Heimpleite im Länderspiel-Klassiker Frankreich ernüchtert DFB-Team
29.02.2012, 22:58 Uhr
Die deutsche Abwehr agierte phasenweise vogelwild. Florent Malouda sagte einmal Danke.
(Foto: dpa)
Der Start ins EM-Jahr, er missglückt der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gehörig: Gegen effiziente Franzosen fehlt die Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor und die Balance zwischen Angriff und Abwehr. Das DFB-Team kombiniert zwar offensiv gefällig, verteidigt aber viel zu leichtfertig - und verdient sich 100 Tage vor dem Beginn der Mission Titelgewinn eine Heimniederlage.

Bundestrainer Joachim Löw dürfte in Bremen einige Dinge gesehen haben, an denen er mit seinem Team arbeiten kann.
(Foto: dpa)
Die Titeljäger von Bundestrainer Joachim Löw haben einen kräftigen Schuss vor den Bug erhalten. Ohne ein halbes Dutzend Stammkräfte unterlag die deutsche Nationalmannschaft beim Start in EM-Jahr gegen Frankreich mit 1:2 (0:1) und wartet weiter auf den ersten Sieg gegen den wiedererstarkten Ex-Weltmeister seit 25 Jahren. Olivier Giroud (21.) und Florent Malouda (69.) erzielten in Bremen die Tore für die jetzt 18 Mal ungeschlagene "Equipe tricolore" und dämpften 100 Tage vor dem EM-Start die große Euphorie um Mesut Özil und Co. Das erste deutsche Länderspieltor gegen Frankreich seit 22 Jahren durch den eingewechselten Cacau (91.) war zu wenig.
Tore: 0:1 Giroud (21.), 0:2 Malouda (69.), 1:2 Cacau (90.+1)
Deutschland: Wiese - Boateng, Hummels, Badstuber (46. Höwedes), Aogo - Khedira (70. Bender), Kroos - Reus (70. Cacau), Özil, Schürrle (45. Müller) - Klose (46. Gomez)
Frankreich: Lloris - Debuchy, Rami, Mexes, Abidal - M´Vila (62. Malouda), Cabaye (62. Alou Diarra) - Nasri, Valbuena (68. Amalfitano), Ribery (46. Menez) - Giroud (76. Saha)
Referee: Tagliavento (Italien)
Zuschauer: 37.800
"Man ärgert sich schon, wie wir das Spiel verloren haben. In der zweiten Halbzeit haben wir nicht mehr zu unserem Spiel gefunden, von daher ist das 1:2 verdient", kommentierte Löw die 90 Minuten. Gerade in der Defensive müsse man noch "einiges tun". "Man darf das Spiel nicht überbewerten, aber wir müssen uns schon fragen, warum wir so leichtfertig gespielt haben. Das war ein bisschen undiszipliniert", ärgerte sich der eingewechselte Thomas Müller über die erste deutsche Länderspiel-Niederlage seit dem 1:2 gegen Australien im März 2011. Abwehrspieler Mats Hummels beklagte die fehlende "Balance" im Team.
Löw setzte trotz der prominenten Ausfälle von Leistungsträgern wie Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger oder Lukas Podolski seine Experimente fort, doch ohne die Etablierten konnte die DFB-Auswahl nicht an die Fußball-Gala beim 3:0 gegen die Niederlande im November vorigen Jahres anknüpfen. Gegen die taktisch hervorragend eingestellten "Bleus" kamen die Deutschen lange Zeit nicht recht auf Touren, auch wenn das Bemühen um Spaßfußball unverkennbar war.
Reus unglücklich, Klose kämpferisch
Auch Marco Reus, dem Löw als Belohnung für seine starken Leistungen in Mönchengladbach im rechten Mittelfeld den Vorzug vor WM-Torschützenkönig Thomas Müller gegeben hatte, fand keine rechte Bindung zum Spiel. Für Andre Schürrle auf der linken Seite war die Partie schon kurz vor der Halbzeit beendet. Dann musste der Leverkusener nach einem Foul von Mathieu Debuchy mit einer Knorpelverletzung an der Nase vom Feld. Seinen Platz im Team nahm Müller ein. Auch für Franck Ribéry dauerte die Begegnung nur 45 Minuten, dann musste der nach einem Zusammenprall mit Reus früh gehandicapte Bayern-Star seinen Platz räumen.

Olivier Giroud traf in der 21. Minute zum 1:0 für Frankreich. Es folgte noch ein Tor der Gäste, aber nur noch eins der Gastgeber.
(Foto: AP)
In der Spielzentrale war Özil zwar stets anspielbar, fand aber für seine Pässe nicht immer den richtigen Abnehmer. Als echter Kapitän erwies sich in seinem 114. Länderspiel Miroslav Klose. Der Wahl-Römer holte sich bei seinem 45-minütigen Einsatz die Bälle schon in der Hälfte des Gegners und gab auf dem Spielfeld lautstarke Anweisungen, im Abschluss war er aber glücklos. Zwei Mal verhinderte Frankreichs Torwart Hugo Lloris das 64. Länderspiel-Tor des 33-Jährigen. Auf der Gegenseite bot der Bremer Tim Wiese in seinem Heimspiel eine tadellose Leistung - und ging dennoch auch in seinem sechsten Länderspiel nicht als Sieger vom Platz.
Grün bringt kein Glück
Erstmals seit dem 1:5 gegen England im September 2001 lief die DFB-Elf zu Hause wieder in Grün auf, und wie damals erwies sich die Farbe auch beim letzten Test vor der Nominierung des EM-Aufgebots nicht als Glücksbringer. Mit viel Tempo versuchte Löws Auswahl zwar sofort das Heft in die Hand zu nehmen, die erste Chance des Spiels eröffnete sich allerdings den Gästen. Beim Kopfball von Yohan Cabaye (16.) tauchte Wiese aber reaktionsschnell nach unten und verhinderte das drohende 0:1. Fünf Minuten später konnte auch der Werder-Keeper den Rückstand durch Giroud nicht verhindern. Der zögernde Dennis Aogo hatte Debuchy ungehindert flanken lassen.
Ein Beispiel ihrer spielerischen Klasse lieferte die deutsche Elf in der 11. Minute bei einer schnellen Kombination zwischen Sami Khedira, Özil und Klose. Doch davon bekamen die Fans im Weserstadion vor der Pause nur wenige Kostproben zu sehen. Erst in der Schlussphase der ersten Halbzeit kam mehr Zug in die Aktionen der Hausherren. In der 33. Minute vergab der emsige Klose frei vor Frankreichs Keeper Lloris das 1:1, 60 Sekunden später verhinderte der Pfosten beim Kopfball von Holger Badstuber den möglichen Ausgleich. Vier Minuten vor der Pause vereitelte Lloris mit der nächsten Rettungstat erneut einen Klose-Treffer.
Nach der Pause rückte Mario Gomez auf Kloses Position. Benedikt Höwedes ersetzte an seinem 24. Geburtstag den angeschlagenen Badstuber. Die technisch beschlagenen Franzosen zeigten weiter das effizientere Offensivspiel, während sich bei den Deutschen die Ungenauigkeiten häuften. In der 58. Minute verhinderte Wiese beim Schuss von Giroud einen weiteren Gegentreffer, wenig später vergab Mathieu Valbuena freistehend die mögliche Entscheidung (63.). Doch mit dem 0:2 durch den eingewechselten Malouda war die erste deutsche Länderspiel-Niederlage seit dem 1:2 gegen Australien im März 2011 endgültig besiegelt.
Quelle: ntv.de, dpa