Kolumnen

"An der Seitenlinie" Gewaltige Leidenschaft

Wir wissen nicht, was Theo Zwanziger mit seiner Frau macht. Wir wissen aber, dass er sich Sorgen um den Fußball macht. Das ist erst einmal wenig überraschend, schließlich ist er der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes. Da sind seine Sorgen berufsmäßig begründet, wer wollte ihm das übel nehmen?

Theo Zwanziger hat in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gesagt, dass er den Sport als "Kampf gegen jede Diskriminierung" sehe. Das ist eine gute Idee und klappt ja auch meist, wenn nicht gerade der Schalker Gerald Asamoah und andere als Scheiß-Neger beschimpft und mit Bananen beworfen werden. Das Problem aber sei vor allem: "Der Fußball ist anfällig, weil viele den Fußball nur unter dem Aspekt 'Gewinnen und verlieren' sehen wollen. Das hat mit Gesellschaft und Gemeinschaft nichts zu tun." Sagt Theo Zwanziger.

Das wiederum ist eine erstaunliche Erkenntnis. Es geht ums Gewinnen? Hört, hört, denkt der gemeine Fan. Und wundert sich. Kommt er doch in aller Regel ins Stadion, um nette Leute kennenzulernen, tolle Spielzüge zu bestaunen und ein großes, gemeinsames Fest zu feiern. Und wenn die eigene Mannschaft dann verliert und am Ende der Saison absteigt – sei's drum. Der Bessere möge gewinnen.

So ein Quatsch.

Natürlich haben wir nichts dagegen, wenn unsere Lieblingsmannschaft guten Fußball spielt. Aber alles, was wir wirklich wollen, sind die verdammten drei Punkte. Und sei es durch einen unberechtigten Handelfmeter in der Nachspielzeit.

Der Hass muss weniger werden

Dennoch sind wir in einem Punkt ganz Theo Zwanzigers Meinung: "Der Hass muss weniger werden, auch auf dem Fußballplatz." Auch wenn der Präsident da auf einer Wellenlänge mit Hans-Hubert Vogts liegt. Er, den alle nur Berti nennen, der früher die deutsche Nationalmannschaft trainiert hat und inzwischen in Aserbaidschan gelandet ist, hat einmal gesagt: "Hass gehört nicht ins Stadion. Solche Gefühle soll man gemeinsam mit seiner Frau daheim im Wohnzimmer ausleben."

So geht es ja auch wieder nicht. Da ist uns schon sympathischer, was Dino Drpic mit seiner Freundin veranstaltet. Oder sie mit ihm. So genau wissen wir das auch wieder nicht. Alles, was wir wissen, ist, dass Dino Drpic und Lebensgefährtin Nives Celsius, Neuzugänge beim Karlsruher SC, es nicht nur in Wohnzimmer tun, sondern bisweilen auch im Mittelkreis des Stadions.

Jetzt verriet, wie es immer so schön heißt, die kroatische Sängerin und Wahl-Karlsruherin der "Bild"-Zeitung, dass ihre ganz persönliche Anti-Gewaltkampagne einen kleinen Rückschlag erlitten hat. "Dino und ich hatten die Rückennummer 69 für ihn ausgesucht. Aber leider darf er sie nicht tragen." Die Deutsche Fußballliga hat es verboten. Die Begründung kommt etwas arg bürokratisch daher: "Wir haben den Verein im Sinne der Übersichtlichkeit gebeten, eine niedrigere Nummer zu wählen", sagte Spielbetriebs-Leiter Holger Hieronymus. Allerdings: 69 nennt man auch eine Liebesstellung, bei der Mann und Frau aufeinander liegen und sich gegenseitig oral befriedigen, sagen die, die sich damit auskennen. Zumindest einer von ihnen arbeitet offenbar bei der "Bild"-Zeitung.

Wie dem auch sei: Drpic trägt jetzt die Nummer 11. Aber vielleicht sollte Herr Zwanziger noch einmal mit Herrn Hieronymus sprechen. Im Sinne des Fußballs. Für gewaltige Leidenschaft.

Stefan Giannakoulis, Sportredakteur bei n-tv.de, schreibt immer zu Wochenbeginn das auf, was ihm im Sport ein wenig komisch vorkommt.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen