Redelings Nachspielzeit

"Pöbeln, pinkeln, treten" Als Kevin Großkreutz heftig um seine Nicht-Nominierung bettelte

Kevin Großkreutz, Weltmeister.

Kevin Großkreutz, Weltmeister.

(Foto: imago images / Mika Volkmann)

In diesen Tagen nominiert der Bundestrainer seinen Kader für die EM 2024 im eigenen Land. Vor zehn Jahren hatte Jogi Löw das bereits getan - doch dann kamen ihm einige schlagzeilenträchtige Vorfälle im Leben seines Spielers Kevin Großkreutz dazwischen. Am Ende wunderte sich wohl der damalige Dortmunder selbst am meisten, dass er mit nach Brasilien fliegen durfte!

"Kevins Verhalten ist in keinster Weise zu akzeptieren." Der damalige BVB-Sportdirektor Michael Zorc hatte keine andere Wahl, als seinem Spieler Kevin Großkreutz im Mai vor zehn Jahren öffentlich eine deutliche Ansage zu machen. Gerade erst hatte eine große deutsche Sportillustrierte unter der Überschrift "Großkreutz: Pöbeln, pinkeln, treten!" neue, pikante Details der Skandal-Nacht nach dem verlorenen DFB-Pokalfinale 2014 gegen den FC Bayern München enthüllt. Und die Nachrichten waren in der Tat heftig. Und vor allem waren es damals nicht die ersten Neuigkeiten, die das Ansehen des Dortmunder Meisterspielers in der Öffentlichkeit, aber auch DFB-intern, schwer beschädigten.

Bundestrainer Jogi Löw hatte Kevin Großkreutz Anfang Mai 2014 in seinen vorläufigen Kader für die Weltmeisterschaft in Brasilien nominiert. Der Dortmunder galt als "Allround-Waffe" bei der Nationalmannschaft. Ein Mann, der auf vielen Positionen zum Einsatz kommen konnte und durch seine intensive Leidenschaft für Impulse sorgen sollte, wenn es denn einmal nötig werden würde.

Der frühere DFB-Torwart Oliver Kahn sah damals zudem noch etwas anderes in Großkreutz: "Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ist ein sehr homogenes Team. Die Spieler sind vom Charakter her alle sehr ähnlich. Es macht Sinn, den ein oder anderen Typen in so eine Mannschaft reinzunehmen. Wie Kevin Großkreutz, der ein anderer Typ ist, und so einer Mannschaft in bestimmten Situationen durchaus helfen kann." Und ein "Typ" war Großkreutz damals bereits ganz ohne Frage. Einer, der auffiel. Und das nicht gerade selten.

"Kevin-Döner"

Es sei nur an den Tag der Dortmunder Meisterfeier 2011 erinnert, als die TV-Nation live und begeistert verfolgte, wie Großkreutz bei der Titelparty an der Westfalenhalle die Bühne verlassen musste, um sich gestützt auf zwei bullige Security-Männer in einem Dixie-Klo die Ereignisse des Tages erst einmal durch den Kopf gehen zu lassen. Selig lächelnd verließ er einige Minuten später die sanitären Anlagen wieder, um erneut die Bühne zu stürmen. Der schwarz-gelbe Fan im Meisterschaftstaumel freute sich andächtig und zurecht über einen der ihren.

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Doch bereits kurz nach der Nominierung 2014 kam es dann zu einer ersten echten Prüfung der Leidensfähigkeit des Bundestrainers. Damals kam es zusammen mit seinem Mannschaftskollegen Julian Schieber zum mittlerweile legendären "Döner-Eklat". Was genau in dieser Nacht in Köln passierte, darüber gibt es verschiedene Versionen. Auf jeden Fall erschien damals um 0.30 Uhr ein gewisser Marco B. in Begleitung seiner Freundin auf der Polizeiwache 1 an der Stolkgasse und klagte über ein Brennen in den Augen. Angeblich von einem Döner, der ihm ins Gesicht geworfen worden sein sollte.

Wie immer die Geschichte auch gelaufen sein mag, für den Döner-Verkäufer hat sie sich in jedem Fall gelohnt. Stolz erzählte er den Boulevard-Zeitungen Tage nach dem Ereignis: "Bei uns heißt der Döner mit extra-scharfer Soße jetzt 'Kevin-Döner'". Doch während dieses Geschäftsmodell noch ganz witzig klingt, so trieb es Mallorca-Barde Tim Toupet anschließend grausam auf die Spitze. Er dichtete sein Lied "Ich bin ein Döner" um und sang: "Ich hab' nen Döner in der Hand, den tu' ich werfen, wenn mich Leute nerven. Hat Kevin Großkreutz dann mal frei, ist immer 'n Döner mit dabei!"

