Irland vor der Brust, Sorgen im Gepäck Löw kritisiert Schmelzer
11.10.2012, 19:11 Uhr
Holt die deutsche Nationalelf gegen Irland ihren dritten Sieg in der QM-Qualifikation?
(Foto: REUTERS)
Die Harmonie ist ihnen etwas abhanden gekommen. Vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Irland steht die deutsche Nationalelf unter Druck. Auf der Pressekonferenz spricht Bundestrainer Löw über die Misstöne der letzten Wochen. Miroslaw Klose verteidigt er leidenschaftlich. Einen anderen Spieler kritisiert er scharf.
Joachim Löw kontert strategisch, ganz am Ende. Aber zunächst holt er zu einer leidenschaftlichen Lobesrede aus. Wenn sich einer derzeit sicher sein kann, dass er im WM-Qualifikationsspiel gegen Irland (Freitag, ab 20.45 Uhr im n-tv.de-Liveticker) auflaufen darf, dann ist es wohl Miroslav Klose. Löw lobt: Er spiele phänomenal, habe so viel für die Nationalelf geleistet und eine große Leitung gezeigt die letzten 12 bis 13 Jahren.
Natürlich spricht der Bundestrainer nicht einfach so über seinen 34-jährigen Stürmer. Es gab eine Steilvorlage. Von einem, der sich bestens auskennt mit verbalen Attacken. Uli Hoeneß hatte die Nationalmannschaft vor einigen Tagen in einem Interview wieder mit einigen gut gemeinten, aber bissigen Sätzen bedacht. "Ständig ging es in der Vorbereitung darum, welche Tischtennisplatte wohin geflogen werden musste, möglichst noch auf den Mont Blanc", war einer davon. Hoeneß' Bilanz zu Löws Team: Zu wenig Druck, zu viel gute Laune. Und dann waren da noch die Bemerkungen zu Klose. Im Gegensatz zur Gerd Müller treffe dieser nur gegen schwache Gegner. Der Bayern-Präsident zielt und trifft, und das in eine derzeit poröse Festung.
Seit Löw nach der WM 2006 die Geschicke des Nationalteams lenkt, war die Stimmung wohl selten so angespannt. Nach der Niederlage im EM-Halbfinale gegen Italien (1:2) kommt die Mannschaft nicht so recht in Fahrt. Gegen Argentinien (1:3) verlor sie ungewohnt deutlich, gegen die Faröer-Inseln (3:0) blieb das erwartete Schützenfest aus, in Österreich (2:1) das Debakel nur ganz knapp erspart. Aber es waren nicht nur die Auftritte auf dem Platz. Zuletzt kritisiert ein Bastian Schweinsteiger ganz unverhohlen die Stimmung im Team. Die heile Welt, das erfolgs- und harmoniegewöhnte Gefüge, auf das sich Löw immer verlassen konnte, hat Risse bekommen.
"Er hat zuletzt kein gutes Spiel gespielt"
Alle diese bösen Geister schweben im Raum, als Löw um 15 Uhr vor die Presse tritt. Es dauert auch nicht lange, bis die erste Frage kommt. Die zu der angeblich so schlechten Stimmung. Nach eigener Auskunft hat sich der Bundestrainer mit Schweinsteiger unterhalten. "Ich habe ihm gesagt, dass ich dieses Gefühl nicht hatte. Auch viele andere haben bescheinigt, was für eine tolle Atmosphäre geherrscht hat." Doch so ganz daneben kann Schweinsteiger, der gegen Irland wohl auflaufen wird, nicht gelegen haben. Löw verweist auf die lange Zeit. Sieben Wochen am Stück, so viele Spieler, zusammen auf engstem Raum. Natürlich gebe es da auch mal Reibereien. "2010 war die Grundstimmung überragend gut, 2012 war sie gut." Aber eben nicht so gut wie 2010.
Es geht auch um das Irland-Spiel. Das dritte Spiel auf dem Weg zur Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien wird nicht einfach. Nach dem Auftakt gegen vermeintlich leichte Gegner ist es die erste richtige Bewährungsprobe. 50.000 Menschen werden den Deutschen in Dublin einen heißen Empfang bereiten. "Es wird eine enthusiastische Atmosphäre herrschen", das weiß auch Löw. Es ist der Enthusiasmus, der seinem Team etwas abhanden gekommen ist. Das wird auch klar, als Löw sich zu den unsicheren Positionen äußert.
Am längsten spricht er über die größte Problemzone, die Abwehr. Hier werde es Veränderungen geben. Schwierigkeiten sieht Löw vor allem auf der linken Seite. Unerwartet offen kritisiert er den Dortmunder Marcel Schmelzer, den einzigen etatmäßigen Linksverteidiger. "Er hat gegen Österreich kein gutes Spiel gemacht. In Dortmund hat er es einfacher als in der Nationalmannschaft." Schmelzer müsse sich noch an das internationale Niveau, die Schnelligkeit, die Dynamik und den Druck gewöhnen. Die nächsten Monate werde es aber mit ihm weiter gehen. "Es gibt keine Alternativen, ich kann sie mir nicht schnitzen." Heiko Westermann, der nur aufgrund mehrerer Ausfälle ins Team rutschte lobt Löw dagegen. "Er kann mehrere Situationen spielen, ist sehr kopfballstark."
Der Auftritt des Bundestrainers endet, wie er beginnt, mit einer Frage nach den Misstönen. Ob die Hoeneß-Kritik denn berechtigt sei? Löw reagiert. Diesmal nicht impulsiv wie im August bei seiner Wutrede vor dem Argentinien-Spiel, sondern präsidial und unaufgeregt. Klose – gegen Irland macht er sein 125. Länderspiel - sei schon so oft abgeschrieben gewesen. Dabei sei es "phänomenal, wie präsent er ist, wie er in Italien spielt und trifft". Und am Ende kontert er die Attacken des Bayern-Präsidenten in einem einzigen Satz. "Diese Aussagen von Hoeneß habe ich nicht verstanden."
Quelle: ntv.de