Fußball

"Es gab immer Probleme mit ihm" Ten Hag richtet aus Milliardengrab United über Jadon Sancho

War in Darmstadt überhaupt nicht faul: Jadon Sancho.

War in Darmstadt überhaupt nicht faul: Jadon Sancho.

(Foto: dpa)

Am Samstag braucht Jadon Sancho nur 22 Minuten bis zu seinem 115. Scorerpunkt für den BVB. Es ist sein erster seit dem Sommer 2021. Während Dortmund siegt und hofft, wirft Erik ten Hag, der Trainer von Manchester United, noch ein wenig Schmutz hinter seinem Ex-Spieler her.

Noch verfolgt der Schatten von Erik ten Hag den Kurzzeit-Rückkehrer Jadon Sancho. Als sich der 23-jährige Engländer an diesem Samstag von seiner Bank erhob, um sich kurz nach der Pause wie der Rest der Mannschaft aufzuwärmen, fingen die Außenmikrofone am Darmstädter Böllenfalltor die Provokationen eines Zuschauers ein. "Erik ten Hag will mit Dir reden, du fauler Sack", war zu hören und man sah Sancho, der dick vermummt weiterlief. Es schien ihn nicht sonderlich zu stören.

Wenig später ersetzte Sancho seinen Landsmann Jamie Bynoe-Gittens, wurde mit dem ersten Ballkontakt gefährlich, leitete dann mit einem Ballverlust einen Konter der Gastgeber ein und holte sich den Ball tief in der eigenen Hälfte zurück. Der von Borussia Dortmund für den Rest der Saison von Manchester United ausgeliehene Offensivspieler wollte es mehr, wie sich spätestens 22 Minuten nach seiner Einwechslung zeigte. Zum insgesamt elften Mal legte Sancho in der 77. Minute ein Tor für Marco Reus auf. Es war der Treffer zum 2:0. Der brachte den beim aktuell schwächsten Team der Liga keineswegs überzeugenden BVB endgültig in Richtung der drei bitter benötigten Punkte.

"Seit ich zurück bin, fühle ich mich zu Hause", sagte Sancho vor den Kameras der Bundesliga und Trainer Edin Terzic freute sich. Sancho, sagte er, sei "einer dieser Spieler auf der Welt, die besser Fußball spielen, wenn sie lächeln." Dieses Lächeln hatte der im Sommer 2021 für 85 Millionen Euro zu Manchester United gewechselte Engländer im Old Trafford verloren. Nach zwei eher durchschnittlichen Jahren hatte er sich im vergangenen Sommer mit Trainer ten Hag überworfen und war seit August 2023 ohne Einsatz.

United hat über eine Milliarde Euro verbrannt

Als der niederländische Trainer von Manchester United nun vor dem 2:2 der Red Devils gegen Tottenham Hotspur nach Sancho gefragt wurde, legte er noch einmal nach. "Nachdem er hier unterschrieben hat - ein Jahr, bevor ich herkam - gab es Probleme. Es gab die gesamte Zeit über Probleme", sagte ten Hag und wurde damit konkreter als auf der Pressekonferenz vor dem Spiel. Dort hatte er Sancho viel Glück für seine Zeit in Dortmund gewünscht und wenig später ganz allgemein über die große Last gesprochen, ein Spieler von Manchester United zu sein.

Der ehemalige Serienmeister der englischen Premier League hat seit dem Abgang der großen Klublegende Sir Alex Ferguson im Sommer 2013 nicht mehr zu sich gefunden. Seit nunmehr über einer Dekade sucht das Schwergewicht nach dem Glück vergangener Zeiten. Doch David Moyes, Ryan Giggs, Louis van Gaal, José Mourinho, Ole Gunnar Solskjær, Michael Carrick, Ralf Rangnick und jetzt Erik ten Hag scheiterten alle daran, die Premier-League-Trophäe zurück nach Old Trafford zu bringen.

Dabei ist die Liste der millionenschweren Einkäufe so lang wie illuster. Paul Pogba, Antony, Harry Maguire, Romelu Lukaku, Ángel Di María, Rasmus Hojlund, Casemiro, Mason Mount, Anthony Martial, Fred, Lisandro Martínez, Aaron Wan-Bissaka und André Onana sowie eben Sancho und der ehemalige Liebling Cristiano Ronaldo verbrannten ohne nennenswerten Gegenwert über eine Milliarde Euro an Transfergeldern. Die Spieler, heißt es, werden in dem Moment schlechter, in dem sie ihre Unterschrift unter einen Vertrag bei Manchester United setzten.

