversion zu befriedigen", sagte Richter Clement Goldstone bei der Urteilsverkündung zu dem Angeklagten. Der Richter führte aus, dass Bennell die Fußballbegeisterung vieler seiner Schüler zerstört und sie in Depressionen, Alkoholismus und Selbstmordgedanken gestürzt habe.

Bennell hatte als Jugendtrainer bei Manchester City, Stoke City, Crewe Alexandra und mehreren weiteren Mannschaften im Nordwesten Englands gearbeitet. Wegen der Vergewaltigung eines Jungen in Florida im Jahr 1994 war er bereits zu vier Jahren Haft verurteilt worden. Wegen 23 Übergriffen auf sechs Jungen in England 1996 wurde eine neunjährige Gefängnisstrafe gegen ihn verhängt. Seine dritte Haftstrafe trat Bennell 2015 wegen des Missbrauchs eines Jungen während eines Trainingscamps im Nordwesten Englands im Jahr 1980 an.

Vereine, bei denen es zwischen 1970 und 2005 Fälle von Missbrauch gegeben haben soll, sind Manchester City, der FC Southampton, Stoke City und der für seine Nachwuchsförderung bekannte Klub Crewe Alexandra. Manchester City hatte bereits 2019 angekündigt, mehrere Millionen Euro Entschädigung für Opfer von sexuellem Missbrauch durch Klub-Offizielle zu bezahlen. Laut der BBC habe der Klub bei einer internen Untersuchung der Vorfälle ab dem Jahr 1964 bis in die Gegenwart 40 Personen identifiziert, die eine Entschädigung erhalten sollen. Für die schlimmsten Missbrauchsfälle wollte City den Opfern sechsstellige Summen zahlen. Zudem soll es persönliche Entschuldigungen vonseiten der Klubführung geben. "Der Klub ist in Gedanken bei den Opfern dieser unvorstellbaren und traumatischen Erlebnisse", hieß es in einer Klubmitteilung.

Quelle: ntv.de, ter/dpa

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