Wirtschaft

"Ergebnisse sind auch echt geil" Ein Jahr der technologischen Superlative

Der Corona-Impfstoff ist eines der herausragenden Ergebnisse eines deutschen Biotech-Unternehmens 2020.

Der Corona-Impfstoff ist eines der herausragenden Ergebnisse eines deutschen Biotech-Unternehmens 2020.

(Foto: picture alliance/dpa)

In 58 Folgen wurde 2020 im ntv-Podcast "So techt Deutschland" nach dem Rezept für den Erfolg deutscher Technologie gesucht. Elon Musk, das Silicon Valley oder auch die Digitalisierung waren die großen Schlagworte. Deutschland sei kein Industriemuseum, brachte es E-Scooter-Pionier Florian Walberg auf den Punkt.

Was für ein Jahr 2020 - ein verrücktes Jahr, werden viele sagen. Für viele auch ein schlimmes, furchtbares und teures Jahr. In der Technologiebranche wird es aber sicher als das spannendste Jahr der vergangenen Zeit gelten. Dabei spielt Corona eine wichtige, manchmal aber auch gar keine Rolle. Da bleibt einerseits die Pleite des Zahlungsdienstleisters Wirecard und andererseits der Erfolg von Biontech. Gegensätzlicher könnten zwei Tech-Stories aus Deutschland kaum sein.

Im Juni 2020 beantragte Wirecard als erstes Unternehmen aus dem deutschen Vorzeige-Aktienindex Dax ein Insolvenzverfahren - ein unglaublicher Wirtschaftskrimi. Ein hochgelobtes Technologieunternehmen, das es bis in den Dax geschafft hatte und als Hoffnungsträger für Deutschland galt. Nun ist nur noch die Rede von Geheimdiensten und verschwundenen Milliardensummen.

Für viele Experten und Unternehmer eine Katastrophe für den Standort. So auch für Manuel Heyden, Chef und Gründer der Online-Tradingplattform Nextmarkets. Bei ihnen war Wirecard eine der meistgehandelten Aktien auf der Plattform - "long und short", sagt Heyden. Mit einem Skandal lässt sich an der Börse also immer etwas verdienen. Trotzdem ist es für Heyden eine Tragödie auf mehreren Ebenen: "Schlecht für den Standort Deutschland, schlecht für die Regulierungsbehörden und schlecht für die Wirtschaftsprüfer", sagt er rückblickend.

Auch Tech-Investor Christian Angermayer investierte in Wirecard und verlor Geld, erzählt er im Podcast. Er selbst kennt Wirecard aber auch von der Kundenseite und die seien zufrieden gewesen, nur "seien es weniger Kunden gewesen als man dachte". Das Thema Wirecard wäre sicher weiter sehr präsent, wäre da nicht eine besonders schöne Tech-Erfolgsgeschichte 'Made in Germany'.

BNT162b2 - ein Technologie-Märchen aus Deutschland

Das Produkt BNT162b2 wird Biontech im kommenden Jahr in ungeahnte Dimensionen befördern. Das Kürzel steht für den ersten zugelassenen Impfstoff gegen das Coronavirus. Biontech kannte in Deutschland vor der Corona-Krise kaum jemand. Das Unternehmen aber war zum richtigen Zeitpunkt in der richtigen Position. Insidern und Kennern der Biotech-Szene war Biontech natürlich ein Begriff.

2019 wurde die Aktie des Unternehmens an der Technologiebörse Nasdaq gelistet. Damals war das Unternehmen mit einem Marktwert von 3,1 Milliarden Dollar das wertvollste Biotech-Unternehmen Deutschlands. Durch den Impfstoffhype hat sich der Marktwert mehr als verfünffacht. Grundlagenforschung kann sich also lohnen, das zeigt der Biontech-Erfolg.

