Fußball

Erneute Kandidatur "Witz des Jahres" Hoeneß erneuert Blatter-Kritik

Chef-Aussitzer: Joseph Blatter, Fifa-Präsident.

Chef-Aussitzer: Joseph Blatter, Fifa-Präsident.

(Foto: AP)

Fifa-Präsident Joseph Blatter denkt gar nicht daran, seinen Thron zu räumen. Der umstrittene Schweizer wird von der Spezialdemokratie Sport weiter gestützt. Öffentliche Kritiker wie Bayern-Präsident Uli Hoeneß sind rar, sie äußern sich dafür umso deutlicher - und bekommen von der Fifa mangelnde Intelligenz bescheinigt. Aber auch an Blatter gibt es interne Kritik.

Chef-Kritiker: Uli Hoeneß, Bayern-Boss.

Chef-Kritiker: Uli Hoeneß, Bayern-Boss.

(Foto: dpa)

Für Uli Hoeneß ist ein Neuanfang beim Fußball-Weltverband Fifa nur ohne Joseph Blatter möglich. Der Präsident des FC Bayern München kann sich nicht vorstellen, dass der 76-jährige Schweizer seine bis 2015 geplante Amtszeit übersteht - "geschweige denn, was er vorhat - noch mal zu kandidieren. Das wäre der Witz des Jahres!" So deutlich äußerte sich bislang niemand im deutschen Fußball: Die Reaktionen auf Blatters Auftritt bei und nach der Exekutivkomitee-Sitzung in Zürich schwanken ansonsten zwischen Defensive und Diplomatie.

Der Fifa-Chef hat aus seiner Sicht einen Befreiungsschlag im Schmiergeldskandal gelandet. Voller "Enthusiasmus" sei er, sagte er am Dienstag nach der Verabschiedung des Ethikkodexes und der Besetzung der beiden Kammern der neuen Ethikkommission, und sprach von einem "historischen Tag" im Reformprozess. Rücktritt ist für den "Sonnenkönig" kein Thema. Im Führungsgremium des Weltverbandes, das bestätigte auch das deutsche Mitglied Theo Zwanziger, sei eine mögliche Demission Blatters nicht einmal diskutiert worden.

Keine Wette auf Blatter-Rücktritt

"Es sieht nicht gut für ihn aus", sagte hingegen Hoeneß Stunden später am Rande einer Spendenübergabe in München und nahm kein Blatt vor den Mund. "Das, was er da vorgestellt hat, ist ja nicht mal das Papier wert, worauf es geschrieben ist", meinte der langjährige Manager des deutschen Rekordmeisters. Hoeneß ist einer der größten öffentlichen Kritiker des Weltverbandspräsidenten - und einer der wenigen. Dass er bei seinem 60. Geburtstag im Januar auf einen Rauswurf Blatters gewettet habe, das bestritt er allerdings.

Reformator oder rücksichtsloser Regent? Ligapräsident Reinhard Rauball bleibt bei seiner Rücktrittsforderung, die er Blatter vergangene Woche telefonisch selbst übermittelt hatte. Der frühere DFB-Präsident Zwanziger lobt Blatter indes als "treibende Kraft" im Reformprozess - "so paradox dies auch klingen mag". Es sei oftmals gar nicht so leicht gewesen, die notwendigen Mehrheiten im Exekutivkomitee zu erhalten.

Verbände kuschen vor der Fifa

Eine Front der großen europäischen Fußballmächte gegen Blatter scheint sich jedenfalls nicht aufzutun, wenn Zwanziger erklärt, dass sein Verhalten auch eng mit dem Denken und Handeln der anderen europäischen Vertreter übereinstimmen sollte. "Denn schließlich bin ich von der Uefa in dieses Gremium gewählt worden."

Chef-Reformer: Mark Pieth, Schweizer Korruptionsexperte.

Chef-Reformer: Mark Pieth, Schweizer Korruptionsexperte.

(Foto: dpa)

Auch der Anti-Korruptions-Beauftragte der Fifa, der Schweizer Strafrechtler Mark Pieth, kritisierte Pieth Blatter für dessen Auftritt am Dienstag bei der Exekutive. "Seine Selbstdarstellung bringt die Leute auf die Palme. Er betreibt ein Risikospiel und ist damit eine mediale Hypothek. Herr Blatter sollte einfach mehr Bescheidenheit an den Tag legen", sagte Pieth der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Der Strafrechtler sieht im Fifa-Vorstand weiterhin Kräfte, die den Reformprozess blockieren wollen: "Da gibt es eine eingeschworene Bande." Pieth hält deshalb einen Verbleib von Blatter an der Fifa-Spitze weiterhin für notwendig und sprach sich gegen einen Rücktritt seines Landsmannes aus. "Das ist ein Zweckbündnis. Und weil ich will, dass unbedingt die nächste Reformrunde bis zum nächsten Fifa-Kongress 2013 erreicht wird, wäre es gut, wenn Blatter dann noch dazugehörte."

Weitere Enthüllungen erwartet

Der Korruptionsexperte rechnet damit, dass in Kürze im Fußball-Weltverband noch weitere Schmiergeldzahlungen aufgedeckt werden könnten. "Ich gehe davon aus, dass in der Vergangenheit und in der Gegenwart Neueres gefunden wird. Das ist angesichts der Struktur dieses Verbandes durchaus zu erwarten", sagte der Schweizer Kriminologe in einem Interview dem Sender NDR Info.

Chefkritiker Hoeneß attestierte der  Fifa-Chefreformer mangelnden Intellekt: "Ich habe Verständnis dafür, dass  man Bedenken hat angesichts der Person von Herrn Blatter. Jetzt aber  auf Leute loszuschießen, die man nicht mal geprüft hat, das zeugt  nicht von großer Intelligenz."

Quelle: ntv.de, dpa/sid

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