"Ich hatte einen Blackout"

Die Döner-Geschichte hatte sich damals eine Woche vor dem Pokalfinale und dem nächsten Skandal zugetragen. Die Geschichte war also noch ganz frisch, als dann etwas passierte, das womöglich bei 99 Prozent der anderen Profis für den Rausschmiss aus dem DFB-Team gesorgt hätte. Doch bei dem Gesamtpaket Kevin Großkreutz waren diese Storys quasi schon eingepreist. Aber was war eigentlich damals genau passiert?

Kurz vor der Abreise ins Trainingslager erfuhr die Nation von dem weiteren, spektakulären Fehltritt des BVB-Spielers. Die "Sport Bild" hatte berichtet, dass Großkreutz in der Nacht nach dem verlorenen Pokal-Finale am 17. Mai 2014 gegen den FC Bayern (0:2) im angetrunkenen Zustand "in die Lobby des Hotels uriniert" habe. Sehr zum Unwillen eines anderen Hotelgastes, der im Zuge dieser Entgleisung die Polizei rief. Doch da war Großkreutz schon lange weg. Diese und andere Vorfälle in dieser Nacht leugnete der BVB-Star anschließend auch nicht, sondern entschuldigte sich geläutert über die Presse: "Ich war total frustriert nach dem Spiel, wir hatten uns so viel vorgenommen, wollten unbedingt den Pott holen. Ich hatte einen Blackout, es tut mir leid."

Wahrscheinlich rettete genau dieses schnelle und ehrliche Schuldeingeständnis im Mai vor zehn Jahren die endgültige Nominierung für den Weltmeisterschaftskader. Denn parallel ploppte in diesen Tagen des Frühsommers 2014 die Nachricht über den ersten "WM-Skandal" auf. Es ging damals um die Nicht-Nominierung von Max Kruse und die Gerüchte um seinen Fehltritt, die bis heute ein Thema sind. Neuerdings sogar direkt zwischen dem damaligen Bundestrainer Jogi Löw und Max Kruse selbst. (https://www.n-tv.de/sport/fussball/Was-fuer-ein-Zirkus-Kinderquatsch-mit-Loew-und-Kruse-article24766170.html)

Bei der WM kam Kevin Großkreutz anschließend zwar keine Minute zum Einsatz, wurde aber für seine Kollegialität von den Mannschaftskameraden sehr gelobt. Explizit erwähnte ihn der Kollege vom FC Bayern, Bastian Schweinsteiger, in seinem finalen Tweet nach der Rückkehr: "Jungs, es war mir eine Ehre... Danke für eine tolle Zeit ohne Eskapaden. V.a. Dir, Kevin!" Kein Wunder, dass der beliebte Dortmunder anschließend bei den Feierlichkeiten vor und hinter dem Brandenburger Tor vielfach im Mittelpunkt stand. So bot er beispielsweise bereitwillig einer Polizistin einen Schluck aus seiner Bierflasche an.

"Angriff" auf Schweinsteiger

Auf der Bühne sang ihm anschließend sein WM-WG-Kollege und Rivale vom FC Schalke 04, Julian Draxler, ein eigenes Ständchen. Unter dem Jubel der Massen intonierte er mit kräftiger Stimme: "Großkreutz rück den Döner raus, Großkreutz rück den Döner raus, Großkreutz rück den Döner raus!" Zu Hause im Ruhrgebiet angekommen, konterte der Besungene via sozialer Medien, bereits schon wieder im Derby-Modus laufend, sehr humorvoll: "Lieber Julian, ich kann zwar keinen Döner rausrücken, aber ich kann immer wieder die Schale rausholen."

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Bastian Schweinsteiger hat übrigens erst die Tage eine weitere irre Geschichte über das Finale der WM 2014 erzählt. Damals blutete Schweinsteiger am Kopf nach einem Ellenbogenstoß und stand kurz vor seiner Auswechslung. Doch er blieb drin und meint heute lächelnd: "Ich habe unsere ganze Nation davor geschützt, dass der Kevin da spielt auf der Sechs." Denn der stand bereits einsatzfertig draußen - und war hinterher mächtig sauer darüber, dass er nicht spielen durfte.

So sauer, dass er nach dem gewonnenen Endspiel zu Schweinsteiger ging und ihm heftig auf die Schulter haute. "Ich musste mich tatsächlich behandeln lassen, deshalb hatte ich am Brandenburger Tor auch einen blauen Tapestreifen auf dem Arm", erzählt Bastian Schweinsteiger heute über einen weiteren Volltreffer Großkreutz'. Doch das hat ihm der frühere Bayernstar lange verziehen. Denn insgeheim ist auch Schweinsteiger froh gewesen, dass Kevin Großkreutz damals trotz seines intensiven Bettelns um eine Nicht-Nominierung mit ins brasilianische Campo Bahia flog.

Quelle: ntv.de

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