Fußball

Färöer, Özil und ein Schweinespiel Warme Katzen knacken Rekord

Drei gegen die Färöer: Es hätten auch ein paar mehr sein dürfen.

Drei gegen die Färöer: Es hätten auch ein paar mehr sein dürfen.

(Foto: dapd)

Sie hätten so viele Treffer erzielen können. Aber irgendwas hindert Deutschlands beste Fußballer im ersten WM-Qualifikationsspiel daran, den Ball mehr als dreimal ins Färöer Tor zu schießen. Für einen Sieg und drei Punkte aber ist das genug, und Bundestrainer Joachim Löw weiß hinterher ganz genau, was seinen Spielern fehlt.

Deutschland - Färöer 3:0 (1:0)

Tore: 1:0 Götze (29.), 2:0 Özil (54.), 3:0 Özil (72.)

Deutschland: Neuer - Lahm, Mertesacker, Hummels,Badstuber - Khedira - Müller (Schürrle 67.), Özil, Götze (Draxler 87.), Reus -Klose (Podolski 75.)

Färöer: Nielsen - Naes, Faerö, Baldvinsson, Justinussen -Benjaminsen, Hansson - Samuelsen (Elttör 65.), Holst - Udsen - Edmundson(Klaemint A. Olsen 85.)

Schiedsrichter: Madden (Schottland)

Zuschauer: 32.769

Die Qualifikation zur Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien ist kein Kindergeburtstag. Das haben Joachim Löw und die deutsche Fußballnationalmannschaft vor 32.769 Zuschauern im längst nicht ausverkauften Stadion zu Hannover gelernt. Gegen die Färöer gelang ihnen zwar ein 3:0-Sieg und damit ein gelungener Start in ihrer Gruppe. Aber das Wichtigste fehlte. Die Kalte Schnauze. Oder der Kalte Hund. Sie wissen schon: Butterkeks, Schokolade, Butterkeks, Schokolade, Butterkeks, Schokolade - alles schön aufeinandergepappt - und dann frisch aus dem Kühlschrank serviert. Oder was hatte der Bundestrainer gemeint, als er hinter sagte, das sei ja alles schön und bisweilen gut gewesen, aber dann doch kritisch anmerkte: "Unsere junge Mannschaft muss noch lernen, sich ein bisschen Kaltschnäuzigkeit zu erarbeiten"?

Nun ja, er hat das dann noch präzisiert. Nicht nur er fand, dass seine Spieler durchaus ein paar Tore mehr hätte erzielen können. Allein in der ersten Halbzeit "zwei, drei oder vier". Aber vor dem Tor der Gäste von der Inselgruppe im Nordatlantik zeigten sich Deutschlands beste Fußballer allzu häufig nicht kühl genug, um den Ball am prächtig haltenden Torwächter Gunnar Nielsen vorbei ins Ziel zu schießen. Aber sei’s drum.

Wie sagte Oliver Kahn, früher mal Torwart und jetzt gebührenfinanzierter Fernsehexperte: "Solche Schweinespiele musst du auch irgendwie über die Bühne bringen." Immerhin war es der 500. Sieg in der Geschichte des Deutschen Fußball-Bundes. Und der höchste gegen die Färöer. Was ist eigentlich das Gegenteil von kalten Hunden? Warme Katzen?

Egal. Die deutschen Spieler in der Einzelkritik:

(Foto: dapd)

Manuel Neuer: Während sein färöisches Gegenüber, besagter Gunnar Nielsen, wenn nicht das Spiel seines Lebens, so doch zumindest sein persönliches Spiel des Jahres absolvierte, hatte der 26 Jahre alte Schlussmann des FC Bayern in seinem 32. Länderspiel eher weniger zu tun. Also eigentlich eher nichts. Parierte drei Minuten nach der Pause einen Schuss von Jóan Simun Edmundson, durfte nach 70 Minute einen Ball fangen, und acht Minuten vor dem Ende dieser arg einseitigen Partie war Manuel Neuer offensichtlich so sehr eingerostet, dass er überraschend viel Mühe hatte, einen eher harmlosen Weitschuss des Christian Lamhauge Holst zu entschärfen. Ansonsten war’s für ihn ein eher kühler Abend.

