Wirtschaft

Megaprojekt als Milliardengrab A400M vor dem Absturz

Im Streit um das verspätete Militärtransporter-Projekt A400M erhöht Airbus-Chef Tom Enders offenbar den Druck auf Abnehmerländer wie Deutschland und Frankreich. Der Manager soll den Ausstieg aus dem Bau des Flugzeugs vorbereiten.

Geflogen ist der A400M wenigstens schon einmal.

Geflogen ist der A400M wenigstens schon einmal.

(Foto: AP)

Der A400M kostet nach Informationen der "Financial Times Deutschland" 11,3 Milliarden Euro mehr als geplant. Enders sei daher fest entschlossen, das Programm einzustellen, wenn es bis Ende Januar nicht zu einer Einigung mit den Käuferstaaten über die Kostenteilung komme. Die Chancen dafür stünden 50:50.

Es gebe bereits Listen, bei welchen Zivilprojekten die A400M-Ingenieure eingesetzt werden könnten, berichtete die "FTD" weiter. So könnten schon Anfang Februar 100 A400M-Ingenieure zum neuen Zivilmodell A350 wechseln. Enders sei sehr skeptisch, dass bis Ende Januar mit den Regierungen der insgesamt sieben europäischen Bestellländer eine Einigung über die Zusatzzahlungen von 5,3 Milliarden Euro gefunden werde, berichtete das Blatt unter Berufung auf Unternehmenskreise weiter.

Deutsch-französische Dissonanzen

Nach Informationen von Insidern gehen im Airbus-Mutterkonzern EADS die Meinungen auseinander. Der französische Konzernchef Louis Gallois sei kompromissbereit und habe eine Verlängerung der Verhandlungen bis Ende Januar durchgesetzt. Enders vertrete eine harte Position und lehne Verhandlungen über diese letzte Frist hinaus ab.

Louis Gallois (rechts) gibt sich moderater. Thomas Enders geht auf's Ganze.

Louis Gallois (rechts) gibt sich moderater. Thomas Enders geht auf's Ganze.

(Foto: REUTERS)

Am A400M-Projekt hängen 40.000 Arbeitsplätze in Europa, davon 11.000 in Deutschland. Die beiden größten Kunden, Deutschland und Frankreich, sind über Zugeständnisse an Airbus zerstritten. Paris will das Projekt auf jeden Fall mit Kompromissen retten, doch Berlin beharrt auf dem alten Vertrag.

Der Luftfahrtexperte des Kölner Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW), Klaus-Heiner Röhl, sieht das Problem vor allem auf der deutschen Seite. "Gerade hier sind große militärische Beschaffungsprojekte immer besonders wenig angesehen", sagte er bei n-tv. In Frankreich zähle da viel mehr die Freude über die eigene Technologie als in Deutschland. Laut Röhl hat in Frankreich auch das Militär ein höheres Ansehen. 

Nach Berechnungen der Wirtschaftsprüfung PricewaterhouseCoopers (PwC) werden die Programmkosten von 20 Milliarden Euro für die Entwicklung und den Bau der ersten 180 Maschinen um 7,4 Milliarden Euro überschritten. EADS hat dafür bereits 2,4 Milliarden zurückgestellt. PwC kam zum Ergebnis, dass EADS die Mehrkosten alleine tragen könne. Die "FTD" spricht nun von 11,3 Milliarden Euro Mehrkosten, von denen Deutschland und die sechs anderen Kunden 5,3 Milliarden Euro übernehmen sollen. EADS würde neben den schon verbuchten 2,4 Milliarden die restlichen 3,6 Milliarden Euro tragen.

Jeden Monat tiefrote Zahlen

Ein Airbus-Sprecher erklärte: "Wir wollen das A400M-Programm zu einem Erfolg führen und sind bereit, auch unsere Verantwortung zu übernehmen und die Lasten zu teilen." Die Höhe der Mehrkosten hänge auch vom Ergebnis der Verhandlungen mit den Kunden ab. "Wir hoffen auf ein Ergebnis bis Ende Januar." Der von Enders gesetzte Zeitplan sei "sehr eng, weil die A400M jeden Monat ein dickes Minus produziert". Airbus könne die im Projekt gebundenen Ingenieure gut für den Superairbus A380 und den Zukunftsflieger A350 gebrauchen.

Bei einem Programmabbruch müsste EADS 5,7 Milliarden Euro - laut "FTD" sogar 6,4 Milliarden Euro - Anzahlungen zurückerstatten. In den Verhandlungen geht es nicht nur um die Preise, sondern auch um die Ausstattung und Leistung des Flugzeugs, das an die Bedürfnisse jedes Kunden angepasst wird. Im Gespräch ist auch eine Senkung der Liefermenge, bei der die erste Tranche zu den vereinbarten Preisen geliefert wird. Die IG Metall unterstützt diese Tranchenlösung.

Deutschland ist mit 60 von insgesamt 180 Bestellungen größter Abnehmer des A400M, der bei der Bundeswehr die über 30 Jahre alten Transall-Maschinen ersetzen soll.

Quelle: ntv.de, wne/rts/dpa

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