US-Basketballer starten Mission Das unschlagbare Team, das nur verlieren kann
28.07.2024, 07:51 Uhr
LeBron James führt die Riege der US-Superstars an.
(Foto: IMAGO/Beautiful Sports)
Bei den vergangenen vier Sommerspielen hat "Team USA" Basketball-Gold gewonnen. Nun soll Nummer fünf folgen. Die Mannschaft scheint so gut besetzt zu sein wie vielleicht noch nie. Für ein Trio wird's wohl "der letzte Tanz".
Eigentlich dürfte nichts passieren. Denn eigentlich dürfte ihnen Gold nicht zu nehmen sein. Von der Papierform her sind sie die klaren Favoriten. Keine der elf anderen Mannschaften im olympischen Basketball-Turnier der Männer hat so viel Quantität an Qualität wie die USA. So viele Superstars. Aber was heißt das schon im Sport? Und vor allem: Was garantiert das?
"Wir sind schlagbar, wenn wir nicht unsere Art von Basketball spielen. Und unser Stil ist Defensive", sagte Steph Curry nach dem mühseligen 101:100-Testspielerfolg vergangenes Wochenende gegen den Süd-Sudan. Anschließend folgte am Montag ein 92:88-Sieg gegen Weltmeister Deutschland in London. Dabei verhinderte vor allem LeBron James in der Schlussphase eine Niederlage. Andererseits spielte ein Kevin Durant überhaupt nicht, weil er immer noch Wadenprobleme hat.
Topstars im sportlichen Spätherbst
"Dieses Turnier wird kein Zuckerschlecken", schreibt "CBSSports.com". Basketball ist globaler geworden. Serbien hat Nikola Jokic, Griechenland Giannis Antetokounmpo, Kanada Shai Gilgeous-Alexander oder auch Jamal Murray und Frankreich Victor Wembanyama. Alles großartige Spieler, die eine Mannschaft und ein Land mitreißen können.
Dennoch sind die USA der Topfavorit. Angeführt wird die Mannschaft von drei Profis, die die wohl klangvollsten Namen ihrer Generation haben: LeBron James, Steph Curry und Kevin Durant. Das Trio befindet sich im sportlichen Spätherbst. James ist 39 Jahre alt, Curry 36, Durant 35.
James und Durant sind zum vierten Mal bei Olympia, Curry indes erlebt seine Premiere. 2010 und 2014 war er mit den USA jeweils Weltmeister geworden, doch "bei Sommerspielen das Nationaltrikot zu tragen", betont der Spezialist für Distanzwürfe, habe "noch mal eine ganz andere Bedeutung."
Er spielt erstmals international mit James zusammen. Der hatte mit Durant 2012 Olympiagold gewonnen. Und Curry wiederum kennt Durant aus den gemeinsamen drei Jahren (2016 bis 2019) bei den Golden State Warriors. Die Kalifornier wurden damals zweimal Meister.
Olympia 2004 als dunkle Stunde
"Wir machen einfach da weiter, wo wir aufgehört haben", sagte Durant. Er denke, dass "uns die Vertrautheit helfen wird". Diese Sommerspiele nennt Durant "ein Erlebnis" - obwohl er bereits in London, Rio und Tokio jeweils Gold gewonnen hat. Erfolgreicher ist in der Olympia-Geschichte des Männer-Basketballs nur sein Landsmann Carmelo Anthony, der zusätzlich zu den drei Olympiasiegen (2008, 2012, 2016) noch Bronze (2004) holte.
Die Spiele vor 20 Jahren in Griechenland galten als eine der dunkelsten Stunden des US-Basketballs. LeBron James, damals 19 Jahre alt und mit der Erfahrung von einer NBA-Saison, stand erst am Anfang seiner herausragenden Karriere. Doch er wurde ebenso ins Team berufen, wie Dwayne Wade (22 Jahre) und Carmelo Anthony (20). Denn etablierte Akteure wie Shaquille O'Neal, Kobe Bryant, Kevin Garnett oder Jason Kidd hatten schlichtweg keine Lust und sagten ab.
Nun mögen die ersten Olympischen Spiele für viele die Erfüllung eines Kindheits-Traumes sein - oder ein unvergessliches Erlebnis. Für James hingegen war Athen 2004 eine "vergeudete Zeit". Er habe keine Ahnung gehabt, worauf er sich damals eingelassen hatte, sagt James rückblickend. Die Bronzemedaille hat für ihn keinerlei Wert. Gut, sie wirkt im Vergleich zu all seinen anderen Trophäen und Auszeichnungen tatsächlich etwas blechern.
