Wirtschaft

Informierte Geheimdienst Piëch? Diesel-Gate-Spur führt nach Israel

Ferdinand Piech (r.) - hier mit Winterkorn auf einer VW-Hauptversammlung - behauptet den Ex-Vorstandschef frühzeitig mit den Shin-Bet-Informationen konfrontiert zu haben.

Ferdinand Piech (r.) - hier mit Winterkorn auf einer VW-Hauptversammlung - behauptet den Ex-Vorstandschef frühzeitig mit den Shin-Bet-Informationen konfrontiert zu haben.

(Foto: imago/Lars Berg)

Der ehemalige VW-Patriarch Ferdinand Piëch streitet mit dem Konzern darüber, wer wann was wusste im Abgasskandal. Neue Berichte zitieren nun angebliche Geheimdienstinformationen dazu. Eine Verbindung von Wolfsburg zum Shin Bet gibt es tatsächlich.

Nun auch noch der israelische Geheimdienst: Berichten zufolge soll der Inlandsnachrichtendienst Shin Bet frühzeitig über die Abgasmanipulationen beim deutschen Autobauer Volkswagen Bescheid gewusst und den damaligen Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch informiert haben. Laut der "Wirtschaftswoche" und "Spiegel Online" trafen der ehemalige israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, sowie der Chef und ein Mitarbeiter der israelischen IT-Sicherheitsfirma Diskin Advanced Technologies im Februar 2015 Piëch in der Konzernzentrale in Wolfsburg.

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Firmenchef Yuval Diskin war bis 2011 Chef des Shin Bets und hatte sich nach seiner Geheimdienstkarriere im Sicherheitsbusiness selbständig gemacht. Er wollte bei dem Treffen dem VW-Konzern seine Dienste beim Schutz von Fahrzeugen anbieten, die mit zunehmender Vernetzung immer anfälliger für Hackerangriffe werden. Diskins Freund und Ex-Diplomat Primor diente als "Türöffner", um den Kontakt mit VW auf höchster Ebene herzustellen.

Dass ein solches Treffen stattfand, ist unstrittig. Bereits seit vergangenem Jahr ist bekannt, dass die Geschäftsanbahnung erfolgreich war und Diskin mit VW das Joint Venture CyMotive Technologies gegründet hat.

Schlagzeilen macht der Vorgang nun aus anderen Gründen: Laut "Spiegel Online" und "Wirtschaftswoche" soll Primor Piëch am Rande des Treffens ein brisantes Schreiben gezeigt haben. Daraus ging angeblich nicht nur hervor, dass die US-Behörden dem Verdacht von Abgasmanipulationen bei VW-Diesel-Wagen nachgingen, sondern auch, dass sie angeblich Konzernchef Martin Winterkorn davon bereits persönlich in Kenntnis gesetzt hätten - ein gutes halbes Jahr bevor der Skandal öffentlich wurde.

Die Existenz dieses Schreibens, das auf Shin-Bet-Informationen beruhen könnte, bestätigt allerdings keiner der Beteiligten. Die "Wirtschaftswoche" vermutet unter Berufung auf das "Umfeld des Bundesnachrichtendienstes", dass die Israelis wiederum von befreundeten US-Geheimdiensten informiert worden sein könnten.

Piëch präsentiert keine Beweise

Der Hintergrund, vor dem diese Berichte nun erscheinen, sind die internen Auseinandersetzungen bei VW darüber, wer an der Konzernspitze wann was über die Abgasmanipulationen gewusst hat und damit Verantwortung für die enormen Kosten trägt, die durch den Skandal entstanden sind und noch entstehen können. Ex-Vorstandschef Winterkorn besteht nach wie vor auf der Darstellung, dass er bis zum September 2015, unmittelbar bevor auch die Öffentlichkeit informiert wurde, völlig ahnungslos war. Wusste er deutlich vorher davon, könnten er und Volkswagen für Milliardenverluste von VW-Aktionären im Zuge des auf die Enthüllungen folgenden Kurseinbruchs zur Verantwortung gezogen werden.

Offenbar versucht Piëch, der im April 2015 nach einem erbitterten Machtkampf mit Winterkorn aus dem Konzern ausschied, seinen Intimfeind zu belasten. Piëch soll Berichten zufolge sowohl bei der Staatsanwaltschaft als auch gegenüber internen Ermittlern bei VW ausgesagt haben, er selbst habe Winterkorn mit von Primor stammenden Erkenntnissen über den Abgasskandal konfrontiert. Glaubt man Piëchs Aussagen, war Winterkorn also im Februar 2015 entweder schon direkt von den US-Behörden informiert oder hatte nun zumindest einen handfesten Hinweis auf den sich anbahnenden Skandal.

Zusätzliche Brisanz gewinnen die Berichte über Piëchs Aussagen dadurch, dass er auch prominente Kollegen im Aufsichtsrat informiert haben will - darunter Bernd Osterloh, den Betriebsratsvorsitzenden von Volkswagen und Stephan Weil, den Ministerpräsidenten von Niedersachsen. Beide weisen diese Darstellung allerdings empört von sich. Volkswagen drohte Piëch sogar mit einer Verleumdungsklage.

Beweise für die abenteuerlich anmutende Israel-Connection hat Piëch offenbar weder bei der Staatsanwaltschaft noch bei den von VW beauftragten Ermittlern vorgelegt. Nachprüfen lässt sich lediglich, dass der ehemalige Shin-Bet-Chef im Februar 2015 einen erfolgreichen Geschäftstermin in Wolfsburg hatte.

Quelle: ntv.de, mbo

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