Buffett prangert Superreiche an "Das Problem sind Menschen wie ich"
28.06.2017, 17:15 Uhr
Milliardär und Starinvestor Warren Buffett spendet die Hälfte seines Vermögens.
(Foto: REUTERS)
Wenn Länder und Börsen boomen, aber nur Reiche reicher werden und Arme ärmer, stimmt was nicht. Selbst Milliardäre wie Warren Buffett sehen das ein - und zeigen bei der Suche nach Schuldigen auf sich.
"Manchmal ist Wachstum einfach nicht genug", brachte Ex-Zentralbanker Ben Bernanke am Dienstag auf der EZB-Konferenz in Portugal ein Phänomen auf den Punkt, das nicht nur Ökonomen wahnsinnig macht: Während Reiche immer reicher werden, werden viele Arme immer ärmer.
Vor Geldpolitikern und Wissenschaftlern aus der ganzen Welt stellte Bernanke seine Zunft an den Pranger. Ökonomen hätten mehr auf soziale Schieflagen achten müssen. Auch EZB-Präsident Mario Draghi räumte ein: Die Gobalisierung hat immensen Reichtum hervorgebracht. Trotzdem gebe es zu viele Verlierer, das Thema Ungleichheit sei zu lange ignoriert worden.
Schuldeingeständnisse haben in diesen Tagen offenbar Konjunktur. "Das eigentliche Problem für die US-Wirtschaft ist aus meiner Sicht der unglaubliche Reichtum der extrem Reichen", sagt Starinvestor Warren Buffett dem US-Sender CNBC. Ihn plagen zwar keine finanziellen Sorgen, aber dafür bedrückt ihn die mangelnde Gerechtigkeit auf der Welt.
Als Unternehmer und Aktienguru hat der 86-Jährige in den vergangenen Jahrzehnten von der Globalisierung wie kaum ein anderer profitiert. Mit 75 Milliarden Dollar ist er heute der zweitreichste Mensch auf dem Planeten. Genau darin sieht der Milliardär das größte Problem.
Die 400 reichsten Amerikaner hätten 1982, als das Magazin "Forbes" seine berühmte Reichen-Liste erstmals veröffentlichte, zusammen 93 Milliarden Dollar besessen. Heute seien es 2,4 Billionen Dollar. Die Reichsten der Reichen hätten vom zunehmenden Wohlstand "überproportional" profitiert.
Fortschritt kennt nicht nur Gewinner
Die Börsen hätten seit dem Crash 2009 zugelegt, der amerikanischen Wirtschaft gehe es gut. Zwei Prozent Wachstum im Jahr für die US-Wirtschaft sei eine "gesunde Zahl", so Buffett. "Sie wird die Lebensqualität von vielen Amerikanern verbessern." Innerhalb einer Generation werde das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf um 19.000 Dollar steigen. Bei einer vierköpfigen Familie mache das 76.000 Dollar. "Ihre Kinder und Kindeskinder werden mit diesen zwei Prozent Wachstum deutlich besser leben."
Für die meisten Menschen wird das jedoch schnöde Theorie bleiben. Das räumt auch der Milliardär ein: Dass es der Wirtschaft gut gehe, heiße nicht, "dass es allen Amerikanern gut geht". Ein Grund sei die Automatisierung und Digitalisierung, die schneller voranschreite als die Arbeiter umgeschult werden können. "Um das Jahr 1800 herum waren 80 Prozent der erwerbstätigen Bevölkerung notwendig, um genügend Nahrung für das Land zu produzieren. Dafür braucht man heute weniger als 3 Prozent."
Der Wirtschaftsboom gehe an manchen Menschen einfach vorbei - so zum Beispiel an den Stahlarbeitern aus Ohio. Wenn Arbeiter aus der Erwerbstätigkeit herausfallen, weil ihre Fähigkeiten nicht mehr gebraucht würden, müsste die Gesellschaft sich um sie zu kümmern. Sie müssten umgeschult werden, damit sie wieder in den Arbeitsprozess eingegliedert werden könnten, sagt Buffett.
Buffett hat seine erste Aktie mit elf Jahren gekauft und danach immer weiter investiert. In den vergangenen Jahrzehnten scheffelte er so Milliarden. Der Spitzenverdiener empfiehlt allen, es ihm gleich zu tun: "Sie sollten kaufen, kaufen und kaufen. Und in 30 oder 40 Jahren werden sie viel Geld haben." Seine Beteiligungsgesellschaft Berkshire Hathaway sorgt mit ihren Aktien-Coups immer wieder für Schlagzeilen.
Geteilte Meinung zu Trump
Seit 2010 widmet sich Buffett aber auch der gerechteren Vermögensverteilung. Mit Microsoft-Mitbegründer Bill Gates engagiert er sich in der Stiftung "The Giving Pledge". Hier geben die reichsten Menschen der Welt ihr Versprechen, mindestens die Hälfte ihres Vermögens zu verschenken. Ziel ist nicht nur, damit Bedürftigen zu helfen, sondern auch, ein Vorbild für andere Reiche zu sein, das Gleiche zu tun.
Auch politisch hält Buffett mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Lautstark hatte er zuletzt das Vorhaben von US-Präsident Donald Trump kritisiert, die Gesundheitsreform von seinem Vorgänger Barack Obama zurückzunehmen. Diese Pläne zum Umbau des US-Gesundheitssystems seien ein Steuergeschenk für Spitzenverdiener, sagte das "Orakel von Omaha". Der Entwurf Republikaner zur Neuordnung der "Obamacare"-Krankenversicherung könnte auch den Titel "Gesetz zur Hilfe von Reichen" tragen. Bei ihm selbst würden die Steuern durch Trumps Vorhaben um 17 Prozent niedriger ausfallen, sagte der 86-jährige Investor.
Ben Bernanke, dessen Vermögen auf zwei Millionen Dollar geschätzt wird, äußerte sich zu Trump deutlich weniger kritisch: "Was immer man über Donald Trump denkt, er verdient Anerkennung, dass er sich als Präsidentschaftskandidat der großen Frustration der vergessenen Amerikaner angenommen hat", sagte der frühere Zentralbankchef. Die Verdienste um die Sache lassen noch auf sich warten. Der Weg zu mehr Gerechtigkeit wird holprig.
Quelle: ntv.de