(Foto: dpa)

Philipp Lahm:  Der Kapitän, 28 Jahre alt, wechselte in seinem 92. Länderspiel auf Geheiß des Bundestrainers zurück auf die rechte Seite in der Viererkette, also dorthin, wo er seit geraumer Zeit auch beim FC Bayern spielt. Und zwar gut. Nicht so gut war sein Auftritt in Hannover. Er, der dafür bekannt ist, kaum einen Pass zu spielen, der nicht auch dort ankommt, wo er hin soll, schoss gegen die Färöer überraschend häufig den Ball nicht zu einem Mitspieler, sondern in die Füße des Gegners, also dorthin, wo er nicht hin soll. Und das mit den Flanken in der Offensive hat auch schon einmal besser geklappt. Trotzdem sagte er hinterher: "Mir macht es auf beiden Seiten Spaß, ich bin aber rechts besser." Räumte aber im Hinblick auf die neun anstehenden Qualifikationsspiele ein: "Es gibt noch viel zu tun."

(Foto: dpa)

Mats Hummels: Der Dortmunder, 23 Jahre alt, verbrachte in seinem 21. Länderspiel mit dem Kollegen Mertesacker einen geruhsamen Kindergeburtstag, pardon, Abend in der Innenverteidigung, und das meist diesseits der Mittellinie. Dort machten die beiden keine Fehler, waren bei den wenigen Kontern des Gegner auf der Hut und beobachteten ansonsten, wie die anderen den färöischen Strafraum belagerten. Es sei denn, die DFB-Elf hatte sich gerade einen Eckball erarbeitet, dann ging’s bisweilen ins Getümmel jenseits der Mittellinie. Wobei sich Mats Hummels, arg unterbeschäftigt, häufiger als sein Kollege Mertesacker mit ins Aufbauspiel einbrachte und so den Konter einleitete, den Mesut Özil zum 2:0 abschloss.

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(Foto: dpa)

Per Mertesacker: Einen besseren Gegner für seine Wiederkehr in die Nationalmannschaft hätte sich der 27 Jahre alte Innenverteidiger des FC Arsenal nicht aussuchen können. Wobei natürlich immer noch Joachim Löw die Mannschaft aufstellt. Der wollte auch auf Nachfrage nicht preisgeben, ob Per Mertesacker auch dann in seiner Heimatstadt zu seinem 82. Länderspiel gekommen wäre, wenn nicht der eigentlich gesetzte Dortmunder Marcel Schmelzer verletzt ausgefallen wäre und statt seiner Holger Badstuber die Position des linken Außen-verteidigers einnehmen musste. Sei's drum. Keine Fehler, alles prima. Was geschieht, wenn Schmelzer wieder fit ist und Badstuber wieder Innenverteidiger spielt, bleibt allerdings offen. Wir haben da aber eine Ahnung.

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(Foto: AP)

Holger Badstuber: Der 23 Jahre alte Innenverteidiger des FC Bayern machte in seinem 27. Länderspiel seine Sache als Aushilfskellner auf der linken Abwehrseite nicht schlecht, auch wenn der Bundestrainer nach der Partie sagte, dass Marcel Schmelzer natürlich viel dynamischere Spieler sei, der, hätte er sich nicht im Abschlusstraining den Fuß geprellt, "auf jeden Fall gespielt hätte". Aber so ein Qualifikationsspiel ist genauso wenig Wunschkonzert wie Kindergeburtstag, und wie gesagt, schlecht war Holger Badstuber nicht. Solide halt. Nur ein Flankengott wird aus ihm in diesem Leben nicht mehr.

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(Foto: dapd)

Sami Khedira: Absolvierte mit seinen 25 Jahren das 34. Länderspiel alleine als Sechser vor der Abwehrkette. Und fest steht: Gegen einen Gegner wie die Färöer reicht einer auf dieser Position allemal. Wenn er so spielt wie Sami Khedira von Real Madrid und für zwei arbeitet. Mit seiner souveränen Art und Körpersprache strahlte er viel Ruhe aus, spielte wie ein kalter Hund, trieb die Kollegen an und verteilte die Bälle im Spiel nach vorne. Ein Tor hätte er auch gerne erzielt, das war ihm deutlich anzumerken. Traf aber zehn Minuten vor dem Abpfiff der Begegnung mit einem fulminanten Schuss nur den Färöer Hallur Hannsson, und das dort, wo es richtig weh tut. Kein Kindergeburtstag. Nach der Partie hatte er fix eine prägnante Erklärung parat, warum seine Mannschaft nicht so viele Tore erzielt hatte, wie sie es hätte tun können. "Bisschen Pech, bisschen guter Torwart, bisschen Kaltschnäuzigkeit, die uns gefehlt hat." Eine Lösung des Problems allerdings fiel ihm auch so schnell nicht ein. "Trainieren kann man das nicht."

