3 statt 1000 Funkanlagen 1&1 startet mit mickrigem Mobilfunknetz
03.01.2023, 16:57 Uhr
1&1 willl der vierte große Mobilfunkanbieter in Deutschland werden.
(Foto: picture alliance / Wedel/Kirchner-Media)
Mit einem eigenen Handynetz will 1&1 den etablierten Telekommunikationskonzernen auf die Pelle rücken. Doch zum Jahreswechsel bleibt das Unternehmen weit hinter den eigenen Ausbauplänen zurück. Bußgelder der Bundesnetzagentur sind möglich.
Beim Start des vierten deutschen Mobilfunknetzes hat Neueinsteiger 1&1 eine staatliche Ausbaupflicht deutlich verfehlt. Zum Jahresende konnte das Unternehmen aus dem rheinland-pfälzischen Montabaur nach eigenen Angaben nur drei funktionierende Funkanlagen in Frankfurt am Main und in Karlsruhe melden. Eigentlich hätten bereits 1000 5G-Stationen aktiviert sein sollen. Davon seien 50 schon in anderen Städten fertig, teilt 1&1 mit. Diese sollen schrittweise in Betrieb genommen werden. Weitere 235 befinden sich demnach im Bau. Im Jahresverlauf soll das 1000er-Ziel erreicht werden.
1&1 hatte bereits im September eingeräumt, dass es das Zwischenziel nicht fristgerecht erreichen würde und dies mit Lieferengpässen bei einem Ausbaupartner begründet. Das Ausmaß der Verfehlung wurde allerdings erst jetzt bekannt.
Vorerst kein mobiles Netz
Auch im Bereich der drei funktionierenden Funkanlagen können Kunden das neue Netz vorerst aber nicht für Mobilfunkanwendungen nutzen: Der Empfang für unterwegs ist nicht möglich, nur Haushalte in der Nähe der Antennen können die Funksignale empfangen. Die 5G-Türme sind bis auf Weiteres als Alternative zum Festnetz-Internet gedacht, um in Wohnungen eine schnelle Internetverbindung zu bekommen.
Letztlich sind die neuen Funktürme ein erster Schritt hin zum vierten deutschen Mobilfunknetz. Erst im Herbst sollen die Antennen auch für Handynutzer freigeschaltet werden, die unterwegs sind - dann wird es zum Mobilfunknetz im eigentlichen Sinne, also zu einer mobil verfügbaren Anwendung.
1&1 hatte 2019 erstmals ein Frequenzspektrum für rund 1,1 Milliarden Euro ersteigert, um sein eigenes Handynetz aufzubauen. Bisher greift die Firma vor allem auf das Netz von O2 (Telefónica) zurück und zahlt dafür Miete. Künftig will 1&1 aber auf eigenen Beinen stehen.
12.600 Funkmasten und 500 Rechenzentren
Bis Ende 2025 muss 1&1 mindestens 25 Prozent der deutschen Haushalte mit seinem Mobilfunk-Netz erreichen und bis Ende 2030 müssen es 50 Prozent sein, geht aus den Auflagen der Bundesnetzagentur vor. Letztere Vorgabe wolle man "frühzeitig" erfüllen, sagte Firmenchef Ralph Dommermuth. "Dafür werden etwa 12.600 Funkmasten und über 500 regionale Rechenzentren in Betrieb genommen."
1&1-Funkmasten werden den Angaben zufolge mit Gigabit-Antennen ausgestattet und mit Glasfaser an sogenannte Edge-Rechenzentren angeschlossen, genutzt wird die OpenRAN-Technologie. Die Abstände zwischen Antennen und den Rechenzentren sind gering und die Datenlaufzeiten kurz. Dadurch sei "Echtzeitfähigkeit im gesamten Netz" gewährleistet, hieß es von 1&1. Im Gegensatz zur Konkurrenz verzichte man auf Antennen des chinesischen Herstellers Huawei.
Bundesnetzagentur prüft Bußgelder
Bisher gibt es in Deutschland drei Handynetze: von der Deutschen Telekom, von Vodafone und von Telefónica mit seiner Marke O2. Mit Telefónica bleibt 1&1 künftig eng verbunden: Dort, wo der neue Netzbetreiber keine Antennen hat, sollen dessen Kunden mit dem O2-Netz verbunden werden - dafür schlossen die Firmen einen Roaming-Vertrag ab.
Und wie geht die Bundesnetzagentur um mit der Erkenntnis, dass der Neueinsteiger die Pflicht, 1000 5G-Stationen bis zum Jahreswechsel in Betrieb zu nehmen, verletzt hat? Ein Sprecher der Regulierungsbehörde sagte, dass die Firmen noch bis Freitag Zeit haben für Rückmeldungen zum Ausbaustand. "Sofern die Bundesnetzagentur nach Ablauf der Frist feststellt, dass die Auflagen nicht oder nicht vollständig erfüllt wurden, prüft sie unter Berücksichtigung der vorgetragenen Verzögerungsgründe, ob Rechtsfolgemaßnahmen wie Bußgelder und/oder Zwangsgelder verhängt werden." Er fügte hinzu, der Netzstart von 1&1 zeige, "dass die Grundvoraussetzungen für einen Ausbau nunmehr bestehen".
Quelle: ntv.de, chr/dpa