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Fehde im Rennstall Red Bull Webber: Nachtreten statt Nachdenken

Freunde fürs Leben? Mark Webber und  Sebastian Vettel.

Freunde fürs Leben? Mark Webber und Sebastian Vettel.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es gibt Ärger beim Formel-1-Rennstall Red Bull. Altmeister Mark Webber ist sauer auf Jungstar Sebastian Vettel. Doch Webber sollte sich fragen, ob es eine gute Idee ist, jetzt noch nachzutreten.

Man kann den Frust von Mark Webber durchaus verstehen. Wenn kurz vor einem Qualifying der offensichtlich gut funktionierende Frontflügel abmontiert wird und dafür eine alte Komponente an das eigene Auto geschraubt wird, ist das schon nicht schön. Wenn der Teamkollege dann um 1,4 Zehntel Sekunden schneller ist, liegt auch der Verdacht nahe, dass die Pole mit gleichen Waffen wohl drin gewesen wäre. Mark Webber wäre kein Rennfahrer, wenn ihn ein solcher Vorfall kalt ließe.

Grund zur Aufregung: Der Wechsel des Frontflügels bei Red Bull.

Grund zur Aufregung: Der Wechsel des Frontflügels bei Red Bull.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

So weit ist die Wut von Mark Webber nach dem Grand Prix von Silverstone nachvollziehbar. Weniger verständlich ist allerdings, dass der Australier selbst nach seinem Sieg immer noch nachtritt. Seine Verbalattacken haben mittlerweile sogar Teamchef Christian Horner so weit in die Bedrängnis gebracht, dass er sein Bedauern über den Vorfall in einer englischen Tageszeitung zum Ausdruck brachte. Allerdings nur darüber, dass er den Flügelwechsel nicht vorher mit Webber besprechen konnte.

Nachvollziehbare Entscheidung

Mark Webber ist der unzufriedene Sieger von Silverstone.

Mark Webber ist der unzufriedene Sieger von Silverstone.

(Foto: REUTERS)

Was Webber aber bedenken sollte, sind zwei Dinge. Zum einen war die Entscheidung Horners, den neuen Flügel an Sebastian Vettels Auto zu montieren, eine absolut nachvollziehbare. Vor Silverstone lag Vettel in der Fahrerwertung vor Webber auf Platz drei. Er war der Führende im Team und somit vielleicht nicht die Nummer eins, wie es Webber jetzt so lautstark postuliert, aber doch derjenige, der die besseren Chancen auf den Titel hatte.

Zum anderen sollte sich Webber fragen, wem diese Diskussion, die er da anzettelt, eigentlich nutzt. Red Bull ist in dieser Saison das Team mit dem schnellsten Auto und der Favorit auf den Konstrukteurs- aber auch den Fahrertitel. Egal ob nun Webber oder Vettel der erste Aspirant ist. Sie sind eigentlich diejenigen, die es zu schlagen gilt. Dass die Bullen weder in der Fahrer- noch in der Konstrukteurswertung vorne liegen, haben sie hauptsächlich sich selbst zu zuschreiben. Schlimm genug, aber da hilft eine solche Diskussion wahrlich nicht weiter.

Wasser auf die Mühlen der Konkurrenz

Es ist nicht verwunderlich, wenn ausgerechnet britische und italienische Medien gierig auf diesen Zug aufspringen und Sebastian Vettel zum Buhmann hochstilisieren. Der "Daily Mirror" sieht in ihm schon den "dunkelsten Bösewicht" und "La Repubblica bezeichnet ihn als den "unsympathischsten Piloten der Formel 1". Das ist eine ausgesprochen fragwürdige Rückendeckung, die Webber da bekommt. Denn beide haben ganz andere Teams, mit denen sie sympathisieren. Der "Mirror" würde einen Weltmeister des englischen Rennstalls McLaren sicher weitaus lieber sehen, als einen Titelträger namens Mark Webber aus Australien und der "La Repubblica" darf man getrost eine Nähe zu Ferrari unterstellen. Wenn sie sich jetzt auf Webbers Seite schlagen, dann hat das wenig mit Sympathie zu tun. Vielmehr kommt ihnen ein handfester Streit bei Red Bull durchaus gelegen.

Pech für Sebastian Vettel: Schon kurz nach Rennbeginn wird sein rechtes Hinterrad durch den Frontflügel von Lewis Hamilton aufgeschlitzt.

Pech für Sebastian Vettel: Schon kurz nach Rennbeginn wird sein rechtes Hinterrad durch den Frontflügel von Lewis Hamilton aufgeschlitzt.

(Foto: ASSOCIATED PRESS)

Letzten Endes kann auch Webber selbst kein Interesse daran haben, einen Stallkrieg zu führen. Vettel hat sich auch nach den Verbalattacken noch zurück gehalten. Und er hat schließlich die Entscheidung nicht getroffen. Das Argument, dass jeder Pilot im Feld ihm seinen Flügel angeboten hätte, ist hanebüchener Blödsinn, den Webber hoffentlich nicht ernsthaft glaubt. Alle Fahrer in der Formel 1 sind Egoisten und keiner hätte, wenn diese Option ernsthaft bestanden hätte, ein solches Angebot wahrgemacht.

Piloten müssen Egoisten sein

Formel-1-Piloten müssen Egoisten sein, denn in diesem Sport von Individualisten im Cockpit gibt es in Wirklichkeit kein Team. Das ist vielleicht der falsche Ansatz, den man immer noch bei Red Bull verfolgt. Hätte Vettel "Nein" sagen sollen, als man ihm den Flügel montierte? Sicher nicht, denn jeder Fahrer will das beste Material haben, um seine Chancen auf den Erfolg zu optimieren. Mit absoluter Sicherheit hätte Webber genauso wenig die Komponente abgelehnt, denn auch er will gewinnen. Eigentlich sollte er seine Genugtuung daraus ziehen, dass er Vettel am Start überholen konnte und Lewis Hamilton den Reifen von Vettel aufgeschlitzt hat. So hat er vielleicht etwas Gerechtigkeit erfahren, wenn die überhaupt angebracht war.

Mark Webber sollte sein Mütchen kühlen und sich darauf besinnen, seine Leistung abzurufen. Dann hat auch er eine Chance auf den Titel. Sich jetzt im Nachhinein an seinem Teamchef und seinem Teamkollegen abzuarbeiten, ist das Schlechteste, was er machen kann. Damit steigert er nur die Chancen der Konkurrenz. Im letzten Jahr lag Vettel klar vor Webber in der Fahrerwertung. Hätte Red Bull damals so klar gehandelt, wie es der Australier jetzt seinem Team unterstellt, hätte der Weltmeister 2009 vielleicht Sebastian Vettel heißen können. Darüber sollte Mark Webber nachdenken. Sebastian Vettel besser nicht, denn der scheint zu wissen, dass das Hadern mit der Vergangenheit nichts bringt. Ihm gehört die Zukunft.

Quelle: ntv.de

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