Deutschland sei "zu schön für Innovationen", sagt Tech-Kenner Mario Herger in "So techt Deutschland". Tech-Märchen wie Biontech zeigen, dass auch in Deutschland richtig gute und erfolgreiche Innovationen möglich sind. Investoren wie SAP-Mitgründer Dietmar Hopp glauben seit Jahren in Biotech-Unternehmen und sehen jahrelang keine Gewinne, bis zu dem einen Tag.

Hopp etwa hat in CureVac investiert, das zweite deutsche Biotech-Unternehmen, das einen Impfstoff entwickelt hat und zurzeit testet. Vermutlich wird CureVac im April seine Zulassung erhalten. Dann werden sich wohl auch die Investitionen von Hopp auszahlen.

Biontech hat durch Corona vermutlich einen Blockbuster hervorgebracht. Blockbuster sind Medikamente, die Milliardenumsätze generieren und das für Jahre. Ob das Virus durch die Impfungen verschwindet, ist fraglich. Von daher könnte der Impfstoff ein Dauerbrenner für das Unternehmen werden.

Schlagwort des Jahres: Digitalisierung

Ansonsten war das Tech-Jahr 2020 geprägt von Corona und der Frage, ob die Pandemie einen Schub bei der Digitalisierung bringt. Für viele Experten kann Corona jedoch nur ein Auslöser sein. Der Wuppertaler Unternehmer und Buchautor Jörg Heynkes brachte das Thema im Podcast auf eine Formel: "Die Digitalisierung muss die Menschheit retten". Die wohl größte Herausforderung sei die Klimakrise. "Die Corona-Pandemie ist im Vergleich dazu eine Lachnummer", meint Heynkes. Deutschlands digitale Zukunft lässt auch Frank Thelen keine Ruhe, auch wenn er sich aus der "Die Höhle der Löwen" zurückgezogen hat. Die Digitalisierung sei nur der Anfang gewesen, jetzt gehe es ins "Zeitalter des exponentiellen Fortschritts".

Und da spielt Deutschland laut Thelen keine Rolle. Das sei umso dramatischer, weil Technologien wie Künstliche Intelligenz, Blockchain oder Quantencomputer "die Welt und die Wirtschaft noch tiefgreifender verändern, als ich es am Anfang gedacht habe". Mit seinem 2020 veröffentlichten zweiten Buch "10x DNA" will er deshalb einen Weckruf starten. Letztlich müsse das Denken verändert werden. "Das braucht Zeit", gibt aber Thelen zu. Dabei brauche es auch in Deutschland Digital-Helden, die Visionen vorleben und den Mut haben, große Unternehmen zu bauen.

Mehr Mut wünscht sich auch E-Scooter-Pionier Florian Walberg. In China sei zwar "das Industriemuseum Deutschland" ein stehender Begriff, aber das greife zu kurz: "Wir sind manchmal echt langsam, aber die Ergebnisse sind manchmal auch echt geil."

2021 - Das Jahr der digitalen Währungen

Digitale Währungen werden 2021 so richtig Fahrt aufnehmen. Noch im Januar soll die von Facebook initiierte Währung Diem (Projektname Libra) starten. Mit Spannung warten viele auf den Start und die Reaktion der etablierten Notenbanken.

Überall wird fieberhaft an digitalen Varianten von Euro, Dollar & Co. gearbeitet. Die EZB wird nach Meinung von Experten erste Versionen eines digitalen Euro Mitte 2021 anbieten. Erstmal nur für spezialisierte Unternehmen - zum Ausprobieren sozusagen.

Die Zeit drängt, denn die Chinesen haben schon längst den digitalen Yuan eingeführt und testen ihn in der "freien Natur". Hier geht es nicht um digitales Bezahlen von Brötchen oder dem nächsten Kühlschrank. Hier geht es um die digitalen Geschäftsmodelle der Hersteller von Maschinen, Autos oder Konsumgütern.

Um Bezahlprozesse zu automatisieren, braucht es eine Währung, die sich auch "programmieren" lässt. Bis dahin ist es zwar noch ein weiter Weg. Eines scheint jedoch sicher: 2021 wird dafür ein entscheidendes Jahr werden.

Quelle: ntv.de

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