Lagarde erwägt mehr Zinsschritte EZB kann meiste Inflations-Faktoren "nicht kontrollieren"
22.07.2022, 21:45 Uhr
Die EZB sei sich bewusst, dass in Europa große Unsicherheit herrsche, nicht zuletzt wegen des Kriegs in der Ukraine und der Energiepreise, so Lagarde.
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Die Chefin der Europäischen Zentralbank gibt sich mit der kürzlichen Erhöhung des Leitzinses nicht zufrieden. Lagarde will weiter mit allen Mitteln gegen die Teuerung im Euro-Raum kämpfen. Allerdings haben Zentralbanken nur mäßigen Einfluss auf die aktuelle Entwicklung, räumt sie ein.
Die Europäische Zentralbank will laut ihrer Präsidentin Christine Lagarde bei der Bekämpfung der Inflation nicht nachlassen. "Wir werden die Leitzinsen so lange anheben, wie es erforderlich ist, um die Inflation auf unseren Zielwert zurückzuführen", erklärte Lagarde in einem Gastbeitrag für die Zeitungen der Funke Mediengruppe. Allerdings räumte Lagarde auch ein, dass die EZB die Teuerungsrate momentan nur bedingt beeinflussen kann. "Diese Inflation ist zu einem großen Teil auf Faktoren zurückzuführen, die Zentralbanken nicht kontrollieren können", schrieb sie.
Die Institute könnten jedoch dafür sorgen, dass die Inflation nicht dauerhaft auf hohem Niveau bleibe. "Dazu könnte es kommen, wenn Preissteigerungen in der Wirtschaft auf breiter Front eintreten und die Menschen höhere Inflation auch für die Zukunft befürchten", so Lagarde. Dies könne dann eine Art Lohn-Preis-Spirale in Gang setzen, die in der Vergangenheit dazu geführt habe, dass die Inflation außer Kontrolle geraten ist.
Die EZB sei sich bewusst, dass in Europa große Unsicherheit herrsche, nicht zuletzt wegen des Kriegs in der Ukraine und der Energiepreise. Lagarde gab sich in dem Beitrag kämpferisch: "Wir sind in der Entschlossenheit vereint, die Inflation mittelfristig wieder auf unseren Zielwert von zwei Prozent zurückzubringen," erklärte sie. Der EZB-Rat werde beobachten, wie sich die Wirtschaft entwickle und auf die zahlreichen externen und internen Herausforderungen reagiere, führte sie aus. Er werde dann die Lage überprüfen und nach Maßgabe der neu verfügbaren Daten über das richtige Tempo für die nächsten Schritte entscheiden. Die EZB hatte am Donnerstag die Zinswende eingeleitet und weitere Zinsanhebungen in Aussicht gestellt.
Letzte Zinsanhebung 2011
Die Währungshüter hoben die wichtigsten Zinsen um jeweils 0,50 Prozentpunkte an. Der Leitzins liegt damit nunmehr bei 0,50 Prozent. Die Negativ-Zinsen wurden abgeschafft: Banken müssen nun nicht mehr dafür zahlen, wenn sie bei der Notenbank überschüssiges Geld parken. Die Euro-Notenbank hatte zuvor letztmalig im Jahr 2011 die Zinsen angehoben. "Mit unseren Maßnahmen senden wir eine klare Botschaft an Unternehmen, Beschäftigte sowie Anlegerinnen und Anleger: Die Inflation wird mittelfristig wieder auf unseren Zielwert von zwei Prozent zurückkehren", schrieb die EZB-Chefin.
Die Maßnahmen wirkten sich bereits auf die Zinssätze im gesamten Euroraum aus. "Das wird dazu beitragen, die Wirtschaft auf einen Kurs zu bringen, der uns zurück zu stabilen Preisen führt", ergänzte sie. Zuletzt waren die Verbraucherpreise im Euro-Raum im Juni um 8,6 Prozent nach oben geschossen. Damit ist die Inflation inzwischen mehr als viermal so hoch wie das Ziel der Notenbank.
Quelle: ntv.de, lve/rts