Schlechtes Rating erhöht Druck Frankreichs neuer Premier vor fast unlösbarer Aufgabe
15.09.2025, 03:01 Uhr Artikel anhören
Eingeklemmt zwischen den zerstrittenen politischen Blöcken: Premier Lecornu hat keine eigene Mehrheit im Parlament.
(Foto: picture alliance / abaca)
Die Regierung in Paris muss die Herbabstufung ihrer Kreditwürdigkeit verkraften. Die Investoren fordern von Frankreich harte Sparmaßnahmen. Für den neuen Premier verschärft das die Zwickmühle. Für seinen Sparhaushalt ist Lecornu auf die Linke angewiesen und die verlangt eine Reichensteuer.
Die Ratingagentur Fitch hat die Kreditwürdigkeit Frankreichs herabgestuft und damit den Druck auf den neuen Ministerpräsidenten Sebastien Lecornu zu Beginn der Haushaltsverhandlungen massiv erhöht. Fitch begründete die Senkung der Bonitätsnote von "AA-" auf "A+" mit der politischen Instabilität und der steigenden Verschuldung des Landes. Die Herabstufung nur wenige Tage nach Lecornus Ernennung gibt den Startschuss für die schwierige Erstellung des Haushaltsentwurfs für 2026, der bis zum 7. Oktober vorliegen muss.
Lecornu steht vor der nahezu unlösbaren Aufgabe, die von Investoren geforderten Einsparungen durchzusetzen und gleichzeitig die Zustimmung von drei ideologisch zerstrittenen Parlamentsblöcken zu gewinnen. Zudem drohen landesweite Streiks der Gewerkschaften am Donnerstag gegen die geplanten Kürzungen.
In ersten Interviews seit seinem Amtsantritt deutete Lecornu am Samstag Kompromissbereitschaft an. Er kassierte die unpopulären Pläne seines Vorgängers zur Streichung von zwei Feiertagen und zeigte sich offen für Gespräche über höhere Steuern für Vermögende. Damit kommt er einer Forderung der Sozialisten entgegen, die eine Vermögenssteuer zur Bedingung dafür machen, seine Regierung nicht zu stürzen.
Arbeitgeber wehren sich gegen Vermögenssteuer
Der Arbeitgeberverband MEDEF kündigte umgehend heftigen Widerstand gegen höhere Vermögenssteuern an. Eine Steuererhöhung könnte zudem die konservativen Republikaner verprellen. Deren Vorsitzender, der scheidende Innenminister Bruno Retailleau, sagte, die Forderungen der Sozialisten würden die Lage im Hochsteuerland Frankreich "nur noch schlimmer machen".
Angesichts steigender Kreditkosten müsse der Haushalt die öffentlichen Finanzen auf einen "gesunden Kurs" bringen, sagte Lecornu. "Das künftige Budget wird möglicherweise nicht vollständig meine Überzeugungen widerspiegeln. Das ist sogar so gut wie sicher", fügte er hinzu und warb für offene parlamentarische Gespräche. Konkrete Prioritäten nannte er kaum, außer dass er Kommunen mehr Kompetenzen geben und Bürokratie abbauen wolle. Unterdessen forderte die Rechtspopulistin Marine Le Pen von Präsident Emmanuel Macron erneut die Ausrufung von Neuwahlen. Lecornu ist bereits der fünfte Regierungschef unter Macron innerhalb von zwei Jahren.
Quelle: ntv.de, mau/rts