Auf Olympia folgen Paralympics In Paris brennt das sportliche Feuer weiter
12.08.2024, 14:07 UhrNach den Olympischen Spielen ist vor den Paralympics: Paris atmet nur mal kurz durch, dann geht es mit dem Sport auch schon weiter. Am 28. August starten die Spiele für Menschen mit Behinderung, mehr als 140 Athleten aus Deutschland sind dabei. Von den Investitionen profitiert auch die französische Hauptstadt.
Die Olympische Flamme ist erloschen, die Spiele offiziell beendet - und doch geht es schon in 16 Tagen wieder sportlich hoch her in Paris. Wieder wird ein Feuer brennen, wieder treffen sich Tausende Athletinnen und Athleten zu ihren Wettkämpfen, werden angefeuert von Millionen Fans. Denn am 28. August werden die Paralympischen Spiele eröffnet. Bis zum 8. September kämpfen etwa 4400 Menschen mit Behinderungen aus rund 170 Nationen um Gold, Silber und Bronze.
Einige Para-Sportlerinnen und Sportler aus Deutschland konnten bei den Olympischen Spielen schonmal in Paris reinschnuppern, so waren etwa die Basketballerinnen Mareike Miller und Svenja Erni dabei, als die 3x3-Basketballerinnen Gold gewannen. Miller hatte mit Sonja Greinacher und Marie Reichert in der Jugend zusammengespielt, ehe mehrere Kreuzbandrisse sie zur Sportinvalidin machten und sie als Rollstuhlbasketballerin durchstartete. "Und jetzt sehe ich hier, was aus ihnen geworden ist", sagte sie dem ZDF begeistert. Miller weiß, wie sich Gold um den Hals anfühlt. Sie wurde 2012 Paralympics-Siegerin, 2016 gewann ihr Team Silber, in Tokio wurden sie Vierte.
22 Sportarten stehen dann in Paris auf dem Programm, die Wettkampfstätten sind die gleichen wie bei den Olympischen Spielen. Leichtathletik etwa steigt im Stade de France, in Roland Garros wird Rollstuhl-Tennis gespielt, die Dressurreiter sind ebenfalls im Schlosspark von Versailles unterwegs, die Triathleten sollen ebenfalls in der Seine schwimmen - dahinter steht garantiert ein Fragezeichen, nachdem mehrere Freiwasserschwimmer und Triathleten nach ihren Wettkämpfen bei Olympia in medizinische Behandlung mussten. Dazu gibt es Blindenfußball, Goalball, Badminton, Boccia, Bogensport, Gewichtheben, Judo, Kanu, Radsport, Rudern, Schwimmen, Sportschießen, Taekwondo, Tischtennis, Rollstuhlbasketball, Rollstuhlfechten, Rollstuhlrugby und Sitzvolleyball.
Weil es durch die verschiedenen Arten und Ausprägungen der Behinderungen verschiedene Startklassen gibt, werden insgesamt 549 Paralympics-Sieger gekrönt werden. Zehn Arten der Klassifizierung sind anerkannt: Kleinwuchs, Beeinträchtigung der Sehfähigkeit, Fehlbildung oder Fehlen von Gliedmaßen, Beeinträchtigung der Muskelkraft, Beeinträchtigung der passiven Gelenkbeweglichkeit, unterschiedliche Beinlänge, Muskelhypertonie, Ataxie, also Störungen der Bewegungskoordination, intellektuelle Beeinträchtigung und Athetose, eine Form der Bewegungsstörung.
69-Jährige ist die älteste Deutsche
Miller freute, dass sie bei den Olympischen Spielen sehen konnte, dass auch die Paralympics in der Stadt weithin sichtbar sind. So ist auf der einen Seite des Arc de Triomphe das Logo des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) angebracht und das Maskottchen grüßt im Double. Eine der roten phrygischen Mützen trägt eine Beinprothese.
Das Team Deutschland wird in 18 Sportarten vertreten sein, nur für Blindenfußball, Goalball, Gewichtheben und Taekwondo konnten sich keine Deutschen qualifizieren. Es könnten noch einzelne Sportlerinnen und Sportler zugelassen werden, bislang sind 142 Teilnehmende aus Deutschland in Paris dabei - 65 Sportlerinnen und 77 Sportler, dazu kommen fünf Guides, die sehbeeinträchtigte Athleten etwa im Sprint und Triathlon begleiten sowie beim Bahnradsport das Tandem lenken. Deutschlands älteste Teilnehmerin ist mit 69 Jahren Dressursportlerin Heidemarie Dresing, die jüngste ist die 14-jährige Schwimmerin Johanna Döhler. In Tokio 2021 gewannen das Team Deutschland insgesamt 43 Medaillen - 13x Gold, 12x Silber, 18x Bronze - und belegte damit Platz zwölf im Nationenvergleich.
