Stärkere Stimme bei der Weltbank China überholt Deutschland
26.04.2010, 07:27 UhrAufstrebende Wirtschaftsmächte und arme Länder haben künftig bei der Weltbank mehr zu sagen. Deutschland räumt seinen drittstärksten Platz bei der Organisation für Entwicklungshilfe und macht Platz für China. Erstmals seit mehr als 20 Jahren beschließen die Mitgliedsländer zudem eine milliardenschwere Kapitalerhöhung.

Nach dem Willen von Weltbank-Präsident Robert Zoellick (l.) sollen Schwellen- und Entwicklungsländer "mit der Zeit" auf den selben Stimmenanteil kommen wie Industriestaaten.
(Foto: REUTERS)
Die Mitglieder der Weltbank haben sich darauf geeinigt, Schwellenländern künftig mehr Mitsprache einzuräumen. Die 186 Mitglieder stimmten dafür, dass die Schwellenländer künftig 3,13 Prozent mehr Stimmgewicht als bislang erhalten. China machte die Reform zum einflussreichsten Weltbank-Mitglied hinter den USA und Japan.
Die Schwellen- und Entwicklungsländer haben künftig insgesamt ein Stimmgewicht von 47,19 Prozent. Weltbank-Präsident Robert Zoellick würdigte die Entscheidung als "einen sehr guten Tag für den Multilateralismus". US-Finanzminister Timothy Geithner sagte, die neue Formel werde "das Gewicht der Entwicklungs- und Schwellenländer besser widerspiegeln" und gleichzeitig die Stimme der "kleinsten und ärmsten Länder" schützen.
Weiter keine "maßgebliche Stimme"
Brasiliens Finanzminister Guido Mantega kritisierte dagegen, dass die Schwellenländer gemessen an ihrer weltökonomischen Rolle weiterhin "erheblich unterrepräsentiert" seien. Neben China profitierten auch Brasilien und Indien von der Reform. Nach Einschätzung von Mark Weisbrot, Co-Direktor des Zentrums für Wirtschafts- und Politikforschung, hätten trotz der Reformen die Schwellen- und Entwicklungsländer auch weiterhin keine "maßgebliche Stimme".
Japan büßte am meisten Mitsprache ein, bleibt aber nach den USA das Land mit dem zweitgrößten Einfluss in der Weltbank. Auch die Europäer, darunter Deutschland, gaben Einfluss ab. Die USA haben künftig ein Stimmgewicht von 15,85 Prozent, Japan kommt auf 6,84 Prozent. China verfügt künftig über 4,42 Prozent der Stimmen, was einem Zugewinn von 60 Prozent entspricht.
Tokio habe die Reform akzeptiert, erklärte Finanzminister Rintaro Tamaki. Chinas Finanzminister Xie Xuren begrüßte sie als "wichtigen Schritt" hin zu einem ausgeglichenen Stimmengewicht. Es sei jedoch nur ein Schritt in einem Prozess. 2015 will die Weltbank über eine weitere Reform entscheiden.
Frische Milliarden für Kredite
Außerdem beschloss die Weltbank eine Kapitalerhöhung von 5,1 Mrd. US-Dollar (umgerechnet rund 3,8 Mrd. Euro), um eine steigende Kreditvergabe angesichts der globalen Finanzkrise finanzieren zu können. Es ist die erste Kapitalerhöhung nach mehr als 20 Jahren. Mehr als die Hälfte des frischen Geldes kommen von den Entwicklungsländern.
Zuvor hatte Zoellick bereits angekündigt, dass das Frühjahrstreffen der Weltbank einen Wendepunkt markieren werde. "Die ökonomischen und politischen tektonischen Platten verschieben sich", sagte Zoellick. "Wir können uns mit ihnen verschieben." Bereits bei ihrer Jahrestagung in Istanbul im vergangenen Jahr hatten sich die Weltbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) verpflichtet, das Mitspracherecht der Schwellenländer zu stärken.
Quelle: ntv.de, AFP/dpa