Gabriel verabschiedet TTIP Ceta steht vor der Tür
23.09.2016, 17:34 Uhr
Auch in Bratislava fanden sich Dutzende Menschen ein, um gegen Ceta zu protestieren.
(Foto: imago/CTK Photo)
Die EU scheint sich nach einem Ministertreffen grundsätzlich einig über das Handelsabkommen mit Kanada. Im Oktober soll Ceta beschlossen und unterzeichnet werden. Der große Bruder TTIP mit den USA steht dagegen vor dem Aus.
Das umstrittene Handelsabkommen Ceta mit Kanada ist auf der Zielgeraden. "Es gibt eine große Bereitschaft, das Abkommen im Oktober zu unterzeichnen", sagte Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel nach Beratungen mit seinen EU-Kollegen in Bratislava. Europa sei es gelungen, die eigenen Standards durchzusetzen, brach er ein Lanze für den Vertrag, der Zölle und Handelshindernisse abbauen und so Exporte und Konjunktur ankurbeln soll. "Wir schaffen erstmals vernünftige Regeln für die Globalisierung."
Der Vertrag mit Kanada ist fertig ausgehandelt. Der formale EU-Beschluss ist für den 18. und die Unterzeichnung für den 27. Oktober vorgesehen. Umstrittene Punkte will die EU-Kommission nach Angaben von Gabriel bis dahin nachbessern.
Bedenken hatten zuletzt noch Deutschland, Belgien und Österreich geäußert, vor allem gegen Sonderrechte für Investoren und Risiken für öffentliche Unternehmen wie Wasserwerke. Der Co-Vorsitzende der europäischen Grünen, Reinhard Bütikofer, sah Ceta deshalb noch kurz vor dem Ministertreffen auf der Kippe. Auch der österreichische Bundeskanzler Christian Kern übte in der "Tiroler Tageszeitung" noch einmal Kritik. Dennoch zeigte er sich optimistisch, dass eine Einigung erzielt werden könnte. Der belgische Außenminister Didier Reynders äußerte sich ähnlich.
Klarheit durch eine Zusatzerklärung
Die Kürzel TTIP und Ceta stehen für Freihandelsverträge, über die seit Jahren verhandelt wird. Dass TTIP jemals in Kraft tritt, gilt mittlerweile als unwahrscheinlich - nicht zuletzt, weil Wirtschaftsminister Gabriel das geplante Abkommen mit den USA für gescheitert erklärt hat. Dagegen ist das europäisch-kanadische Abkommen Ceta zwar noch nicht beschlossen, aber fertig. Generell kritisieren Organisationen wie Attac, Ceta und TTIP seien eine Gefahr für europäische Sozial- und Umweltstandards. Befürworter sagen dagegen, Freihandel sorge für Wirtschaftswachstum und Arbeitsplätze.
Ceta-Gegner befürchten eine Aushöhlung von Standards und zu viel Macht für multinationale Konzerne. Sie versuchen, die Unterzeichnung zu stoppen. Am 12. Oktober will das Bundesverfassungsgericht über ihre Eilanträge verhandeln und am Tag darauf entscheiden.
Die Befürworter von Ceta setzen darauf, dass die Vorbehalte mit einer rechtlich verbindlichen Zusatzerklärung ausgeräumt werden können. Kanada sei dazu bereit, versicherte EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström. Gabriel erklärte, bis zur Unterzeichnung solle Klarheit herrschen.
TTIP-Neustart nach den Wahlen?
Ceta galt lange als eine Art Blaupause für das noch umstrittenere Abkommen TTIP mit den USA. Im Gegensatz zu Kanada seien die Amerikaner allerdings nicht bereit gewesen, Europa ähnliche Angebote zu machen, unterstrich Gabriel. In diesem Jahr werde TTIP garantiert nicht mehr fertig. Seine Schlussfolgerung: "Ob es zu einem Neustart kommt, hängt vom Ausgang der US-Wahlen und von künftigen Zugeständnissen der USA ab. Wenn die USA den mit Ceta gesetzten Standard nicht mittragen, wird es kein Abkommen mit Washington geben."
Österreichs Vizekanzler Reinhold Mitterlehner schlug nach den Beratungen in Bratislava einen kompletten Neustart der TTIP-Verhandlungen unter anderem Namen vor. "Es wäre vernünftig, nachdem das Thema so negativ besetzt ist, es vollkommen neu aufzusetzen, einen Relaunch zu machen nach den amerikanischen Wahlen", erklärte er.
Der Fahrplan für Ceta sieht nach der Unterzeichnung ein zweigleisiges Ratifizierungsverfahren vor: Sobald das Europaparlament zugestimmt hat, könnten 2017 bereits die Teile in Kraft treten, die in der Zuständigkeit der EU liegen. Danach folgt die Ratifizierung in den 28 Mitgliedstaaten. Besonders umstrittene Teile wie der Investorenschutz sollen aber erst gelten, wenn alle Parlamente zugestimmt haben.
Quelle: ntv.de, chr/dpa/AFP