
Giovanni Trapattoni 1986 als Trainer von Inter Mailand.
(Foto: imago/Buzzi)
Er ist, mit seinen nun 80 Jahren, einer der erfolgreichsten Trainer im Fußball. Wir werden Giovanni Trapattoni aber wegen etwas anderem nie vergessen. Seine legendäre Pressekonferenz als Trainer des FC Bayern dauerte zwar nur 198 Sekunden - aber sie hatte es dafür richtig in sich.
Sind Sie bereit? Die Münchner "Abendzeitung" nannte Giovanni Trapattoni in seinen besten Zeiten beim FC Bayern "Don Giovanni" und Bremens Manager Willi Lemke adelte ihn als "Broadway-Star in der Provinz". Er ist ein Feingeist, fast schon ein Poet und einer der erfolgreichsten Trainer, den die Fußballgeschichte je gesehen hat. Uns Deutschen hat er wunderschöne Sätze für die Ewigkeit geschenkt. Giovanni Trapattoni ist ein Mann, den die Fans weltweit immer sehr geschätzt haben - auch wenn sie ihn nicht immer verstanden.

"The cat is in the sack, but the sack is not closed. The cat is it in, but it’s open. It’s a wild cat." Noch Fragen?
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Bei seiner letzten längeren Station als Trainer der irischen Nationalelf hat Trapattoni den schönen Satz gesagt: "The cat is in the sack, but the sack is not closed. The cat is it in, but it’s open. It’s a wild cat." Die irischen Journalisten waren begeistert und philosophierten tagelang in den Zeitungen über die inhaltliche Tiefe dieses Ausspruchs ihres Nationaltrainers. Dieses Zitat erinnerte sehr an den legendären 10. März 1998. Damals, als Trapattoni raus zur Pressekonferenz ging, ahnte nur einer, was für ein historischer Moment bevorstand. Es war der Pressesprecher des FC Bayern. Markus Hörwick meinte auch viele Jahre später immer noch, dass er das Spektakel habe kommen sehen.
Normalerweise habe sich der italienische Trainer der Münchener nämlich nur zwei, drei Sätze von einem Dolmetscher ins Deutsche übersetzen lassen, doch an diesem Tage wäre er gleich mit einem Stapel Zettel erschienen. Hörwick erinnert sich lebhaft an seine Gefühle damals: "Ich schwöre: Wenn die Trainerkabine einen Schlüssel gehabt hätte, ich hätte Giovanni eingeschlossen und den Schlüssel weggeworfen." Doch so blieb dem Mediendirektor nur einer der besten Plätze an diesem denkwürdigen Tag - in direkter Nähe des spektakulären Geschehens.
198 magischen Sekunden
Was nach dem knapp dreiminütigen Wortrausch blieb, waren Sätze für die Ewigkeit. "Ich habe fertig" oder der Ausruf "Flasche leer" sind in die deutsche Umgangssprache eingegangen. Was aber kaum einer weiß: Trapattoni wollte noch einmal in den Presseraum zurückkehren. Beim Rausgehen hatte er angeboten, falls es Nachfragen gäbe, könne er seine Worte gerne wiederholen. Doch nun stand er draußen und sagte zu Hörwick: "Habe ich was vergessen!" Der beschwichtigte den Trainer und ging mit ihm in die Kabine.
Dort meinte er, dass er erst einmal schauen wolle, ob überhaupt noch jemand da sei. Als er die Tür zum Presseraum nur einen spaltbreit öffnete, blickte er in einen aufgeregten Ameisenhaufen. Er eilte zu Trapattoni zurück und sagte entschuldigend: "Du, die sind leider schon weg!" Der Trainer zog enttäuscht die Schultern nach oben und blieb in seinem Zimmer. Nicht auszudenken, was er noch alles für wunderbare Sachen an diesem Tage gesagt hätte. So blieb es bei 198 magischen Sekunden, die für die Ewigkeit sind.
Seine Karriere begann Giovanni Trapattoni als Spieler des AC Mailand im Jahr 1957. Wie immer in poetischen Worte beschreibt der spätere italienische Nationalspieler diese Anfänge so: "Als ich in den 50er Jahren erfahren habe, dass ich mein Debüt in der Serie A für den AC Mailand gegen SPAL (Ferrara) geben würde, bekam ich Fieber. Aber ich habe niemandem etwas gesagt. Ich wollte meinen Zug nicht verpassen. Ich wusste ja nicht, ob der Zug noch mal vorbeikommt!" 274 Partien bestritt Trapattoni für den AC Mailand und trug 17 Mal im Trikot der italienischen Nationalelf.
"FC Bayern soll klingen wie eine Fuge von Bach"
Als Trapattoni 1994 zum ersten Mal als Trainer zum FC Bayern kam, hatte er bereits 17 nationale und internationale Titel geholt. Doch seine erste Amtszeit in München scheiterte schnell an seinen gravierenden Verständigungsproblemen. Aus Bremen folgte Trapattoni zur neuen Saison Otto Rehhagel nach. Die Bayern-Führung hatte sich allerdings in den italienischen Maestro und Feingeist verguckt. Und auch Trapattoni selbst mochte die erste Episode nicht so stehen lassen. Er übte fleißig die deutsche Sprache und sagte: "Wenn ich mit dem Druck nicht fertig werden würde, wäre ich Lokführer geworden." Und tatsächlich klappte es nach seiner Rückkehr zur Saison 1996/1997 besser. Er gewann mit den Münchnern die deutsche Meisterschaft. Seine Idee vom Spiel gefiel auch den neutralen Beobachtern: "Der FC Bayern soll klingen wie eine Fuge von Bach."
Doch in der zweiten Saison spielte der Aufsteiger 1. FC Kaiserslautern unter Leitung des ehemaligen Bayern-Trainers Otto Rehhagel überraschend groß auf. In München kriselte es zusehends. Und dann kam die legendäre Pressekonferenz ("Was erlauben Strunz?"). Der italienische Gentleman gab kurz darauf selbst seinen Rücktritt zum Saisonende bekannt – und kam so einer zwangsläufigen Entlassung durch die Bayern zuvor. Zum versöhnlichen Abschied holte er mit seiner Mannschaft den DFB-Pokal.
Heute feiert Giovanni Trapattoni seinen 80. Geburtstag. Natürlich wird zu diesem Anlass gerne geschrieben, er "habe noch nicht fertig". Und das stimmt tatsächlich. Nur würde es Giovanni Trapattoni, der große Freund des Fußballs - "Calcio ist Liebe, Calcio ist Leben" -, selbst vermutlich heute lieber etwas anders sagen. Denn stolz ist er nie darauf gewesen, dass er damals so viele grammatikalische Fehler in dieser unvergesslichen Pressekonferenz gemacht hat.
Es sei seinem Temperament geschuldet gewesen, hat er einmal gesagt. Und genau diese Leidenschaft für das Spiel hat er in diesem wunderbaren Zitat zum Ausdruck gebracht: "Es gibt nur einen Ball. Wenn der Gegner ihn hat, muss man sich fragen: Warum!? Ja, warum? Und was muss man tun? Ihn sich wiederholen!" Lieber Giovanni Trapattoni, alles Gute zum 80. Geburtstag und ein herzliches Dankeschön für all das, was Sie dem Fußball und uns geschenkt haben. Mille grazie und Glück auf, Maestro!
Quelle: ntv.de