(Foto: dpa)

Thomas Müller: Der 22 Jahre alte Flügelflitzer, zuletzt beim FC Bayern mit stark aufsteigender Form, zeigte sich nach seinem 34. Länderspiel auf der rechten Angriffsseite vom Gegner stark beeindruckt: "Man muss dem Gegner auch ein Kompliment mache: Mit so wenig Einwohnern eine so starke Truppe aufzubieten. Für uns war es wichtig, dass wir uns keine Blöße geben." Bereitete das erste Tor des Kollegen Mesut Özil zum 2:0 vor, und zwar mustergültig. Rannte, trickste, passte, schoss, fand im Ersatztorhüter des englischen Meisters, jenem Gunnar Nielsen, aber seinen Meister. Dennoch ein starker Auftritt. Für ihn kam der Leverkusener André Schürrle, 21 Jahre alt, nach 67 Minuten zu seinem 18. Länderspiel. War als Joker nicht so stark, wie er es in der Vergangenheit des Öfteren gezeigt hatte.

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(Foto: dpa)

Mesut Özil: Der zentrale Mittelfeldspieler von Real Madrid, 23 Jahre alt, bekam nach seinem 40. Länderspiel nicht nur wegen seiner beiden Tore ein Extralob des Bundestrainers: "Er war der überragende Spieler auf dem Platz. Hat schon alles Hand und Fuß, was er gemacht hat. Er startet, wenn er den Ball bekommt, immer sofort eine offensive Aktion. Das ist der Mesut, wie man ihn kennt." Mesut Özil selbst zeigte sich wie stets bescheiden: "Das Wichtigste ist, dass wir mit der Mannschaft erfolgreich sind. Das war der erste Schritt - darüber bin ich froh." Und was die Kaltschnäuzigkeit betrifft, war er an diesem Abend in Hannover ganz vorne mit dabei: "Er hat sie gezeigt", sagte Sami Khedira. Der Mann hat Recht.

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(Foto: dpa)

Mario Götze: Der 20 Jahre junge Dortmunder Wunderknabe war auf der Position vor, hinter und vor allem links neben Mesut Özil, also irgendwo zwischen offensivem und defensiven Mittelfeld, einer der Besten seines Teams, nicht nur, weil er sich in seinem 17. Einsatz in der DFB-Elf nach einer knappen halben Stunde ein Herz fasste, sich durch die gesamte und dicht gestaffelte Abwehr des Gegners wuselte und eiskalt mit einem überlegten Schuss ins linke, untere Eck das erste deutsche Tor erzielte. Sondern auch, weil er sich prima mit seinem Vereinskollegen Marco Reus versteht und gut mit ihm zusammenspielte. "Habe heute eine acht oder halbe zehn gespielt. Das kenne ich noch aus der Jugend. Ich fand, das war gut." Finden wir auch. Der Schalker Julian Draxler durfte für den Dortmunder Götze die letzten drei Minuten spielen. Plus zwei Minuten Nachspielzeit. Der zweite Einsatz für den 18-Jährigen.

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(Foto: dapd)

Marco Reus: In seinem zehnten Länderspiel hatte der 23 Jahre alte Neu-Dortmunder auf dem linken Flügel einfach kein Glück bei seinen Versuchen, den Ball ins Tor zu schießen. Es gibt allerdings auch Menschen, die sagen, der Fußballer des Jahres sei in dieser Spezialdisziplin schlichtweg nicht kaltschnäuzig genug. Vielleicht aber lag es auch daran, dass ein gewisser Gunnar Nielsen an diesem Abend eines seiner besseren Spiele machte. Wie dem auch sei: Das 3:0 durch Mesut Özil bereitete Marco Reus vor, und zwar technisch fein und äußerst dynamisch.

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(Foto: dapd)

Miroslav Klose: Vielleicht war es dem 34 Jahre alten Angreifer von Lazio Rom im gegnerischen Strafraum einfach zu voll, vielleicht hat er es auch in seinem 123. Länderspiel aus Respekt vor dem großen Gerd Müller unterlassen, sein 65. Tor im Nationaltrikot zu erzielen, um dessen Rekord von 68 Treffern nicht zu nahe zu kommen. Jedenfalls kam er gegen die Färöer nie richtig zum Zug, die beiden Chancen, die sich ihm boten, vergab er. Oder besser: Er scheiterte an Gunnar Nielsen, diesem eiskalten Hund. Eines aber können wir mit Gewissheit sagen: Wenn einer in dieser deutschen Mannschaft kaltschnäuzig ist, dann Miroslav Klose. Oder wie Joachim Löw sagte: "Es waren heute wieder einmal die Kleinigkeiten, die gefehlt haben, um noch mehr Tore zu erzielen." Eine Viertelstunde vor dem Abpfiff ging er raus. Statt seiner kam Lukas Podolski mit seinen 27 Jahren zu seinem 102. Länderspiel - als zentraler Stürmer. Muss er nicht unbedingt nochmal machen. Sagt der Bundestrainer.

Quelle: ntv.de

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