Sir Jim Ratcliffe wird United verändern

"Ich habe es schon immer gesagt", erklärte ten Hag nun, "es ist so ein riesiger Unterschied, wenn du für Manchester United spielst. Es ist so viel schwieriger, seine Leistungen bei Manchester United zu zeigen als bei einem anderen Verein. Du musst einen ganz starken Charakter haben, um mit dem Druck klarzukommen. Und umso teurer du bist, umso höher die Erwartungen und umso gefestigter musst du sein." Trotzdem sei Manchester United natürlich der beste Klub für den man spielen könne. Man müsse dafür nur bereit sein. "Ich will jetzt keinen anderen Klub nennen", erklärte ten Hag, "aber es ist einfach so viel einfacher in vielen anderen Klubs."

Wie lange ten Hag, der auf die gescheiterten Trainer nicht einging, die Spieler noch zu Höchstleistungen anspornen kann, ist nach dem 2:2 gegen Tottenham Hotspur weiter unklar. Schon in Kürze wird die Zeit der Glazer-Dynastie im Old Trafford ein Ende finden. Die US-Besitzer des Klubs werden in den kommenden Wochen 25 Prozent der Anteile des Klubs an den englischen Milliardär Sir Jim Ratcliffe verkaufen. Der überweist für die Anteile mehr als 1,4 Milliarden Euro an die bei den Fans unbeliebte Eigentümer-Familie. Ratcliffe, der Chef des Chemie-Riesen Ineos, erklärte im Dezember, er habe "eine Vereinbarung mit dem Vorstand von Manchester United gefunden, die die Verantwortung für das Management des Fußball-Geschäfts an uns überträgt". Sobald die Premier League den Deal abgesegnet hat, wird der aus der Region Manchester stammende Unternehmer loslegen.

Bereits am Sonntag saß er neben Sir Alex Ferguson auf der Tribüne und sah, wie Manchester Uniteds Mittelfeldspieler Scott McTominay in der Nachspielzeit den Sieg aus kürzester Distanz vergab. Es ist keineswegs ausgeschlossen, dass United am Ende der Saison nicht nur den Sprung in die Königsklasse, sondern in den europäischen Fußball verpasst. Mit 32 Punkten liegen sie momentan auf Rang sieben der Tabelle der Premier League. Sie liegen weit hinter den enteilten Top-5-Teams Liverpool, Manchester City, Aston Villa, Arsenal und Tottenham. Und müssen sich mit hungrigen Klubs wie West Ham, Chelsea, Newcastle United oder Brighton um die Qualifikation für die Europa League oder Conference League streiten.

"Keine Wunderdinge erwarten"

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Jadon Sancho hat damit vorerst nichts mehr zu tun. Der von ten Hag vom Hof gejagte Engländer wird in den kommenden Wochen eher weniger mit dem Niederländer reden. Er ist für einen kurzen Moment nach Hause gekommen und wird sich fragen, warum er diesen Ort überhaupt jemals verlassen hat. Die Antwort darauf findet sich im Dortmunder Geschäftskonzept. Das ist nicht darauf angelegt, aufstrebende Stars zu halten. Es ist aber ein Ort, an dem gefallene Helden mit offenen Armen empfangen werden und an dem sie zumindest etwas Zeit bekommen.

"Wir dürfen keine Wunderdinge erwarten, er hat keinen Rhythmus und hatte wenig Mannschaftstraining", sagte Marco Reus nach dem Spiel: "Jede Minute hilft, Scorerpunkte geben Selbstvertrauen. Dann kann er sehr wichtig werden." Das war er bei United definitiv nicht. Das muss er aber bei Borussia Dortmund werden. Wie sehr ein Spieler wie Sancho dem BVB gefehlt hat, zeigten die wenigen Minuten, die er nun in Darmstadt auf dem Platz stand. Wie Manchester United bangt auch der BVB um die Königsklasse. Nach dem 3:0 beim SV Darmstadt sind die Chancen zumindest nicht noch geringer geworden.

Quelle: ntv.de, sue

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