Wirtschaft

"Ein Gewinn für Europa" EU-Kommission einigt sich mit Südamerikanern auf Mercosur-Handelsdeal

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In Montevideo wurden die Verhandlungen abgeschlossen.

In Montevideo wurden die Verhandlungen abgeschlossen.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Nach Verhandlungen über mehr als ein Vierteljahrhundert steht das Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur. Der Deal ist nicht unumstritten. Während Deutschland auf ein Ergebnis dringt, kündigen Frankreich, Polen und auch Italien Widerstand an.

Die EU-Kommission hat ungeachtet anhaltender Bedenken von Ländern wie Frankreich, Italien und Polen die Verhandlungen über eine riesige Freihandelszone mit dem südamerikanischen Staatenbündnis Mercosur abgeschlossen. Das teilte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen nach einer finalen Gesprächsrunde mit Spitzenvertretern der Mercosur-Staaten Brasilien, Argentinien, Uruguay und Paraguay mit. Die Verhandlungen liefen über einen Zeitraum von mehr als einem Vierteljahrhundert.

"Dieses Abkommen ist ein Gewinn für Europa", sagte von der Leyen in Uruguays Hauptstadt Montevideo. Es werde für Menschen und Unternehmen funktionieren und mehr Arbeitsplätze, mehr Auswahl und Wohlstand schaffen. "Unternehmen profitieren von niedrigeren Zöllen und vereinfachten Verfahren", sagte sie weiter.

Zuletzt hatte vor allem die Bundesregierung Druck gemacht, die Verhandlungen endlich zu finalisieren und den Text für das Abkommen den EU-Staaten zur Abstimmung vorzulegen. Deutschland setzt dabei darauf, dass der handelspolitische Teil im Rat der Mitgliedstaaten per Mehrheitsentscheidung beschlossen werden könnte.

Ein Vetorecht hätten Mitgliedstaaten dann nur noch bei den geplanten Vereinbarungen zum politischen Dialog und zur Kooperation. Ein solches Splitten des Vertrages könnte aber Rechtsrisiken bergen.

Das Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten würde eine der weltweit größten Freihandelszonen mit mehr als 700 Millionen Einwohnern schaffen. Es sieht vor, vor allem Zölle abzubauen und damit den Handel anzukurbeln.

Botschaft an Trump

Unter anderem die deutsche Automobilindustrie sieht ein deutliches Potenzial, die Exporte in Richtung Südamerika zu steigern. Insbesondere wegen hoher Zölle waren aus Deutschland im vergangenen Jahr nur 20.700 Pkw nach Argentinien und Brasilien exportiert worden.

Handelspolitiker sehen das geplante Abkommen zudem als Botschaft an den künftigen US-Präsidenten Donald Trump und als wichtigen Schritt im Konkurrenzkampf mit China. Trump soll gezeigt werden, dass funktionierende Freihandelsabkommen langfristig besser für die heimische Wirtschaft sind als eine Abschottung von Märkten mit neuen Zöllen und anderen Handelsbarrieren. Mit Blick auf China gilt es als sicher, dass sich die Mercosur-Staaten im Fall eines Scheiterns des Abkommens wirtschaftlich noch stärker der Volksrepublik zuwenden würden.

Kritiker befürchten, dass europäische Landwirte künftig in einen gnadenlosen Preiskampf gezwungen werden und gleichzeitig die Regenwaldzerstörung in Südamerika befeuert wird. Die EU-Kommission und die Bundesregierung weisen die Vorwürfe hingegen als ungerechtfertigt zurück und betonen, dass die gesamtwirtschaftlichen Vorteile eindeutig überwiegen. So wird betont, dass weiter nur Produkte, die den umfangreichen europäischen Vorschriften entsprechen, in die EU eingeführt werden dürften. Gleichzeitig könnten Unternehmen in der EU schätzungsweise jährlich mehrere Milliarden Euro an Zöllen sparen.

Tricksen für Länder-Zustimmung?

Bereits im vergangenen Jahr wurden aus der EU Waren im Wert von rund 56 Milliarden Euro in diese vier Mercosur-Ländern exportiert, in umgekehrter Richtung betrug das Exportvolumen rund 54 Milliarden Euro.

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Nach dem Abschluss der Verhandlungen müssen die Texte für das Abkommen noch juristisch geprüft und in die Sprachen der Vertragsstaaten übersetzt werden. Dann muss die EU-Kommission eine Entscheidung darüber treffen, ob es als Ganzes oder in zwei Teile gesplittet den Mitgliedstaaten zur Abstimmung vorgelegt wird. Auf jeden Fall zustimmen müsste das Europäische Parlament. Eine Entscheidung wird frühestens in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres erwartet.

Dass das Abkommen umgesetzt werden kann, wenn es auch nationalen Parlamenten zur Zustimmung vorgelegt werden muss, gilt insbesondere wegen der Bauernproteste in Frankreich als unwahrscheinlich. Das Abkommen sei in seiner jetzigen Form inakzeptabel, ließ Frankreichs Präsident Emmanuel Macron noch am gestrigen Donnerstag verlauten. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ließ mitteilen, die Voraussetzungen für das Abkommen seien derzeit nicht gegeben. In Deutschland gibt es hingegen breite Unterstützung.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa

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