Wer mit drei Vereinen viermal NBA-Meister geworden ist, je viermal als MVP der Vorrunde sowie der Finalserie geehrt wurde und zudem noch zwei olympische Goldmedaillen gewonnen hat, der kann diese Bronze von vor 20 Jahren in der Aufzählung der eigenen Erfolge ja schon mal vergessen.
In Peking begann neue Ära
Doch die Schmach von damals - unter anderem blamierten sich die Amerikaner zum Auftakt gegen Puerto Rico 73:92 - hatte zu einem Umdenken bei USA Basketball geführt. Die Sommerspiele wurden fortan wieder ernst genommen. Wer beim Ringezirkus Amerika repräsentieren wollte, musste sich regelmäßig in der Nationalmannschaft einbringen - und nicht nur mit gepackten Koffern am Olympia-Flieger erscheinen.
Mit dem "Redeem-Team", angeführt von James und Kobe Bryant begann 2008 eine neue Ära der amerikanischen Dominanz. Es gab in Peking, London und Rio nicht nur Gold, sondern auch jeweils keine Niederlage. Das 76:83 gegen Frankreich zum Turnierauftakt 2021 in Tokio war das erste verlorene Spiel seit dem Halbfinale (81:89 gegen Argentinien) von Athen. Im Finale revanchierten sich Durant und Co. jedoch bei den Franzosen und holten durch einen 87:82-Sieg erneut Gold.
Offene Rechnung mit Deutschland
Auch mit Deutschland haben die USA noch eine Rechnung offen. Im September verloren sie im Halbfinale der Weltmeisterschaft 111:113. Die von Kapitän Dennis Schröder angeführte Mannschaft holte anschließend sogar den Titel. Die Amerikaner hingegen wurden nur Vierte. Allerdings haben Weltmeisterschaften bei ihnen nicht ansatzweise eine so große Bedeutung wie Sommerspiele.
Das wird daran deutlich, dass aus dem WM-Team des Vorjahres mit Tyrese Haliburton und Anthony Edwards nur noch zwei Akteure auch diesmal dabei sind. Alle anderen waren nicht mehr gut genug, wurden verdrängt, ersetzt durch Superstars wie James, Curry, Durant - oder auch einen Jayson Tatum.
Der 26-Jährige gilt als der beste Spieler seiner Generation, hatte Mitte Juni die Boston Celtics zur Meisterschaft geführt und am 1. Juli mit einem Fünf-Jahres-Vertrag über 314 Millionen Dollar den bestbezahlten Kontrakt der NBA-Geschichte unterschrieben.
Obwohl die USA in ihren fünf Testspielen auf dem Weg zur Vorrunde nach Lille kaum geglänzt hatten, gewannen sie alle Spiele. Und nach der geglückten 92:88-Generalprobe gegen Deutschland meinte Trainer Steve Kerr selbstbewusst, dass sein Team "noch ein weiteres Level" in sich habe. Anschließend korrigierte er sich umgehend. "Wir haben noch zwei höhere Level in uns - aber dafür kommt es, wie immer, auf die gesamte Mannschaft an."
Zum Auftakt gegen Vizeweltmeister Serbien
Soll heißen: Seine Spieler, die in ihren Vereinen die Anführer sind, die Superstars, diejenigen, die in der Schlussphase den letzten Wurf bekommen, müssen sich umstellen. Müssen eine neue, eine bescheidenere, aber ebenso wichtige Rolle einnehmen. Und zwar bereits heute, zum Auftakt.
Der Gegner ist Serbien (17.15 Uhr) und passt genau in die Kategorie, die sich die Amerikaner wünschen: echter Gradmesser. Der Vize-Weltmeister hat mit Nikola Jokic einen Superstar, der in drei der vergangenen vier Spielzeiten zum "wertvollsten Spieler" (MVP) in Nordamerikas Profiliga NBA gewählt worden war. Am 17. Juli gewannen die USA gegen Jokic und Co. 105:79.
Durant hat in der Vorbereitung nicht gespielt, soll aber heute zum Einsatz kommen. Für ihn, James und Curry wird dieses Turnier wohl der Abschied von der internationalen Basketball-Bühne. Klar, Sommerspiele 2028 in Los Angeles - das klingt cool, verführerisch, sexy. Aber James wäre dann 43 Jahre alt, Curry 40 und Durant 39. Und es wäre sicherlich kein gutes Zeichen, wenn die Nationalmannschaft dann immer noch unbedingt auf ihre Dienste angewiesen wäre.
Quelle: ntv.de