"An der Seitenlinie" Der Titan trägt Königsblau
23.03.2009, 12:54 UhrWird Oliver Kahn Manager beim FC Schalke 04? Trägt der Ex-Torwart-Titan, der personifizierte FC Bayern München, bald Königsblau? Das ist eine Frage, die nicht nur die Fußballfreunde in und um Gelsenkirchen beschäftigt, nachdem Schalkes Aufsichtsrats-Chef Clemens Tönnies und Kahn in der vergangenen Woche in aller Abgeschiedenheit miteinander geredet haben.
Dabei inszenierten sie das Treffen in Rheda so unauffällig auffällig, dass flugs eine ganze Reporterschar vor dem Hotel lungerte. Und sich der Verdacht aufdrängt, die Schalker seien momentan schon froh, wenn einer wie Kahn überhaupt mit ihnen redet. Das nur am Rande.
Kleinod der Fußballliteratur
Hinweise darauf, ob das nun was wird aus Kahn und dem FC Schalke, liefert die Exegese des Live-Ticker, mit dem die "Bild"-Zeitung am Donnerstag über die Verhandlungen im ostwestfälischen Rheda-Wiedenbrück berichtete. Im Minutentakt vermeldete der Reporter via Internet, was er sah. Das war nicht viel. "12.02 Uhr: Zum ersten Mal an diesem Tag kommt die Sonne über Rheda-Wiedenbrück raus. Ein gutes Omen für Schalke? Lacht sie schon für Oliver Kahn?" Ein Kleinod der Fußballliteratur, und aufschlussreich zudem – wenn es nur gelingt, die berichteten Nicht-Ereignisse richtig zu deuten. Es gilt, aus dem Füllhorn der Fakten die Informationen herauszupicken, die wirklich wichtig sind. Und dann wissen wir: Kahn wird Manager beim FC Schalke 04. Oder auch nicht.
Halten wir fest: Es geht nicht um die Frage, ob Oliver Kahn das, was er auf Schalke tun soll, auch kann. Gelernt hat er es nicht. Aber das scheint keine Rolle zu spielen – beim FC Schalke nicht und nicht bei anderen Bundesligavereinen, die bei der Rekrutierung ihres Sportlichen Leiters allzu oft ein erstaunliches Maß an Unprofessionalität offenbaren. Was zählt, ist der gute Name, je prominenter der Kandidat, je erfolgreicher als Fußballer desto besser. Und da ist Oliver Kahn genau der richtige Mann für den FC Schalke. Sagt auch Tönnies: "Kahn ist ein guter Typ und wir sind total daccord."
Kahns Schlüsselqualifikation
Prima, dann ist ja alles klar. Die beiden verstehen sich gut, so von Mann zu Mann. Womit wir wieder beim Live-Ticker sind. "11.56 Uhr: Die Tür des Verhandlungsraumes geht auf, Clemens Tönnies verlässt den Raum, legt eine Toilettenpause ein. Nach zwei Minuten gehen die Verhandlungen weiter. Alles deutet darauf hin, als würden sie sich noch in die Länge ziehen." Zwei Minuten, Respekt, Herr Tönnies. Aber zu früh gefreut: "12.18 Uhr: Die Tür des Verhandlungsraumes geht erneut auf. Dieses Mal kommt Oliver Kahn aus dem Raum, legt ebenfalls eine Pinkelpause ein. Der Torwart-Titan ist nach anderthalb Minuten wieder oben – schneller als Tönnies."
Da wir uns hier um eine ernsthafte Analyse bemühen – und glauben, auf einem guten Weg zu sein -, beteiligen wir uns nicht an den bösen Spekulationen darüber (pfui, so etwas wollen wir nie wieder lesen!), ob die Protagonisten dieser Komödie bei ihren rekordverdächtigen Boxenstopps die Zeit für einen Gang zum Waschbecken hatten. Das spielt bei der Suche nach einem Bundesligamanager nun wirklich keine Rolle.
Uns beschäftigt vielmehr die Frage, ob es als Bewerber bei einem Vorstellungsgespräch vorteilhaft ist, schneller als der Chef zu sein. Davon, wie Clemens Tönnies diese Frage beantwortet, hängt jetzt alles ab. Wir glauben: Zum Wohle des Vereins sieht Tönnies darüber hinweg. Und der Titan trägt bald Königsblau.
Stefan Giannakoulis, Sportredakteur bei n-tv.de, schreibt immer zu Wochenbeginn das auf, was ihm im Sport ein wenig komisch vorkommt.
Quelle: ntv.de