Deutschlands wohl bekanntester Athlet ist Markus Rehm. Der Weitspringer hat bereits einige Male den Weltrekord verbessert, derzeit steht dieser bei 8,72 Meter - nur 23 Zentimeter unter der Bestweite von Mike Powell bei den Männern ohne Behinderung. Rehm, der unterhalb des rechten Knies eine Prothese trägt, hat bereits vier Paralympics-Goldmedaillen sowie eine Bronzemedaille im Schrank und ist einer der Stars der Leichtathletik-Szene. Bereits fünfmal Gold hat Radfahrer Michael Teuber gewonnen. Schon zum zehnten Mal bei den Paralympics dabei sein wird Leichtathletin Martina Willing, die 1994 auch bei den Winterspielen antrat. Im Speerwurf, Diskuswurf, Kugelstoßen sowie im Biathlon und Langlauf sammelte sie bislang insgesamt dreimal Gold, fünfmal Silber und sechsmal Bronze bei Paralympics.
Auch Paris profitiert von Paralympics
Bereits mehr als 50 Prozent der drei Millionen Eintrittskarten sind verkauft, rühmte sich Organisationschef Tony Estanguet kürzlich. Wer nicht nach Paris reisen kann, die Paralympics aber trotzdem verfolgen will, kann auf den TV zurückgreifen. ARD und ZDF berichten wie bei den Olympischen Spielen im täglichen Wechsel. Aufgrund der Eröffnungsfeier hat der DFB sogar die erste Pokal-Runde zwischen Carl Zeiss Jena und Double-Sieger Bayer Leverkusen am 28. August auf 18 Uhr gelegt, damit im Anschluss die Feier übertragen werden kann. Am 2. Und 4. September gibt es in der ARD die Paralympics zur Primetime - am 4. September will Rehm sein fünftes Gold gewinnen. Ansonsten gibt es etwa tägliche Sendungen zwischen 11 Uhr und 15 Uhr, zudem Livestreams in den Mediatheken.
In Paris geht es natürlich um die Sportlerinnen und Sportler, doch auch die Einwohner der französischen Hauptstadt profitieren vom Großevent, machte Andrew Parsons, der Präsident des IPC, deutlich. Die bevorstehenden Paralympics hätten eine "Revolution" bei der Inklusion bewirkt, sagte er. Nicht nur für die 185.000 in der Stadt lebenden Menschen mit körperlichen Einschränkungen sei Paris "zugänglicher" geworden, sondern auch für Geschäftsreisende und Touristen. Um die Metropole inklusiver zu gestalten, wurden 125 Millionen Euro investiert. Öffentliche Gebäude und der Nahverkehr wurden zugänglicher gemacht, es gibt an kritischen Kreuzungen jetzt 10.400 akustische Module für Menschen mit Sehbehinderung. "Die Verbesserungen, die Paris in den vergangenen sieben Jahren gemacht hat, sind fantastisch", lobte Parsons, sie sollten aber auch nur "ein Startpunkt einer Reise sein."
Ein Problem ist nach wie vor die Metro, wo viele Stationen nicht barrierefrei sind - das ist auch für Menschen mit Gepäck oder Kinderwagen sehr unpraktisch. Das Problem sieht auch Miller. Sie selbst ist im Alltag nicht auf den Rollstuhl angewiesen, aber ihre Teamkolleginnen. "In den Arenen ist alles super, sobald man dort ist, wird jeder barrierefrei tolle Erlebnisse haben. Aber man muss halt auch erstmal da hinkommen", sagte sie dem ZDF.
Die Deutschen werden sich die Laune davon hoffentlich nicht verderben lassen. Gute Stimmung dürfte wie während der Olympischen Spiele im Deutschen Haus herrschen. Das Stade Jean Bouin bleibt der Treffpunkt des Teams Deutschland. Die Empfänge der Medaillengewinner bei den Olympischen Spielen haben für viel Gänsehaut und Freudentränen gesorgt. Das soll auch während der Paralympics so sein.
Quelle: ntv.de, ara