Fußball

Das große Spiel der Kleinen Jubel beim schlechtesten aller Nationalteams

Mal wieder kein Tor geschossen und trotzdem jubelt man in San Marino.

Mal wieder kein Tor geschossen und trotzdem jubelt man in San Marino.

(Foto: REUTERS)

Für die großen Fußball-Nationen ist die Nations League eher ungeliebtes Kind, bei den Kleinen produziert der Wettbewerb aber ungewohnte Gewinner in Serie. Sogar das erfolgloseste Nationalteam der Welt darf sich freuen.

Einst verkündeten die ehemaligen Bundestrainer (respektive Teamchefs) Berti Vogts und Rudi Völler nach holprigen gegen - nunja - eben kleinere Nationen für die große Fußball-Nation Deutschland verstörend demütig: Es gibt keine Kleinen mehr! Die Uefa ist da ganz anderer Meinung und erfand 2018 einen Wettbewerb, in dem die Großen nur noch gegen die Großen spielen sollen, die etwas Kleineren gegen die etwas Kleineren und eben die anderen unter sich: Die Nations League. Mit Auf- und Abstieg zwar, aber so konstruiert, das alles nicht zu durchlässig wird. Weil die Großen zunehmend gelangweilt waren von den Spielen gegen die einst Kleinen.

Die Nations League ist ja nun ein ungeliebtes Kind vor allem bei den schwer belasteten Spielern aus den großen Nationen. Würde es eine starke Spielergewerkschaft geben, so sagte es Deutschlands Toni Kroos jüngst, "würden wir weder Nations League spielen, noch einen spanischen Supercup in Saudi-Arabien oder eine Klub-WM mit 20 oder mehr Mannschaften". Aber weil es diese Meinungsmacht nicht gibt, gibt es stattdessen die Nations League. Und die produziert außer Stress ganz oben eben auch ungewohnte Gewinner ganz unten, wo in der Liga D in zwei Gruppen die ehemals Kleinen versammelt sind.

Der 195. der Welt als klarer Favorit

Oder um genauer zu sein: Die - bei allem Respekt - Distanzierten des Weltfußballs. Die Ergebnisse, die dort produziert werden, sind aber doch eigentlich viel wertvoller für den Weltfußball, als das, was im dank fünf Corona-Fällen in der ukrainischen Delegation schon vor dem Anpfiff zur Farce verkommenen Spiel des DFB-Teams am Abend gegen eben jene Ukrainer passiert.

San Marino, Nummer 210 der Fifa-Weltrangliste und damit nach gnadenlosen Zahlen das schlechteste Nationalteam der Welt, empfing am Samstagnachmittag Gibraltar, als 195. der Rangliste klarer Favorit. Auch, weil San Marino vorher nur fünf seiner bis heute 169 Länderspiele nicht verloren hatte. Und in den letzten 70 Partien überhaupt nur drei Tore erzielte. Gibraltar dagegen hatte immerhin zwei seiner vier Länderspiele 2020 gewonnen und führt die Gruppe 2 der Nations-League-Liga D deutlich an.

Gejubelt hatten sie beim Team vom Affenfelsen auch schon, als die Gruppe D ausgelost worden war: Liechtenstein, San Marino, Gibraltar - der Gruppensieger steigt in Liga C auf. "Ich trage mit Stolz unseren Felsen in der Brust und bin hochmotiviert", hatte Gibraltars Torhüter Dayle Coleing vor dem Hinspiel gegen San Marino mit Blick auf den Affenfelsen an der Südspitze der iberischen Halbinsel. Gibraltar gewann 1:0 - keine Überraschung.

Berti Vogts traf mal gegen einen Kleinen

Am Samstag aber durfte San Marino, das in seiner Länderspielbilanz gegen Deutschland ein 0:13 aus der EM-Qualifikation 2006 stehen hat, jubeln. Über einen Teilerfolg: Ein Tor schossen sie zwar wieder mal nicht, holten nach dem 0:0 in Liechtenstein im Oktober aber schon den zweiten Nations-League-Punkt - und das, obwohl sie nach einer Roten Karte gegen Kapitän Davide Simoncini gut 40 Minuten in Unterzahl agierten. Vier Spiele, zwei Punkte, 0:3 Tore - es lief schon deutlich schlechter für San Marino. Die nämliche EM-Qualifikation schloss man damals mit 2:57 Toren und null Punkten ab. Den Aufstieg spielen nun am Dienstag Gibraltar und Liechtenstein aus. Mit einem Torfestival sollte dabei niemand rechnen: Gibraltar holte seine sieben Punkte mit zwei Toren, Liechtenstein traf zweimal für vier Zähler.

Eine Sensation lag am Samstag in der Nachbargruppe der Nations-League-Gruppe D in der Luft: Bis zur 56. Minute führte Andorra, derzeit zwischen Äquatorial-Guinea und Äthiopien auf Platz 145 der Fifa-Weltrangliste geführt, gegen Malta. Der Inselstaat liegt zwar nur auf Rang 180, war aber seit fünf Länderspielen ungeschlagen. Dann aber drehte der derzeit etwas Größere der Kleinen das Spiel - und hat dank des 3:1 noch eine Chance auf den Aufstieg in Liga C. Am Dienstag kommt es zum "Endspiel" gegen die Färöer, einst der Inbegriff der Außenseiter im europäischen Fußball. Die verpassten es durch ein 1:1 gegen Lettland, den Aufstieg klar zu machen. Der 1,68 Meter große Berti Vogts übrigens, der die Kleinen einst zu Nicht-mehr-Kleinen adelte, erzielte mal das Tor des Monats. Per Kopf. Es war im Februar 1976 gegen Malta. Als die noch klein waren.

Quelle: ntv.de

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