
Peter Neururer erlebte ein spezielles erstes Spiel bei Kickers Offenbach.
(Foto: imago images/Alfred Harder)
Als Peter Neururer Ende Oktober 1999 den Trainerjob bei Kickers Offenbach annimmt, ahnt er noch nicht, welches Ritual er am Abend vor seinem ersten Spiel mitmachen muss. Doch nach einer regionaltypischen Mahlzeit ist nichts mehr wie zuvor. Das Spiel am nächsten Tag wird für Neururer zum Höllenritt.
Auch 25 Jahre danach erinnert sich Peter Neururer immer noch lebhaft an jede Einzelheit dieser für ihn so schmerzhaften wie peinlichen Stunden. Er stellt sich nur immer wieder die eine, bis heute unbeantwortete Frage: "Welcher Vogel hat die Geschichte wieder an die Öffentlichkeit gebracht?"
Alles begann am Vorabend von Neururers erstem Spiel als neuer Trainer von Kickers Offenbach Ende Oktober 1999. Der Vorstand des Zweitligisten hatte vor der Partie gegen Greuther Fürth zu einem Ritual geladen. Im Stadtteil des verhassten Nachbarn sollte wie üblich mit einem neuen Coach im "Frankfurter Haus" in Sachsenhausen gemeinsam eine regionaltypische Mahlzeit zu sich genommen werden. So weit, so gut. Doch Neururer kannte sich mit den Speisen und Getränke so gar nicht aus. Und so bestellte er zum obligatorischen Handkäs mit Musik - nach kurzer Beratung - auch eine Flasche Ebbelwoi. Doch die Information war dem Kellner nicht genug. Und so fragte er Neururer: "Süß oder sauer gespritzt?"
Offenbachs neuer Coach stand vor einem Rätsel - und fragte irritiert: "Wieso gespritzt? Ist denn der Ebbelwoi schlecht?" Die Frage machte den Kellner nun wiederum stutzig, aber er versicherte Neururer, dass der Ebbelwoi natürlich völlig in Ordnung und von höchster Qualität sei. Und so orderte Offenbachs Trainer eine Flasche für sich und seinen Co-Trainer weder süß noch sauer gespritzt, sondern pur. Eine Entscheidung, die die beiden Neulinge in der Folge noch bitter bereuen sollten.
Als das 1:0 fällt, löst sich auch bei Neururer alles
Denn kaum hatten sie die Mahlzeit zu sich genommen und die erste Flasche geleert, stand Neururers Co-Trainer Werner Kasper ohne ein einziges Wort zu sagen vom Tisch auf und rannte auf die Toilette. Von dieser kehrte er an diesem Abend nicht mehr zurück und verpasste auch das Spiel am folgenden Tag. Neururer selbst wunderte sich zwar auch über das Grummeln im Magen, dachte sich aber noch nichts dabei und orderte in der fröhlichen Runde - sehr zur Überraschung der heimischen Offiziellen - noch eine Flasche des ungespritzten Ebbelwoi.
Am nächsten Morgen grummelte der Magen weiter, doch Neururer schob es auf die aufkommende Anspannung vor der wichtigen ersten Partie gegen Fürth. Als er dann aber auf der Bank Platz nahm, merkte er, dass hier etwas ganz und gar nicht stimmte. Langsam aber sicher brach sein Magen-Darm-Trakt komplett zusammen. Doch noch verhinderte die Konzentration auf das Spiel, dass etwas passierte. Damit war dann in der 80. Minute allerdings auch Schluss. Als Dubravko Kolinger das erlösende 1:0 für die Kickers erzielte, löste sich auch bei Neururer alles.
"Man kennt mich ja. Ich bin ja mehr der emotionale Typ. Und so reiße ich beim Tor die Arme hoch, springe auf - und scheiße mir dabei so dermaßen in die Hose, das kann sich kein Mensch vorstellen. Eine doppelte Erlösung, im wahrsten Sinne des Wortes!" Anschließend setzte sich Neururer schnell wieder hin und versuchte die ausstehenden zehn Minuten irgendwie und in Würde herumzukriegen. Bis der Abpfiff endlich ertönte.
Zur PK im Jackett und unten in kurzer Buchse
Danach kannte er natürlich nur noch ein Ziel: Die Kabine. Und das am besten so schnell und direkt wie möglich. Doch dafür musste Neururer einmal quer über den ganzen Platz - und vor allem an der feiernden Kurve der euphorischen Kickers-Fans vorbei. Und gerade, als er in der Höhe der jubelnden Anhänger war, begann diese zu singen: "Wir tanzen den Peter Neururer. Wir schwingen die Hüften nach links und nach rechts." Neururer versuchte noch das Hüftenschwingen zu vermeiden, indem er eine La-Ola-Welle initiierte, doch das war alles andere als eine gute Idee: "In dem Moment, als ich die Arme nach oben warf, entspannte sich unten alles und die nächste Ladung rauschte runter."
Endlich in der Kabine angekommen, riss sich der neue Offenbacher Trainer sofort die Hose und die Unterhose vom Leib und ließ sich vom Zeugwart eine kurze Short geben. Und so ging es dann auch in die Pressekonferenz. Oben mit Hemd, Schlips und Jackett und unten in kurzer Buchse, aber endlich wenigstens ohne das schreckliche Grummeln im Magen. Man kann es sich denken: Handkäs mit Musik und dazu einen ungespritzten oder gespritzten Ebbelwoi hat es bei Peter Neururer danach nie wieder gegeben.
Quelle: ntv.de